Gesetzgebung

EU-Kommission: Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda – Kommission stellt Aktionsplan für Integration und Reform der „Blue-Card“-Regelung für hochqualifizierte Arbeitskräfte aus Drittländern vor

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Heute stellt die Europäische Kommission einen Aktionsplan vor, mit dem die Mitgliedstaaten bei der Integration von Drittstaatsangehörigen und ihres wirtschaftlichen und sozialen Beitrags in die EU unterstützt werden sollen.

Heute stellt die Europäische Kommission einen Aktionsplan vor, mit dem die Mitgliedstaaten bei der Integration von Drittstaatsangehörigen und der wirtschaftliche und soziale Beitrag von Migranten und Flüchtlingen in der EU unterstützt werden sollen. Gleichzeitig stellt sie einen Vorschlag zur Reform der Vorschriften über die Aufenthaltstitel für hoch qualifizierte Arbeitsmigranten vor, mit dem die Wirtschaft in ihren Bemühungen um die Anwerbung von Talenten aus aller Welt unterstützt werden soll. Mit diesen Initiativen kommt die Kommission einer Ankündigung von Kommissionspräsident Juncker nach, die die Migrationsproblematik in seinen politischen Leitlinien zu einer Priorität für die neue Kommission erklärt hatte.Hierzu Dimitris Avramopoulos, EU-Kommissar für Migration, Inneres und Bürgerschaft:

Wenn wir die Migration langfristig in den Griff bekommen wollen, müssen wir im Interesse aller jetzt mit diesen Investitionen beginnen. Die frühe und wirksame Integration von Drittstaatsangehörigen ist eine entscheidende Voraussetzung für einen positiven Beitrag der Migranten zu unserer Wirtschaft und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Außerdem wollen wir, dass es künftig leichter wird, auf Mängel im Arbeitskräfteangebot oder auf Qualifikationslücken zu reagieren. Die überarbeitete Blue-Card-Regelung wird es für hochqualifizierte Drittstaatsangehörige einfacher und attraktiver machen, in der EU zu arbeiten und zum Wachstum unserer Wirtschaft beizutragen.“

Ein EU-Aktionsplan für Integration

Der heute vorgestellte Aktionsplan enthält gemeinsame politische Rahmenvorgaben und einen Katalog von Maßnahmen, mit denen die Mitgliedstaaten bei der Weiterentwicklung und Ausweitung ihrer Integrationspolitik gegenüber Drittstaatsangehörigen unterstützt werden sollen. Die Mitgliedstaaten sind sowohl auf der nationalen als auch auf der regionalen und kommunalen Ebene die Hauptbetroffenen, wenn es um Integration geht. Zu ihrer Unterstützung bei dieser Aufgabe werden im Aktionsplan konkrete politische, operative und finanzielle Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen.

Für den künftigen Wohlstand und den Zusammenhalt der europäischen Gesellschaften ist es wichtig, dass Drittstaatsangehörige in ihren Aufnahmeländern einen Beitrag zu Wirtschaft und Gesellschaft leisten können. Eine von der Kommission heute veröffentlichte Studie bestätigt, dass gut und rasch integrierte Drittstaatsangehörige zu leistungsfähigeren Arbeitsmärkten, zur Bewältigung der demographischen Herausforderungen und zu größerer Nachhaltigkeit der öffentlichen Haushalte beitragen können. Die Kosten der Nicht-Integration drohen eindeutig höher auszufallen als die Kosten der Integrationspolitik.

Trotz aller Bemühungen der Mitgliedstaaten sehen sich Migranten und anerkannte Flüchtlinge aus Drittstaaten, die sich legal in der EU aufhalten, weiterhin einem erhöhten Armuts- und Ausgrenzungsrisiko gegenüber.

Die Integrationspolitik liegt weitgehend in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, aber viele von ihnen sehen sich derzeit ähnlichen Herausforderungen gegenüber, so dass die EU mit struktureller und finanzieller Unterstützung sinnvoll beitragen kann.

