Gesetzgebung

BayVGH: Zweitwohnungsteuer in Schliersee und Bad Wiessee verfassungsgemäß

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Mit zwei Urteilen vom 2. Mai 2016, zu denen die schriftlichen Urteilsgründe jetzt vorliegen, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) die Zweitwohnungsteuersatzungen der Gemeinden Schliersee und Bad Wiessee bestätigt und Klagen gegen Steuerbescheide, die auf diesen Satzungen beruhten, abgewiesen. Die stattgebenden Urteile des Verwaltungsgerichts München vom 29. Oktober 2015 hat der BayVGH aufgehoben.

Im Mittelpunkt der Verfahren stand die Frage, ob der von den Zweitwohnungsteuersatzungen gewählte gestaffelte Steuersatz mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vereinbar ist. Die Satzungen sehen eine nach der Höhe des (tatsächlichen oder geschätzten) Mietaufwands bemessene, in sieben Stufen ansteigende Steuer vor. Die Steuer beträgt bei einem jährlichen Mietaufwand bis 1.250 Euro 110 Euro und erreicht bei einem Mietaufwand über 40.000 Euro den Höchstbetrag von 3.333 Euro. Von Stufe zu Stufe verdoppeln sich jeweils die Obergrenze des Mietaufwands und die zu entrichtende Steuer. Hieraus ergibt sich ein Steuersatz von 18 % an der Untergrenze und von 9 % an der Obergrenze der jeweiligen Stufe.

Nach Auffassung des BayVGH läuft dieses Stufensystem wegen der damit verbundenen Progressions- und Degressionseffekte zwar dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz teilweise zuwider. Die Abweichung vom Gebot der steuerlichen Lastengleichheit lasse sich aber durch Erfordernisse der Verwaltungsvereinfachung verfassungsrechtlich rechtfertigen. Bei örtlichen Aufwandsteuern bestehe im Interesse eines effektiven und praktikablen Verwaltungsvollzugs ein erhöhter Pauschalierungs- und Typisierungsbedarf. Das gewählte Stufensystem führe zu einer erheblichen Verringerung des Verwaltungsaufwands und ermögliche es, die Steuer ungeachtet allgemein
zu erwartender Mietpreisänderungen für längere Zeiträume festzusetzen. Bei vom Eigentümer selbst genutzten Zweitwohnungen erübrige sich in der Regel die aufwendige exakte Ermittlung der fiktiven Jahresmiete. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 2014 (Az. 1 BvR 1656/09), die Zweitwohnungsteuersatzungen der Stadt Koblenz mit gestaffelten Steuersätzen für nichtig erklärt hat, stehe zu dem Urteil nicht in Widerspruch. Im dortigen Fall habe der abflachende Anstieg der Steuer eine Spreizung der Steuersätze zwischen ca. 10 % und ca. 30 % zur Folge gehabt. Zudem habe die oberste Tarifstufe bereits bei ca. 4.000 bzw. 7.600 Euro begonnen, was bei einem jährlichen Mietaufwand von 24.000 Euro zu einem Steuersatz von lediglich ca. 5 % bzw. ca. 6 % geführt habe.

Gegen die Entscheidungen kann beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig innerhalb eines Monats Revision eingelegt werden. Der BayVGH hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sachen zugelassen.

BayVGH, Pressemitteilung v. 24.06.2016 zu den U. v. 02.05.2016, 4 BV 15.2777 und 4 BV 15.2778

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