Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Landtagsanhörung zum Landesentwicklungsprogramm (LEP) – Das LEP wird vielen Herausforderungen nicht gerecht

Am 27.04.2017 äußerten sich Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, der Wirtschaftsverbände, der Naturschutzverbände und der Wissenschaft in einer Anhörung zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms im Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie im Bayerischen Landtag.

Unter den Experten bestand Einigkeit, dass das Landesentwicklungsprogramm in seiner aktuellen Ausgestaltung auch nach der beabsichtigten Teilfortschreibung den gesellschaftlichen Herausforderungen, dem demografischen Wandel, dem wirtschaftlichen und sozialen Wandel, der Energiewende sowie der Staatszielbestimmung der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen und Arbeitsverhältnisse nicht gerecht werden kann. Die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms erstreckt sich auf das Zentrale-Orte- System, auf den Raum mit besonderem Handlungsbedarf, auf das Anbindegebot, auf Abstandsregelungen zu Stromtrassen sowie auf eine Änderung der Zonierung des Alpenplans.

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Der Vertreter des Bayerischen Städtetags, Erster Bürgermeister der Stadt Altdorf bei Nürnberg Erich Odörfer, betonte, dass die vielfältigen Herausforderungen oft nicht mehr alleine von der einzelnen Stadt oder Gemeinde bewältigt werden könnten. Es bedarf einer Steuerung durch ein modernes Landesentwicklungsprogramm und der Verknüpfung mit einer entsprechenden Mittelausstattung.

Etwa ist das Zentrale-Orte-System in den 1960er-Jahren zu einem zentralen Bestandteil von Raumordnungskonzepten geworden, um der Landflucht entgegenzuwirken und eine flächendeckende Versorgung jedes Landesteils mit wichtigen Einrichtungen der Daseinsvorsorge sicherzustellen. Das bestehende Zentrale-Orte-System genügt diesen Anforderungen nicht mehr. Die Staatsregierung muss deshalb sicherstellen, den Orten, die eine zentrale Funktion für sich und für ihr Umland wahrnehmen, eine passgenaue und auskömmliche Unterstützung zukommen zu lassen. Die ständige Ausweitung des Teilraums mit besonderem Handlungsbedarf stößt auf Kritik. Den Städten und Gemeinden, die auf eine staatliche Unterstützung für den Ausbau und Erhalt der Infrastruktur angewiesen sind, ist durch eine Bescheinigung des Handlungsbedarfs auf dem Papier nicht geholfen. Diese Ausweisung macht allein keine Strukturpolitik. Sie muss mit Leben erfüllt werden, indem die staatliche Unterstützung für Verkehrsinfrastruktur, soziale Infrastruktur oder Breitbandausbau intensiviert wird. Eine pauschale Ausweitung des Teilraums mit besonderem Handlungsbedarf bedeutet für die einzelne Stadt oder Gemeinde einen Rückgang der Unterstützung, wenn Mittel nicht spürbar erhöht werden. Darüber hinaus stellte der Städtetag klar, dass auch in Wachstumsregionen ein Handlungsbedarf besteht, Wohnungen zu errichten, Verkehrsinfrastruktur zu schaffen, Schulen und Kindergärten zu errichten. Auch für diese Herausforderungen muss das Landesentwicklungsprogramm Antworten bereithalten.

Die Erweiterung der Ausnahmen vom Anbindegebot wird gerade in den Ballungsräumen zu einer Zunahme der Nachfrage an unangebundenen Flächen entlang der Autobahnen führen.

Diese Ausnahme ist deshalb keine Unterstützung für den ländlichen Raum, sondern schafft zusätzliche Nachfrage in Räumen, die ohnehin bereits eine starke Konkurrenz um Flächen verzeichnen.

Die Beratung des Verordnungsentwurfs über das Landesentwicklungsprogramm Bayern soll im Spätherbst 2017 abgeschlossen sein. Die Verordnung soll zum 01.01.2018 in Kraft treten.

Bayerischer Städtetag, Informationsbrief Nr. 5 v. 17.05.2017, S. 9 

Redaktionelle Hinweise

  • Wesentliche Inhalte der Änderungsverordnung zum LEP: hier.
  • Verfahrensverlauf, ggfls. Beiträge und amtliche bzw. kommunale Stellungnahmen zur LEP-Überarbeitung insgesamt (seit Inkrafttreten der letzten LEP-Änderung am 01.09.2013) auf einen Blick: hier.
  • Vorgangsmappe des Landtags: hier.

Die Überarbeitung des LEP in Stichworten: Teilfortschreibungen bei den Festlegungen zu den Zentralen Orten, zu den Teilräumen mit besonderem Handlungsbedarf, zum Vorrangprinzip (Teilräume mit besonderem Handlungsbedarf sind vorrangig zu entwickeln), zur Vermeidung von Zersiedelung bzw. zum Anbindegebot sowie zum Um- und Ausbau der Energieinfrastruktur; neben den Grund-, Mittel- und Oberzentren werden erstmals auch Metropolen ausgewiesen (München, Nürnberg/Fürth/Erlangen/Schwabach und Augsburg); landesplanerische Ermöglichung des Vorhabens am Riedberger Horn (Zusammenschluss der Skigebiete Balderschwang [Gemeinde Balderschwang] und Grasgehren [Gemeinde Obermaiselstein] über eine Bergbahn und eine Skiabfahrt); Verlängerung der Übergangsregelung zu den Lärmschutzbereichen der Flughäfen München und Salzburg.

Sonstiges: Gesetzgebungsübersicht für den Freistaat Bayern: hier.