Gesetzgebung

Bayerischer Bezirketag: „Der Kampf für Verbesserungen geht weiter“ – Mederer zum neuen Bundesteilhabegesetz (BTHG)

Vor 71 Delegierten und rund 100 geladenen Gästen hat in Würzburg die Vollversammlung des Bayerischen Bezirketags begonnen. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto „Inklusion geht alle an!“. Im Mittelpunkt des zweitägigen Treffens stehen neben dem Tätigkeitsbericht des Präsidenten des Bayerischen Bezirketags, Oberbayerns Bezirkstagspräsidenten Josef Mederer, am heutigen ersten Tag vor allem die Festrede des Bayerischen Staatsministers des Innern, für Bau und Verkehr, Joachim Herrmann, MdL, der unter dem Leitgedanken „Starke Bezirke – starkes Bayern“ die Bedeutung der dritten kommunalen Ebene in all ihrer Aufgabenvielfalt für ein funktionierendes Gemeinwesen im Freistaat Bayern hervorhob. Am morgigen zweiten Tag des Verbandstreffens ist dann das eigentliche Tagungsthema „Inklusion“ der Schwerpunkt.

In seinem Tätigkeitsbericht skizzierte Bezirketagspräsident Josef Mederer in einer Rückschau auf die zurückliegenden Monate noch einmal die wesentlichen Schwerpunkte der Arbeit der dritten kommunalen Ebene. Dabei nannte er schlaglichtartig die Herausforderungen um das Bundesteilhabegesetz (BTHG), den Ausbau des psychiatrischen Krisennetzwerkes, die Eckpunkte zum Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) wie die Finanzausstattung der Bezirke unter der besonderen Berücksichtigung der nach wie vor aktuellen Flüchtlingsproblematik, hier vor allem im Bereich der Betreuung der unbegleiteten jungen Flüchtlinge. So betonte Mederer, dass die Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes im Berichtszeitraum, aus dem erste Neuerungen bereits zum 30.12.2016 in Kraft getreten sind, auch ein Erfolg der bayerischen Bezirke gewesen sei. Lange habe man auf das neue Gesetz gewartet und darum mit aller Entschlossenheit auch gekämpft.

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Vor allem mit einem 15-Eckpunkte-Papier, das die Bezirke bereits auf ihrer Vollversammlung im Jahre 2015 verabschiedet hatten, habe man wichtige Akzente setzen können. Ziel des neuen BTHG war es, ein modernes Teilhaberecht zu entwickeln und die Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe herauszuführen. Dies, so Mederer, sei im Großen und Ganzen auch gelungen. Wobei einige Bereiche hier ganz besonders hervorzuheben seien. So nannte Mederer bspw. die Anhebung der Vermögensfreigrenze der vom neuen Bundesteilhabegesetz betroffenen Personen auf € 25.000. Dies gelte auch für die Hilfe zur Pflege. Ab dem Jahre 2020 steige diese sogar noch auf € 50.000 an. Eine weitere wesentliche Verbesserung für die Betroffenen sei es, dass das Vermögen und das Einkommen von Lebenspartnern hier künftig keine Rolle mehr spiele. Auch der Aspekt Arbeit sei in diesem Zusammenhang eine wichtige Basis, das moderne Teilhaberecht fortzuschreiben. Um Menschen mit Behinderung Beschäftigungsmöglichkeiten außerhalb der Werkstätten anbieten zu können, wurde das Budget für Arbeit eingeführt. Dies ermögliche, so Mederer, Lohnkostenzuschüsse bei einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis von bis zu 75%. So sei dieses Budget ein in der Tat großer Fortschritt, für den sich die bayerischen Bezirke und der Bayerische Bezirketag stets mit Nachdruck eingesetzt hätten.