Im Aktionsplan werden Maßnahmen in folgenden Schlüsselbereichen anvisiert: Integrationsmaßnahmen vor der Ab- und Anreise insbesondere für Personen, die eindeutig Anspruch auf internationalen Schutz haben und neu angesiedelt werden sollen, allgemeine Bildung, Beschäftigung und berufliche Bildung, Zugang zu Grundversorgungsleistungen, sowie aktive Mitwirkung und soziale Inklusion. Auch für den Einsatz der für die Förderung einzelstaatlicher Integrationsmaßnahmen vorgesehenen EU-Fonds wird ein strategischeres und koordinierteres Vorgehen vorgeschlagen.

Auf der Grundlage der neuen europäischen Kompetenzagenda wird die Kommission auch die Integration in den Arbeitsmarkt mit unterschiedlichen Instrumenten zur Weiterqualifizierung von Migranten und zur Anerkennung ihrer bestehenden Qualifikationen unterstützen.

Maßnahmen zur Unterstützung der Integration von Drittstaatsangehörigen sollten nicht zu Lasten von Maßnahmen für andere gefährdete oder benachteiligte Gruppen oder Minderheiten gehen.

Zuwanderungsanreize für hoch qualifizierte Migranten: Neufassung der Richtlinie über die „Blaue Karte EU“

Die bisherige, aus dem Jahr 2009 stammende Regelung hat sich als unzureichend erwiesen und wurde weniger in Anspruch genommen als erwartet. Restriktive Zulassungsbedingungen und das gleichzeitige Weiterbestehen paralleler Vorschriften, Bedingungen und Verfahren auf nationaler Ebene sind ein Grund für die mangelnde Inanspruchnahme der „Blauen Karte“. Nur 31 % der hoch qualifizierten Zuwanderer in die OECD-Länder entschieden sich für die EU. Viele qualifizierte Arbeitnehmer wählen folglich andere Zielländer, die wirtschaftlich mit der EU konkurrieren.

Mit dem heutigen Vorschlag wird die bestehende Regelung umgestaltet, damit es für die EU leichter wird, hoch qualifizierte Drittstaatsangehörige zur Zuwanderung und zum Verbleib zu bewegen, da aufgrund der demografischen Entwicklung auch bei einer mit besseren Qualifikationen ausgestatteten EU-Erwerbsbevölkerung – wozu die Agenda für neue Kompetenzen betragen soll – weiterhin Bedarf an der Anwerbung zusätzlicher Talente besteht.

  • Mit dem neuen Vorschlag soll eine EU-weite Regelung geschaffen werden, die parallele einzelstaatliche Regelungen, soweit sie Arbeitsplätze mit hohem Anforderungsprofil betreffen, ersetzt, um für Bewerber wie Arbeitgeber größere Klarheit zu schaffen, der Regelung mehr Sichtbarkeit zu verleihen und sie wettbewerbsfähiger zu machen.
  • Ferner werden die Verfahren für einen Wechsel des Arbeitsplatzes innerhalb der EU vereinfacht, und auch kurzfristige Geschäftsreisen ins europäische Ausland für einen Zeitraum von bis zu 90 Tagen sollen für Drittstaatsangehörige, die eine „Blaue Karte EU“ beantragt haben, erleichtert werden.
  • Mittels einer flexiblen Spanne, innerhalb derer die Mitgliedstaaten die betreffende Schwelle an die Besonderheiten ihrer Arbeitsmärkte anpassen können, wird die Gehaltsgrenze für die anvisierten Beschäftigungskategorien abgesenkt. Außerdem werden die Zulassungsbedingungen besser auf junge Hochschulabsolventen und Fachkräfte aus Branchen, in denen Arbeitskräftemangel herrscht, zugeschnitten.
  • Gemäß der neuen Regelung sollten auch hoch qualifizierte Personen, die internationalen Schutz genießen, die „Blaue Karte“ beantragen können.
  • Mit dem Vorschlag werden zudem die Rechte der Inhaber von „Blauen Karten“ (rascherer Zugang zu einem langfristigen Aufenthaltstitel, unmittelbarer und flexiblerer Arbeitsmarktzugang) und ihrer Familienangehörigen (gleichzeitige Einreise) verbessert, so dass die EU für hoch qualifizierte Arbeitskräfte, auf die unsere Wirtschaft angewiesen ist, attraktiver werden dürfte.

