Gesetzgebung

StMJ: Bundeskabinett berät Reform des Strafprozesses

Das Bundeskabinett berät heute den Entwurf eines Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens. Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback zu diesem Anlass: „Endlich liegt heute ein Gesetzentwurf auf dem Tisch, der kein Etikettenschwindel mehr ist, sondern jetzt weitgehend das hält, was sein Titel verspricht – nämlich Regelungen für ein effizienteres, schnelleres und praktikableres Strafverfahren. Das ist ein großer Erfolg bayerischer Rechtspolitik und zeigt einmal mehr: Gute bayerische Argumente und bayerische Beharrlichkeit zahlen sich aus!“

Insgesamt begrüßt der bayerische Justizminister die geplante Reform in ihrer jetzigen Form. Der Gesetzentwurf enthalte etliche Regelungen, die dazu beitragen können, das Strafverfahren effektiver und praxistauglicher auszugestalten. Hierzu zähle etwa die Einführung einer Erscheinenspflicht von Zeugen vor der Polizei, die Verwertbarkeit von sog. Beinahetreffern bei Gentests, die Ermöglichung von Verfahrenseinstellungen gegen Auflage auch im Revisionsverfahren sowie die Aufnahme der einfachen Nötigung in den Katalog der Privatklagedelikte.

„Das alles sind Ansatzpunkte, die die tägliche Arbeit unserer Gerichte und Staatsanwaltschaften tatsächlich erleichtern können. Gerade bei der Verwertung von Beinahetreffern wird damit gleichzeitig auch eine langjährige bayerische Forderungen umgesetzt“, so Bausback.

Ursprünglich war in dem Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums auch eine Reihe von Vorschläge enthalten, die – den Arbeitsauftrag aus dem Koalitionsvertrag ins Gegenteil verkehrend – sowohl bei den Strafverfolgungsbehörden als auch bei den Gerichten zu einem signifikanten finanziellen, personellen und zeitlichen Mehraufwand geführt hätten.

„So etwas können wir uns gerade in Zeiten einer angespannten Sicherheitslage nicht leisten“, so Bausback.

„Deshalb ist es gut, dass der Bundesjustizminister die geäußerten erheblichen Bedenken aus Bayern und anderen Ländern sowie aus der Justizpraxis endlich ernst genommen und diese Punkte wieder gestrichen bzw. erheblich abgeschwächt hat.“

So sollen nach dem aktuellen Entwurf im Ermittlungsverfahren nur noch Vernehmungen von Beschuldigten, denen ein vorsätzliches Tötungsdelikt zur Last gelegt wird, verpflichtend audiovisuell dokumentiert werden. Ursprünglich war eine Aufzeichnung der Vernehmungen aller Zeugen und Beschuldigten bei jedem schweren Tatvorwurf und sogar bei einer schwierigen Sachlage vorgesehen. Auch eine Eröffnungserklärung des Verteidigers zu Beginn der Hauptverhandlung soll es nicht immer, sondern nur bei besonders umfangreichen Prozessen mit einer Verhandlungsdauer von voraussichtlich mehr als zehn Tagen geben. Gänzlich fallen gelassen hat das Bundesjustizministerium seine kontraproduktiven Vorschläge, den Beschuldigten mit einem eigenen Antragsrecht auf Bestellung eines Pflichtverteidigers im Ermittlungsverfahren auszustatten, ihn vor Auswahl eines Sachverständigen anhören zu müssen sowie sog. Anbahnungsgespräche mit potentiellen Verteidigern in der Haft nicht mehr zu überwachen.

Hintergrund: Sog. Beinahetreffer bei Gentests, die zur Aufklärung bestimmter schwerer Verbrechen zulässig sind, weisen zwar eine große Ähnlichkeit mit der DNA-Spur am Tatort auf, aber keine vollständige Übereinstimmung. Dies legt nahe, dass der Täter ein Verwandter des Getesteten ist. Dennoch dürfen die Strafverfolgungsbehörden solche Spuren nach einem Urteil des BGH vom Dezember 2012 nicht weiter verfolgen. Der BGH hält eine Verwertung von Beinahetreffern aber nicht generell für unzulässig. Er hat nur entschieden, dass diese auf Grundlage des geltenden Rechts nicht zulässig ist. Der Gesetzentwurf sieht entsprechend eine Änderung der Strafprozessordnung vor, damit sog. Beinahetreffer künftig verwertet werden können.

StMJ, Pressemitteilung v. 14.12.2016