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EU-Kommission: Kommission empfiehlt Verlängerung der vorübergehenden Kontrollen an den Binnengrenzen für einen begrenzten Zeitraum von drei Monaten

Die Europäische Kommission hat heute einen Vorschlag für eine vom Rat zu verabschiedende Empfehlung vorgelegt, der zufolge an bestimmten Binnengrenzen des Schengen-Raums in Deutschland, Dänemark, Österreich, Schweden und Norwegen, an denen nach der Ratsempfehlung vom 12. Mai bereits Kontrollen erfolgen, während weiterer drei Monate verhältnismäßige Kontrollen durchgeführt werden sollen. Trotz einer allmählichen Stabilisierung der Lage ist die Kommission der Auffassung, dass die Bedingungen des Fahrplans „Zurück zu Schengen“, wonach die Rückkehr zu einem normal funktionierenden Schengen-Raum möglich ist, noch nicht vollständig erfüllt sind.

Der Erste Vizepräsident, Frans Timmermans, erklärte dazu:

Der Schengen-Raum ohne Binnengrenzen ist eine historische Errungenschaft, die es zu bewahren gilt. Wir arbeiten hart daran, so bald wie möglich zu einem normal funktionierenden Schengen-Raum zurückzukehren, und haben dabei bereits erhebliche Fortschritte erzielt. Wir sind jedoch noch nicht am Ziel. Im Einklang mit den Schengen-Vorschriften schlagen wir daher heute eine weitere befristete Verlängerung bestimmter Grenzkontrollen vor. Denn wir bewahren Schengen durch die Anwendung von Schengen.“

Dimitris Avramopoulos, Kommissar für Migration, Inneres und Bürgerschaft, äußerte sich wie folgt:

Wir haben eine klare Priorität, die wir entschlossen verfolgen: Schengen zu schützen und zu einem normal funktionierenden Schengen-Raum zurückzukehren, sobald die Bedingungen dies zulassen. In den vergangenen Monaten haben wir wichtige Schritte zur Beseitigung der Schwachstellen an unseren Außengrenzen unternommen. Ein Meilenstein in unserer Arbeit war die Tatsache, dass die Europäische Grenz- und Küstenwache unlängst ihre Tätigkeit aufgenommen hat, damit die migrations- und sicherheitspolitischen Herausforderungen besser bewältigt werden können. Aber leider sind wir noch nicht am Ziel. Daher empfehlen wir, die koordinierten und verhältnismäßigen Kontrollen an einigen Binnengrenzen des Schengen-Raums während eines streng begrenzten Zeitraums beizubehalten. In der Zwischenzeit arbeiten wir weiter daran, die aktuellen Migrations- und Sicherheitsprobleme besser in den Griff zu bekommen, damit wir alle Binnengrenzkontrollen so bald wie möglich aufheben können.“

Auch wenn die Zahl der ankommenden irregulären Migranten und Asylsuchenden – vor allem aufgrund der weiteren Umsetzung der Erklärung EU-Türkei – deutlich zurückgegangen ist, halten sich nach wie vor zahlreiche irreguläre Migranten in Griechenland sowie in den von der Sekundärmigration aus Griechenland am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten auf. Die Aufhebung der vorübergehenden Grenzkontrollen könnte deshalb zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu einem Anstieg der Sekundärmigration führen. Außerdem sind die nationalen Verwaltungen und Dienststellen in den fünf Schengen-Staaten, an die sich die Empfehlung richtet, aufgrund der Vielzahl der im vergangenen Jahr gestellten und der weiterhin eingehenden Asylanträge einer erheblichen Belastung ausgesetzt.

Trotz der stetigen und wichtigen Fortschritte in den im Fahrplan „Zurück zu Schengen“ genannten Bereichen wird es noch eine Weile dauern, bis die betreffenden Maßnahmen in vollem Umfang umgesetzt worden sind und zu den erwarteten Ergebnissen führen. Die Errichtung der am 6. Oktober ins Leben gerufenen Europäischen Grenz- und Küstenwache, die zu einem noch besseren Schutz der EU-Außengrenzen beitragen wird, wird bis Januar 2017 abgeschlossen sein. Infolge der weiteren Umsetzung der Erklärung EU-Türkei und eines nachhaltigen Rückgangs der Zahl der ankommenden Migranten werden die Mitgliedstaaten in der Lage sein, den Rückstand bei der Bearbeitung von Asylanträgen abzubauen und ihre Aufnahmekapazitäten zu konsolidieren. Und schließlich muss die vollständige Anwendung der derzeitigen Dublin-Vorschriften unter uneingeschränkter Beteiligung Griechenlands wiederhergestellt werden.

