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VG Ansbach: 6. Tagung der Bayerischen Verwaltungsgerichtspräsidenten zum Thema Asyl – Mammutaufgabe für die Verwaltungsgerichte

Auf Einladung des Präsidenten am Verwaltungsgericht Ansbach, Olgierd Adolph, fand am 24.11.2016 in Ansbach die 6. Tagung der Bayerischen Verwaltungsgerichtspräsidenten zum Thema Asyl statt.

Der Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und die Präsidenten der Bayerischen Verwaltungsgerichte haben zusammen mit der zuständigen Abteilungspräsidentin Frau Gräfin Praschma und deren Stellvertreter Herrn Ltd. RD Henning des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die aktuelle Situation der Flüchtlinge und deren Verfahren vor dem Bundesamt und den Verwaltungsgerichten erörtert.

Frau Gräfin Praschma informierte die Verwaltungsgerichte über die personelle Situation beim Bundesamt, die dort anhängigen und in den nächsten Monaten zur Entscheidung kommenden Asylverfahren sowie über die Probleme bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber. Die Tatsache, dass beim Bundesamt aktuell mehr Verfahren entschieden werden als neue Verfahren eingehen, führt nach Einschätzung der Beteiligten dazu, dass bei den Verwaltungsgerichten die Eingänge drastisch steigen werden. Allein im Zuständigkeitsbereich der Bayerischen Verwaltungsgerichte seien derzeit knapp 26.000 Asylverfahren beim Bundesamt anhängig, bei denen die Antragsteller als Herkunftsland Syrien oder Afghanistan angaben. Es gehe in einer Vielzahl von Fällen um sog. „Aufstockerklagen“, also um Asylverfahren, bei denen die Kläger bereits Schutz vom Bundesamt oder in einem anderen europäischen Land erhalten haben, aber wegen des Familiennachzuges einen erhöhten Schutzstatus erreichen wollen. Das OVG Schleswig-Holstein hat erst am 23.11.2016 eine solche Klage als unbegründet abgelehnt [red. Hinweis: anders VG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2016 – 3 K 7501/16.A]. Eine Entscheidung des BayVGH in dieser Frage wird am 06.12.2016 erwartet.

Sorgen bereiten nach wie vor die sog. Dublin-Verfahren. Das sind Verwaltungsverfahren von Personen, die in einem anderen europäischen Staat einen Asylantrag gestellt haben, aber bereits während des laufenden Verfahrens oder nach dessen Abschluss nach Deutschland weiter gezogen sind und nun hier einen Asylantrag stellen. In diesen Fällen ist grundsätzlich der europäische Staat, in dem der erste Asylantrag gestellt wurde, zuständig und der jeweilige Antragsteller wird dorthin abgeschoben. Dagegen kann er mit Klage und Eilantrag zum Verwaltungsgericht vorgehen. In diesem Bereich gibt es weiterhin eine Vielzahl von offenen rechtlichen Fragen. Die Verwaltungsgerichte sind der Auffassung, dass das Bundesamt in diesem Bereich personell unterbesetzt sei. Im Zuständigkeitsbereich der sechs bayerischen Verwaltungsgerichte sind derzeit beim Bundesamt etwa 70.000 Verfahren anhängig.

Ein weiterer Schwerpunkt der Besprechung war die Vorlage elektronischer Akten durch das Bundesamt, die nach Einschätzung der Beteiligten sehr gut und effizient auf den Weg gebracht worden ist sowie die unmittelbar bevorstehende Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs [red. Hinweis: vgl. hier]. Das VG Ansbach und das Bundesamt werden in der nächsten Zeit testen, inwieweit die technischen Voraussetzungen dafür vorliegen, dass Vertreter des Bundesamtes mittels Videokonferenztechnik an mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht teilnehmen können.

Verständigt haben sich die Präsidenten und das Bundesamt auf eine weiterhin enge Zusammenarbeit in allen Bereichen. Das Bundesamt wird für jedes der bayerischen Verwaltungsgerichte einen persönlichen Ansprechpartner benennen, um die bislang bereits sehr gute Kommunikation beizubehalten.

In der darauf folgenden internen Besprechung stand erneut die Personalausstattung bei den erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten im Vordergrund. Angedacht ist eine gleichmäßige Erhöhung der Richterstellen an allen sechs Verwaltungsgerichten im nächsten Jahr, um die bevorstehende Mammutaufgabe der auch nur ansatzweise zeitnahen Bewältigung der bereits anhängigen und bevorstehenden Asylklagen auch nur einigermaßen zu bewältigen, ohne dass die Laufzeiten in den sog. klassischen Verwaltungsverfahren – wie etwa in baurechtlichen Genehmigungsverfahren oder im Gewerberecht – weiter und dauerhaft ansteigen.

Präsident Adolph und Präsident Emmert berichteten ihrer Kollegin aus München und den anderen Kollegen über das vorläufige Ergebnis der sogenannten PEBB§Y-Erhebung. Mit diesem Verfahren wurden im ersten Halbjahr 2016 am VG Ansbach und am VG Würzburg die Bearbeitungszeiten für die verschiedenen Verfahren im Verwaltungsrecht und im Asylverfahren ermittelt.

Die von Präsident Adolph ins Leben gerufene Asyltagung der Präsidenten der Bayerischen Verwaltungsgerichte findet zweimal im Jahr statt. Tagungsort ist regelmäßig Ansbach. Die nächste Tagung ist für den 06.04.2017 eingeplant.

VG Ansbach, Pressemitteilung v. 25.11.2016

Redaktioneller Hinweis: Vgl. auch „Die bayerische Verwaltungsgerichtsbarkeit in der aktuellen Zuwanderungssituation – Jahrespressegespräch 2016“ (25.08.2016).