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Noch seien einige Punkte im neuen Bundesteilhabegesetz nicht berücksichtigt. So dürfe es nicht sein,  dass Menschen mit Behinderung, die in Behindertenheimen wohnten, von den Regelleistungen der Pflegeversicherung ausgeschlossen seien und dadurch schlechter gestellt werden, nur weil sie stationär untergebracht sind. Dies, so Mederer, werde man so nicht akzeptieren. Bei diesem Punkt, das machte der Bezirketagspräsident deutlich, rege sich großer Widerstand u.a. auch beim Deutschen Landkreistag und bei den Höheren Kommunalverbänden. So sei er zuversichtlich, hier noch eine zufriedenstellende Lösung für die davon betroffenen Menschen zu bekommen. Schließlich sprach er auch noch den finanziellen Ausgleich für die Mehrausgaben der Eingliederungshilfeträger an, wo es auch noch keine Lösung gebe. Man habe mehrfach betont, dass mit erheblichen Kostensteigerungen zu rechnen sei. Es könne nicht sein, so Mederer, dass die Kommunen auf diesen Kosten sitzen blieben. Denn Inklusion sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. So müsse sich auch der Bund an den Mehrausgaben für die Eingliederungshilfe beteiligen. Dafür werde er weiterhin kämpfen. Denn die vom Bund jährlich in Aussicht gestellten € 5 Mrd. zur Entlastung der Kommunen von den Kosten der Eingliederungshilfe kämen nicht bei den Bezirken an. Denn davon gingen € 4 Mrd. an die anderen kommunalen Ebenen. Wie die fünfte Mrd. verteilt werde, sei derzeit noch offen. Zumindest dieser Teil der Bundesmittel müsse direkt bei der dritten kommunalen Ebene ankommen.

Im Hinblick auf das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz sagte Mederer, dass dieses wohl erst im Januar 2019 in Kraft treten werde. Deshalb werde der Bezirketag nicht müde, auf einer Kostenregelung zur Finanzierung eines bayernweit flächendeckenden psychiatrischen Krisennetzwerks zu beharren. Der Freistaat habe zugesichert, sich finanziell zu beteiligen. Der Bezirketag stelle sich eine hälftige Verteilung der anfallenden Kosten vor, mindestens aber soll der Freistaat € 4 Mio. für die Leitstellen dieses Krisennetzwerks bereitstellen.

„Der Freistaat muss hier in Bewegung kommen. Denn die Bezirke können diese Kosten auf keinen Fall alleine stemmen“, so Mederer.

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Im Blick auf die nach wie vor aktuelle Diskussion über die Kostentragung der Unterbringung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger und junger volljähriger Flüchtlinge durch die Bezirke stellte Bezirketagspräsident Mederer in Würzburg fest, dass man hier durchaus einen Verhandlungserfolg erreicht habe. Denn auch in diesen Bereich habe man lange dafür geworben, dass der Freistaat die Bezirke bei den sog. UMA-Kosten unterstütze. So habe sich der Freistaat bereit erklärt, zumindest mit Pauschalen einen Teil der Kosten für junge Volljährige in der Jugendhilfe zu erstatten. € 112 Mio. stünden den Bezirken für den Zeitraum 2016 bis 2018 dafür zur Verfügung. Allerdings gebe es im Detail auch hier noch Probleme und somit einen weiteren Abstimmungsbedarf mit dem Freistaat. Wichtig sei es deshalb, mit der Staatsregierung und insbesondere auch mit dem Ministerpräsidenten im Gespräch zu bleiben. Dies würden die Bezirke in jedem Fall tun. Denn am Ende würden die € 112 Mio. nicht reichen, um die Kosten vollständig zu decken. Zudem sei die Finanzierung nach 2018 noch ungewiss.

„Ohne eine dauerhafte und angemessene Beteiligung an den Kosten für junge Volljährige durch den Freistaat Bayern wird es nicht gehen“, betonte Mederer unter dem Beifall der Delegierten in Würzburg am Ende seines Tätigkeitsberichts.

Bayerischer Bezirketag, Pressemitteilung v. 06.07.2017