Die außergewöhnlichen Umstände, die Anlass für die Verabschiedung der Ratsempfehlung vom 12.05.2016 waren, sind demnach weiterhin gegeben. Daher ist es gerechtfertigt, den betroffenen Mitgliedstaaten zu erlauben, die derzeitigen Binnengrenzkontrollen während eines weiteren angemessenen Zeitraums fortzusetzen. Nach den in diesem Stadium verfügbaren sachbezogenen Indikatoren sollte die Verlängerung der Kontrollen drei Monate nicht überschreiten. Bevor sich die betroffenen Mitgliedstaaten für eine Beibehaltung der Kontrollen entscheiden, sollten sie prüfen, ob mit alternativen Maßnahmen die gleiche Wirkung wie mit Grenzkontrollen erzielt werden könnte, und die anderen Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die Kommission über das Ergebnis dieser Prüfung informieren. Diejenigen Mitgliedstaaten, die sich dafür entscheiden, die Binnengrenzkontrollen entsprechend der heutigen Empfehlung fortzusetzen, sollten die Notwendigkeit, Häufigkeit sowie räumliche und zeitliche Ausdehnung der Kontrollen wöchentlich überprüfen, ihre Intensität jeweils an das Bedrohungsniveau anpassen und sie – wenn dies angemessen erscheint – schrittweise aufheben. Die Mitgliedstaaten sind nunmehr zudem verpflichtet, detaillierte monatliche Berichte über die durchgeführten Kontrollen und deren Notwendigkeit vorzulegen.

Die von der Kommission empfohlene Verlängerung um weitere drei Monate betrifft die Kontrollen an denjenigen Binnengrenzen, die bereits Gegenstand der Empfehlung vom 12. Mai waren:

  • Österreich: Kontrollen an der österreichisch-ungarischen und österreichisch-slowenischen Landgrenze;
  • Deutschland: Kontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze;
  • Dänemark: Kontrollen in den dänischen Häfen mit Fährverbindungen nach Deutschland und an der dänisch-deutschen Landgrenze;
  • Schweden: Kontrollen in den schwedischen Häfen in der Polizeiregion Süd und West sowie auf der Öresund-Brücke;
  • Norwegen: Kontrollen in den norwegischen Häfen mit Fährverbindungen nach Dänemark, Deutschland und Schweden.

Hintergrund

Der Sachverhalt, dass das Grenzmanagement Griechenlands an den Außengrenzen zum damaligen Zeitpunkt schwerwiegende Mängel aufwies, und die Tatsache, dass sich gleichzeitig in Griechenland zahlreiche nicht registrierte Migranten aufhielten, die möglicherweise versuchten, irregulär in andere Mitgliedstaaten zu gelangen, sorgten für außergewöhnliche Umstände, die eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit darstellten und das Funktionieren des Schengen-Raums insgesamt gefährdeten. Diese außergewöhnlichen Umstände führten zur Anwendung des Schutzverfahrens nach Artikel 29 des Schengener Grenzkodexes und zur Verabschiedung der Empfehlung des Rates vom 12.05.2016, die verhältnismäßigen Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen des Schengen-Raums in Deutschland, Österreich, Schweden, Dänemark und Norwegen um sechs Monate zu verlängern.

Am 28.09.2016 legte die Kommission ihren Bericht über die Umsetzung der Ratsempfehlung vor. Sie kam zu dem Schluss, dass die von den betroffenen Schengen-Mitgliedstaaten vorgenommenen vorübergehenden Binnengrenzkontrollen nicht über die Bedingungen hinausgehen, die der Rat in seiner Empfehlung festgelegt hat. Die Kontrollen wurden auf das Maß beschränkt, das angesichts der ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit aufgrund des Risikos der Sekundärmigration irregulärer Migranten aus Griechenland unbedingt notwendig und angemessen ist. Außerdem gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass keine Veränderung der Umstände erkennbar ist, die es zum Zeitpunkt der Berichterstattung rechtfertigen würde, die Empfehlung zu ändern.

EU-Kommission, Pressemitteilung v. 25.10.2016