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Bayerischer Städtetag: Freistaat muss Bundesmittel an Kommunen weiterleiten – Gribl: „Kommunen schultern die Herausforderungen der Integration“

„Integration geschieht in den Städten und Gemeinden. Wenn Integration funktionieren soll, sind neben Bund und Ländern vor allem die Kommunen gefordert: Sie erfüllen täglich ihre Integrationsaufgaben in Krippen, Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen, Musikschulen, Volkshochschulen, Kultureinrichtungen, bürgerschaftlichem Engagement und Sportstätten. Sie können diesen Aufgaben nur gerecht werden, wenn Bund und Länder den Kommunen aufgabenbezogen Kosten ersetzen“, sagt der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl:

„Ohne die Kommunen könnten Bund und Freistaat die Herausforderungen der Integration nicht meistern. Die Kommunen schultern ihren Anteil überwiegend alleine. Bayerns Kommunen haben sich darauf verlassen, dass der Freistaat sie bei den Kosten nicht im Stich lässt. Der Freistaat muss endlich zeigen, wie er die Verantwortungsgemeinschaft von Bund, Ländern und Kommunen finanziell abbildet.“

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Integration berührt viele kommunale Bereiche, bei denen Personalkosten und Investitionskosten auflaufen: sozialer Wohnungsbau, Arbeitsmarkt, Jugendhilfe, Sozialhilfe, Kinderbetreuung, Bildung und Schule. Der Freistaat hat zwar, anders als andere Bundesländer, einen Großteil der Kosten erstattet, die mit der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen während des Asyl- und Anerkennungsverfahrens anfallen.

Gribl: „Neben dem Lob auf die Leistungen Bayerns bleibt unverändert unsere Kritik an der kalten Kommunalisierung von Integrationskosten. Denn trotz der Leistungen des Freistaats bei Aufnahme und Erstunterbringung bleiben hohe Belastungen für Integration in den kommunalen Haushalten stehen – nicht zuletzt etwa der erhöhte Investitionsaufwand und Betriebskosten bei Kitas und Schulen. Der Freistaat muss die Kommunen angemessen an den Mitteln beteiligen, die der Bund an die Länder für Integrationsmaßnahmen gibt.“

Der Ministerpräsident hatte auf dem Höhepunkt der Zuwanderungszahlen im Herbst 2015, als der Freistaat auf die Unterstützung der Kommunen bei der Unterbringung von Flüchtlingen angewiesen war, eine Unterstützung der Kommunen bei den Kosten zugesagt. In einem „open-book-Verfahren“ haben Städtetag und Landkreistag regelmäßig die Kosten der kommunalen Ebene offen gelegt, um sich dann mit dem Freistaat über einen angemessenen aufgabenbezogenen Ausgleich zu verständigen. Auch bei den kreisangehörigen Städten und Gemeinden schlagen sich direkt und über die Umlagezahlungen an die Landkreise die finanziellen Mehrbelastungen in den Haushalten nieder. Die Frage der nicht gedeckten Aufwendungen der Kommunen für Aufnahme und Integration von Flüchtlingen bleibt offen. Der Bayerische Städtetag hat bei den kreisfreien Städten die flüchtlingsbedingten Ausgaben abgefragt. Insgesamt entstanden allein den kreisfreien Städten für 2015 und 2016 ungedeckte Kosten von € 216,7 Mio. Gegenüber dem Jahr 2015 (88,6 Mio.) sind bei den kreisfreien Städten die nicht durch Einnahmen gedeckten Ausgaben im Jahr 2016 um rd. 45% (128,1 Mio.) gestiegen.

Gribl: „Allein diese Zahlen zeigen, dass die finanziellen Belastungen der kreisfreien Städte wie befürchtet deutlich und kontinuierlich steigen. Hier schlagen vor allem die Aufwendungen für Personal und bei der Asylsozialberatung zu Buche.“

Die Summe der ungedeckten Kosten für die 25 kreisfreien Städte und 71 Landkreise beläuft sich für die Jahre 2015 und 2016 auf € 542,4 Mio.

Gribl: „Wir erwarten, dass die Kostendarstellungen der Kommunen endlich ernst genommen werden.“

Gribl fasst die Forderungen an den Ministerpräsidenten zusammen:

„Die Städte erwarten, dass die im Rahmen der Erstunterbringung angefallenen ungedeckten Kosten zeitnah vom Freistaat übernommen werden. Aufgrund ihrer vielfältigen flüchtlingsbedingten Integrationsleistungen benötigen außerdem die Kommunen einen angemessenen Anteil von den auf Bayern entfallenden Bundesintegrationsmitteln von insgesamt rund 930 Millionen Euro. Darüber hinaus muss sich der Freistaat Bayern auf Bundesebene für eine angemessene Anschlussregelung für die Übernahme der flüchtlingsbedingten Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) für anerkannte Asyl- und Schutzberechtigte durch den Bund einsetzen.“

Bayern ist laut Gribl „das einzige Bundesland, das die Kosten der Jugendhilfe für Flüchtlinge teilweise kommunalisiert“. Bei der Betreuung von unbegleiteten jungen Volljährigen erwarten die Kommunen mit Blick auf die Kostenübernahmeregelung in den anderen Bundesländern eine 100-prozentige Kostenerstattung der Sach- und Zweckausgaben. Die Verständigung über eine Entlastung der Bezirke von € 112 Mio. für 2017 und 2018 ist eine erste Linderung. Die Kostenerstattung von € 40 (2017) und € 30 (2018) pro Tag und Fall ist allerdings viel zu gering bemessen, da die Durchschnittskosten der bayerischen Jugendämter bei rd. € 110 pro Tag und Fall liegen.

Bayerischer Städtetag, Pressemitteilung v. 01.08.2017