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Bayerischer Städtetag: Verkehrsplanung und Stadtplanung greifen ineinander – Maly: Kompakte Stadt und Stadt der kurzen Wege verbessern Mobilität

„Bayern wächst. Der öffentliche Raum wird intensiver genutzt von dichteren Pendlerströmen, wachsendem Wirtschaftsverkehr, verstärkten Warenströmen, mehr Freizeitund Tourismusverkehr. Das Wachstum vor allem in Ballungszentren zieht ein Wachstum der Verkehrsströme in den Städten und in benachbarten Regionen nach sich“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly. Menschen nehmen immer längere Wege zum Pendeln an ihre Arbeitsplätze in Kauf. Waren werden transportiert, Güter fahren just-in-time zu Produktionsstätten. Damit wächst der Güterverkehr auf Sattelschleppern, wegen des boomenden Online-Handels wächst der Lieferverkehr mit Kurierdiensten, immer mehr Kleintransporter parken in der zweiten Reihe.

Die demografische Entwicklung in Bayern ist geteilt: Die Hälfte der Städte und Landkreise wächst, ein Viertel bleibt konstant, ein Viertel schrumpft.

Maly: „Landesentwicklung muss auf die Vernetzung der Regionen untereinander achten: Wegeketten von Pendlern und Gütern halten sich nicht an Verwaltungsgrenzen von Städten, Gemeinden, Landkreisen, Regierungsbezirken oder Landesgrenzen.“

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Die Planung und Konzeption von Verkehrswegen muss stärker vernetzt sein – hier ist Regional- und Landesplanung elementar. Es geht um die Verbindungen in einem Ballungsraum, um Verkehrsachsen zwischen Städten und Regionen auch über Grenzen hinweg, etwa zwischen Aschaffenburg und Hessen, Neu-Ulm und Baden-Württemberg, Freilassing und Salzburg, Marktredwitz und Eger.

Maly: „Unsere Städte sind in ihrem historischen Ursprung für Fußgänger und Pferdefuhrwerke gebaut worden. Die Idee der autogerechten Stadt, die seit den 1950er Jahren mit dem Fortschrittsoptimismus des Wirtschaftswunders und der Automobilisierung verfolgt wurde, entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen. Das Auto benötigt viel Fläche – als Fahrzeug auf der Straße und parkend am Straßenrand.“

Der öffentliche Raum in Städten ist begrenzt. Das Konzept der autogerechten Stadt hat ausgedient – es wird abgelöst vom Leitbild der kompakten Stadt und der Stadt der kurzen Wege: Dies bedeutet eine größere Dichte in der Stadt und eine Mischung von Wohnen, Arbeit, Freizeit und Einkaufen. Damit soll Autoverkehr vermieden werden, während Fußgänger, Radler und öffentliche Verkehrsmittel mehr Raum bekommen.

Die Ansprüche an die Flächengröße für Wohnungen steigen stetig: Je Einwohner wächst die durchschnittliche Wohnfläche, die Eigenheimsiedlungen wachsen an den Ortsrändern. Gewerbegebiete gehen an Ortsrändern in die Fläche. Dieses Wachstum zieht mehr Einkaufs- und Pendelverkehr nach sich. Jeder Meter Straßenbau, jeder Kreisverkehr, jeder Parkplatz bedeutet einen Verbrauch an Flächen.

Maly: „Das Wachstum, das Bayern derzeit erlebt, bedeutet Verdichtung in den urbanen Zentren, Versiegelung von Landschaft am Ortsrand und in ländlichen Räumen. Es wird enger im Inneren und weitflächiger an den Randbereichen.“

Städtische Verkehrsplanung endet nicht an Stadtgrenzen. Verkehrsplanung und Siedlungsplanung greifen ineinander, sie müssen raumverträglich sein und die Wechselbeziehungen in einem Raum und über eine Region hinaus im Blick haben. Zentren in ländlichen Räumen wie Ansbach, Bamberg, Bayreuth, Kempten, Landshut, Marktredwitz, Memmingen, Passau, Rosenheim und Würzburg sind geprägt von Pendlerströmen.

Maly: „Die kompakte Stadt mit gemischten Nutzungen und die Stadt der kurzen Wege sind Bestandteile für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung. Damit lassen sich Autoverkehr und Lieferverkehr verringern, Flächenfraß bremsen, Klimaschutz vorantreiben und Kosten für Infrastruktur effizient gestalten. Siedlungsstruktur und Mobilität – diese beiden Bereiche bedingen einander und stehen in Wechselwirkung. Die kompakte Stadt erleichtert die Mobilität.“

Dies lässt sich mit Planung und der Abwägung von Interessen erreichen. Hierbei müssen alle Ressorts in einer Stadt und über regionale Grenzen hinweg zusammenwirken. Kommunale und regionale Verkehrsentwicklungsplanungen können zum modernen Steuerungsinstrument werden. Dies setzt in der Stadtverwaltung an: Verkehrsplanung und Stadtplanung müssen verzahnt sein. Die technisch-bauliche Ebene muss darauf achten, dass es bei der Gestaltung von öffentlichen Räumen nicht allein darum geht, Verkehrsflächen für Autos zu bauen oder auf Barrierefreiheit zu achten. Eine stadtverträgliche und raumverträgliche Mobilität muss vielschichtigen Interessen von Menschen und Wirtschaft gerecht werden – dies benötigt eine strategische Steuerung durch die Kommune.

Maly: „Öffentliche Räume haben eine soziale, kulturelle und kommunikative Funktion für das Zusammenleben in Städten. Wir müssen nachdenken, wie wir den öffentlichen Raum auf die unterschiedlichen Nutzerinteressen effizient aufteilen und für die Menschen lebenswert gestalten.“

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 12.07.2017

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