Durch die Einstellung zusätzlicher hoch qualifizierter Arbeitskräfte im Rahmen der neuen Regelung soll auch ein jährlicher wirtschaftlicher Zugewinn zwischen 1,4 Mrd. EUR und 6,2 Mrd. EUR bewirkt werden. Die Mitgliedstaaten würden, wie im EU-Vertrag vorgesehen, weiterhin selbst entscheiden, wie vielen Drittstaatsangehörigen sie die Arbeitssuche in ihrem Hoheitsgebiet gestatten. Sie können auch einen Arbeitsmarkttest durchführen, falls der Arbeitsmarkt auf nationaler oder regionaler Ebene unter schwerwiegenden Störungen wie einer hohen Arbeitslosigkeit in bestimmten Berufsfeldern oder Branchen leidet.

Das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark beteiligen sich nicht an der Annahme dieser Richtlinie. Letztere ist für diese Länder somit weder bindend noch anwendbar.

Hintergrund

Aktionsplan zur Integration von Drittstaatlern: Auch wenn in erster Linie die Mitgliedstaaten für die Integration von Zuwanderern zuständig sind, hat die EU Maßnahmen ergriffen, um die Mitgliedstaaten bei der Förderung der Integration von Drittstaatsangehörigen zu unterstützen. Dazu zählen auch der gezielte Einsatz von Fördermitteln und anderen Instrumenten zur Förderung des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts über Mitgliedstaaten hinweg. Der heutige Aktionsplan ist Teil eines Maßnahmenkatalogs, den die Kommission in ihrer Migrationsagenda und in ihrer Mitteilung vom 6. April 2016 angekündigt hat.

Neufassung der Richtlinie über die „Blaue Karte EU“: Im April 2014 hatte Jean-Claude Juncker während des Europawahlkampfs einen Fünf-Punkte-Plan zur Migration vorgestellt. Darin rief er Europa auf, die Frage der legalen Zuwanderung mit größerer politischer Entschlossenheit anzugehen. In seinen politischen Leitlinien hatte Präsident Juncker angekündigt, eine neue europäische Politik der legalen Zuwanderung voranbringen, um den Fachkräftemangel in bestimmten Bereichen zu beheben und Talente anzuwerben, um die demographischen Herausforderungen in der Europäischen Union besser zu bewältigen. Dabei sollte auch die „Blue Card“-Richtlinie einer Überprüfung unterzogen werden.

In bestimmten Wirtschaftszweigen sieht sich die EU bereits jetzt einem erheblichen strukturellen Fachkräftemangel gegenüber, der sich schädlich auf Wachstum, Produktivität und Innovation in der EU auswirken könnte (z.B. im Gesundheitswesen, im IKT-Bereich und im Ingenieurwesen). Der strukturelle Wandel der europäischen Volkswirtschaften wird die Nachfrage nach höheren Qualifikationen, die auf dem Arbeitsmarkt nicht unmittelbar verfügbar sind, künftig weiter nach oben treiben und zu weiteren Qualifikationslücken führen, die durch die vorhandene Erwerbsbevölkerung in der EU nicht geschlossen werden können. Die Zahl der hoch qualifizierten Drittstaatsangehörigen, die derzeit in den 25 Mitgliedstaaten arbeiten, welche sich an der „Blauen Karte“ beteiligen, reicht trotz aller Bemühungen um eine Höherqualifizierung der EU-Bürger, wie sie in der Agenda für neue Kompetenzen vorgesehen ist, bei weitem nicht aus, um diesen Arbeitskräfte- und Qualifikationsmangel zu beheben. Das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark wenden die Richtlinie über die „Blaue Karte EU“ nicht an.

Weitere Informationen

EU-Kommission, Pressemitteilung v. 07.06.2016