Gesetzgebung

Staatsregierung: Antrag auf Zustimmung zum Studienakkreditierungsstaatsvertrag

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Die Staatsregierung hat einen Antrag auf Zustimmung zum „Staatsvertrag über die Organisation eines gemeinsamen Akkreditierungssystems zur Qualitätssicherung in Studium und Lehre an deutschen Hochschulen (Studienakkreditierungsstaatsvertag)“ eingebracht (LT-Drs. 17/17859 v. 18.07.2017). Der Staatsvertrag ist eine Reaktion auf den Beschluss des BVerfG v. 17.02.2016 (1 BvL 8/10). Das Gericht hatte entschieden, dass das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zwar Vorgaben zur Qualitätssicherung von Studienangeboten grundsätzlich nicht entgegenstehe; wesentliche Entscheidungen zur Akkreditierung dürfe der Gesetzgeber jedoch nicht weitgehend anderen Akteuren überlassen, sondern müsse sie unter Beachtung der Eigenrationalität der Wissenschaft selbst treffen. Im Ausgangsverfahren hatte die beklagte Akkreditierungsagentur eine Akkreditierung zweier von einer privaten Fachhochschule angebotener Studiengänge versagt (sog. Programmakkreditierung). Das Normenkontrollverfahren betraf nordrhein-westfälisches Landesrecht.

Damit wurde eine Neuregelung der Studienakkreditierung notwendig. Die Studienakkreditierung als externe Qualitätssicherung für Studium und Lehre ist zentrales Element des Ende der 1990er-Jahre eingeleiteten Bologna-Prozesses und soll eine hohe Studienqualität sowie die Berufsrelevanz der Abschlüsse im europäischen Hochschulraum garantieren.

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hatte sich 1998 für eine länderübergreifende Akkreditierung von Studiengängen ausgesprochen. Kurz darauf beschloss die Kultusministerkonferenz (KMK), solche Verfahren zunächst probeweise für neu einzurichtende Bachelor- und Masterstudiengänge einzuführen und hierfür einen Akkreditierungsrat zu bilden. Ein umfassendes Akkreditierungssystem wurde durch Beschluss der KMK über die „Künftige Entwicklung der länder- und hochschulübergreifenden Qualitätssicherung in Deutschland“ eingeführt. Zwei Jahre später wurde mit den Eckpunkten für die Weiterentwicklung der Akkreditierung in Deutschland (Beschluss der KMK vom 15.10.2004) vereinbart, den Akkreditierungsrat in eine rechtsfähige öffentlich-rechtliche Stiftung nach dem Recht des Landes Nordrhein-Westfalen zu überführen. Die Länder sind in der Vereinbarung zur „Stiftung: Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland“ durch Beschluss der KMK vom 16.12.2004 und der dazugehörigen Erklärung durch Beschluss vom 15.12.2005 übereingekommen, die Wahrnehmung ihrer Aufgaben aus § 9 Abs. 2 HRG auf diese Stiftung zu übertragen. Das Land Nordrhein-Westfalen errichtete mit Gesetz vom 15.02.2005 die „Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland“ (GV. NRW. 2005, S. 45; Akkreditierungsstiftungsgesetz – AkkStiftG), als deren zentrales Organ der Akkreditierungsrat fungierte. Dieser beschloss über alle Angelegenheiten der Stiftung und erließ ohne nähere gesetzliche Konkretisierung die wesentlichen Regeln für die Akkreditierung von Studiengängen. Zur Durchführung der Akkreditierungen akkreditierte er wiederum selbst die Akkreditierungsagenturen. Die Akkreditierungen erfolgten gem. § 72 Abs. 2 Satz 6 HG NRW a.F., insoweit wortgleich mit dem damals nur für staatliche Hochschulen geltenden § 7 Abs.1 HG NRW a.F., „nach den geltenden Regelungen“ und „durch Agenturen, die ihrerseits akkreditiert worden sind“. § 72 Abs. 2 Satz 6 und § 1 Abs. 1 HG NRW hielten der verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand.

Hinsichtlich der Neuregelung druch vorliegenden Staatsvertrag ist der Begründung zu entnehmen (S. 8):

„Vor diesem Hintergrund [red. Hinweis: Entscheidung des BVerfG] hat sich die Kultusministerkonferenz für ein ländergemeinsames Vorgehen mit dem Ziel einer länderübergreifenden Gesamtlösung ausgesprochen. Im Vordergrund steht dabei die Umsetzung der durch das Gericht gesetzten Vorgaben, insbesondere die Schaffung einer ausreichenden Rechtsgrundlage für ein Qualitätssicherungssystem. Mit Beschluss vom 17.06.2016 hat sich die Kultusministerkonferenz zur Akkreditierung als einer Form der externen Qualitätssicherung bekannt. Sie hat Handlungsbedarf auf Seiten der Länder bestätigt und die Umsetzung der notwendigen rechtlichen Regelungen entsprechend den höchstrichterlichen Vorgaben als dringlich erachtet. Sie sieht zudem die Notwendigkeit der weiteren Optimierung des Akkreditierungssystems und hat sich deshalb darauf verständigt, neben den Vorschlägen zur rechtlichen Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch Vorschläge zur Flexibilisierung des Systems der externen Qualitätssicherung und für größere Freiräume der Hochschulen sowie für eine Verschlankung der Verfahren und eine Aufwands- und damit Kostenreduzierung zu prüfen.

Mit dem vorliegenden Staatsvertrag wird die Rechtsgrundlage für ein Akkreditierungssystem geschaffen, dem folgende Leitgedanken zugrunde liegen:

  • primäre Verantwortung der Hochschulen für Qualitätssicherung und -entwicklung in Lehre und Studium
  • Akkreditierung als externes, wissenschaftsgeleitetes Qualitätssicherungssystem für Studium und Lehre zur Gewährleistung fachlich inhaltlicher Standards und der Berufsrelevanz der Hochschulabschlüsse
  • Wahrnehmung der staatlichen Verantwortung für die Gleichwertigkeit einander entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen sowie Studienabschlüsse und die Möglichkeit des Hochschulwechsels nach § 9 Abs. 2 HRG im Rahmen des Akkreditierungssystems
  • Programm- und Systemakkreditierung als Akkreditierungsinstrumente sowie die Option zur Fortentwicklung der Qualitätssicherung durch Akkreditierung (Experimentierklausel)
  • Kompatibilität mit den auf europäischer Ebene vereinbarten Standards und Leitlinien für die Qualitätssicherung im europäischen Hochschulraum (ESG).“

Weitere Informationen

  • Verfahrensverlauf, ggfls. Beiträge und amtliche bzw. kommunale Stellungnahmen auf einen Blick: hier.
  • Gesetzestext (Studienakkreditierungsstaatsvertrag): hier (Vorgangsmappe des Landtags)
  • Gesetzgebungsübersicht für den Freistaat Bayern: hier.

Ass. iur. Klaus Kohnen; Titelfoto/-abbildung: (c) puje – Fotolia.com