Gesetzgebung

Bayerischer Landkreistag: „Finanzielle Zusagen sind einzulösen“ – Forderungen an die Ministerpräsidentenkonferenz

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Auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz des Bundes am 31. Mai 2016 werden für die Bereiche Bundesteilhabe und Integration von Flüchtlingen wichtige Weichenstellungen von herausragender finanzieller Bedeutung für die Kommunen vorgenommen. Bereits am 12. Mai 2016 bereiten die Chefs des Bundeskanzleramtes und die Chefin und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder die dafür notwendigen Beschlussfassungen vor.

Eingliederungshilfe

Landkreistagspräsident Christian Bernreiter fordert die Bundesregierung auf, ihre im Koalitionsvertrag zugesagte Entlastung der Kommunen von den Kosten der Eingliederungshilfe in Höhe von 5 Mrd. Euro p.a. ab 2018 tatsächlich umzusetzen. An die Bayerische Staatsregierung appelliert er eindringlich, sich in den Verhandlungen weiterhin für die Kommunen einzusetzen. Die Verteilung muss sich dabei an den tatsächlichen Aufwendungen orientieren. Für die bayerischen Kommunen schlug im Jahre 2014 die Eingliederungshilfe für mehr als 1,1 Mio. Menschen mit einer schweren Behinderung mit rund 2,2 Mrd. Euro zu Buche, und aufgrund von Kostensteigerungen werden es jedes Jahr mehr. Es ist der größte Einzelposten im Bereich der sozialen Ausgaben.

Auch wenn die Zuständigkeitsregelungen für die Eingliederungshilfe in den Bundesländern stark variieren, zeigen Bereiche wie Asyl, dass eine bundesweite Lösung im Einvernehmen aller nicht unmöglich ist. Die Bundesregierung muss zu ihren Zusagen aus 2013 stehen.“

„Es ist daher inakzeptabel, die 5 Mrd. Euro Entlastung für die Kommunen in einem Entwurf zum Bundesteilhabegesetz auszusparen“, kommentiert Christian Bernreiter den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 26. April 2016.

Im Entwurf fehlen außerdem notwendige Steuerungsinstrumente, um einer neuen Ausgabendynamik der Eingliederungshilfe entgegenzuwirken. Wenn nicht die bayerischen Bezirke um jährlich rund 800 Mio. Euro ab 2018 entlastet werden, werden die Bezirksumlagesätze weiterhin steigen.

Integration

Die Bewältigung der Flüchtlingskrise und die erfolgreiche Integration von Bleibeberechtigten ist nach politischem Konsens eine gesamtstaatliche Aufgabe.

Als erstes unerlässliches Steuerungselement brauchen wir zeitnah das Inkrafttreten gesetzlicher Regelungen zur Wohnortzuweisung für Asylbewerber und Flüchtlinge – möglichst bis auf die Ebene der Gemeinden“, sagt Christian Bernreiter.

„Bei den Zuweisungskriterien, die der Bund den Ländern zur weiteren Ausgestaltung vorgeben will, ist unbedingt auch die Einwohnerzahl zu berücksichtigen, sonst wird es zu einem Missverhältnis zu Lasten des ländlichen Raums kommen“, merkt er weiter an.

Die bei jeder Kommune entstehenden flüchtlingsbedingten Mehrausgaben, insbesondere für Unterkunft und Heizung, müssen vom Bund vollständig erstattet werden. Die Bundeskanzlerin hatte bereits beim letzten Gespräch mit den Kommunalen Spitzenverbänden vom 5. April 2016 Offenheit in diese Richtung signalisiert.

Es kann nicht sein, dass die Kommunen auf zwei Drittel der Kosten sitzen bleiben. Ich vertraue darauf, dass sich die Bundeskanzlerin bei dieser Frage im Sinne einer gesamtstaatlichen Verantwortung durchsetzen wird. Auch hier müssen die tatsächlich entstehenden Kosten erstattet werden, d.h. wir brauchen eine Spitzabrechnung“, so der Landkreistagspräsident abschließend.

Bayerischer Landkreistag, Pressemitteilung v. 11.05.2016

Redaktionelle Anmerkung

Am 22.04.2016 hatten sich die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder zu einer Sonderkonferenz in Berlin getroffen, um über die Asyl- und Flüchtlingspolitik (Schwerpunkt Integration) zu beraten. Im Anschluss fand im Bundeskanzleramt eine Besprechung mit der Bundeskanzlerin statt. Hierbei fasste man mehrere Beschlüsse, u.a. nahm man die vom Koalitionsausschuss am 13.04.2016 vereinbarten „Eckpunkte Integrationsgesetz“ (PDF) zur Kenntnis. Zudem verständigten sich Bund und Länder auf ein „Gemeinsames Konzept für die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen“ (vgl. zu den Beschlüssen und zum Konzept: hier).

Das Gesetzgebungsverfahren zum Integrationsgesetz soll bis zur Sommerpause abgeschlossen werden.

Ein von den kommunalen Spitzenverbänden begrüßter Regelungsgegenstand ist dabei die Wohnsitzzuweisung für anerkannte Schutzberechtigte, die von Sozialleistungen abhängig sind und die noch nicht in den Arbeitsmarkt integriert sind

Die Wohnsitzzuweisung soll laut o.g. Integrationskonzept in einem zweistufigen Verfahren erfolgen: Nach Abschluss des Anerkennungsverfahrens entsteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Wohnsitznahme in dem Land der Erstzuweisung nach dem Königsteiner Schlüssel. In einer zweiten Stufe sollen die Länder die Möglichkeit zu einer administrativ unaufwändigen Zuweisung eines konkreten Wohnsitzes erhalten, wenn dies zur Sicherstellung der Versorgung mit angemessenem Wohnraum und damit auch zur besseren Integration erforderlich ist. Auch zu einem späteren Zeitpunkt sollen die Länder entweder einen bestimmten Wohnsitz zuweisen können oder den Zuzug in Gebiete untersagen können, in denen mit erhöhten Segregationsrisiken zu rechnen ist. Kriterien für diese Zuweisung sind die Erleichterung der Versorgung mit angemessenem Wohnraum, der Erwerb deutscher Sprachkenntnisse sowie die Lage am örtlichen Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Der Bezug öffentlicher Leistungen soll an die Einhaltung der Verpflichtung geknüpft werden.

Zu den Einzelheiten des Verfahrens, einer möglichen Befristung der Wohnsitzzuweisung, einer möglichen Länderöffnungsklausel, des Anwendungsbereichs, den Kriterien der Zuweisung und den Maßstäben ihrer Aufhebung sowie möglicher Sanktionen soll noch vor dem Kabinettsbeschluss eine Bund/Länder-Abstimmung erfolgen.

Derweil wird auch im Freistaat an einem Bayerischen Integrationsgesetz gearbeitet. Den entsprechenden Gesetzentwurf hatte das Kabinett nach umfangreicher und kontroverser Verbändeanhörung am 10.05.2016 beschlossen. Der Entwurf, der bereits eine Verordnungsermächtigung zugunsten der Staatsregierung für die vom Bundesgesetzgeber noch zu schaffende Verteilungsmöglichkeit von anerkannten Flüchtlingen vorsieht, wird nun dem Landtag zur parlamentarischen Beratung zugeleitet.

Ass. iur. Klaus Kohnen