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Rezension: Schröder, Genehmigungsverwaltungsrecht (Mohr Siebeck 2016)

von Prof. Dr. Ulrich Stelkens, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer

Bei dem anzuzeigenden Werk handelt es sich um die von Hans-Jürgen Papier betreute, auf den Stand „Anfang 2015“ gebrachte Münchener Habilitationsschrift des heutigen Inhabers des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europarecht und Informationstechnologierecht an der Universität Passau.

Die Schrift zeichnet in ihrem als „Bestandsaufnahme und -analyse“ überschriebenen Hauptteil – dem nahezu 2/3 der Schrift umfassenden Ersten Kapitel (S. 23–425) – ein Bild davon, was es im geltenden Bundes- und Landesrecht und auch im Unionsrecht alles an Genehmigungsvorbehalten und Genehmigungsverfahren gibt. Schröder arbeitet insoweit einzelne für exemplarisch angesehene Rechtsgebiete (Baurecht, Immissionsschutzrecht, Handwerksrecht, Glücksspielrecht, Außenwirtschaftsrecht, Chemikalienrecht, Verkehrs- und Transportrecht, Wasserrecht, Telekommunikationsrecht, Recht der Staatsaufsicht über Kommunen, Rundfunkanstalten und Sozialversicherungsträger und Recht des Beihilfeaufsichtsverfahrens nach Art. 107 ff. AEUV) mehr oder weniger systematisch ab. Insoweit handelt es sich letztlich um eine am Begriff der Genehmigung orientierte Darstellung einzelner Zweige des Besonderen Verwaltungsrechts. Dabei werden die dort jeweils gefundenen Lösungen in jeweils abschließenden, als „Erkenntnisse aus dem Baurecht“, „Erkenntnisse aus dem Immissionsschutzrecht“ etc. überschriebenen Abschnitten zueinander in Beziehung gesetzt und miteinander verglichen. Insoweit steht allerdings nicht jedes der behandelten Rechtsgebiete für einen besonderen Typ der Genehmigung. Vielmehr sind in manchen Rechtsgebieten verschiedene Genehmigungstypen bunt zusammengewürfelt. So behandelt Schröder im Abschnitt über „Verkehrs- und Transportrecht“ u.a. Fahrzeugzulassungen, Führerscheine, Genehmigungen nach PBefG und GüKG und selbst straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnisse (S. 268 ff.). Im Abschnitt „Baurecht“ werden erst alle im BauGB vorgesehenen Genehmigungen (§ 14 Abs. 2, § 31, § 22, § 144, § 172 BauGB usw.) und dann erst die Baugenehmigung nach Bauordnungsrecht behandelt. Dabei wird zwar auf die Besonderheiten der Baugenehmigungsverfahren der einzelnen Länder eingegangen, jedoch werden alle Landesrechte gemeinsam behandelt, so dass die insoweit bestehenden Unterschiede nicht immer deutlich werden.

Indem dieser Hauptteil damit letztlich ganze Rechtsgebiete nach Genehmigungsvorbehalten durchforstet, macht er plastisch, was Schröder unter „Genehmigungsverwaltungsrecht“ versteht. Wie er in der 20-seitigen Einführung erläutert, „beschreibt es alle die Bereiche des öffentlichen Rechts, in denen Genehmigungsvorbehalte und in ihrer Folge Genehmigungen – unter welcher Bezeichnung auch immer – Verwendung finden.“ Es handele sich dabei nicht um ein „Rechtsgebiet“, sondern um „instrumentelles Querschnittsrecht“ (S. 5). Den Begriff „Genehmigung“ fasst Schröder dabei eher weit. Er versteht hierunter nicht nur die im Einzelfall erteilte behördliche Gestattung eines sonst allgemein verbotenen Verhaltens, wozu zu Recht auch „Befreiungen“ und „Dispense“ gezählt werden. Er bezieht vielmehr – entsprechend der Gesetzessprache (vgl. § 184 BGB) – auch solche behördliche Entscheidungen ein, deren Einholung Wirksamkeits- oder zumindest Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für Rechtsakte anderer Behörden oder privatrechtliche Rechtsgeschäfte ist (S. 5 ff.).

Weshalb Schröder einen so weiten Begriff des „Genehmigungsverwaltungsrechts“ wählt, bleibt leider etwas im Dunkeln, wie auch generell das Ziel der Untersuchung etwas offen bleibt. Es geht Schröder jedenfalls nicht darum, mittels Systematisierung zu ermöglichen, Lösungen, die in einem Rechtsgebiet zu bestimmten Fragen des Genehmigungs(verfahrens)rechts gefunden wurden, durch Abstrahierung für andere Rechtsgebiete fruchtbar zu machen. Dies zeigt sich zunächst darin, dass Schröder im Ersten Kapitel der Analyse der einzelnen Genehmigungstypen, die sich im Besonderen Verwaltungsrecht finden, einen Abschnitt „Allgemein-verwaltungsrechtliche Querschnittsaspekte“ (S. 23 bis 93) voranstellt. In diesem Abschnitt entwickelt er letztlich allgemeine Grundsätze des Genehmigungsverwaltungsrechts entlang der Einzelbestimmungen des VwVfG, was sich teilweise wie eine Kurzkommentierung z.B. zu § 36 oder § 42a VwVfG liest, die aber auf die Erkenntnisse der späteren Ausführungen zum Besonderen Verwaltungsrecht kaum zurückgreifen kann. Dies zeigt sich ferner darin, dass Schröder den letztlich auf Rainer Wahl zurückgehenden (Wahl, NVwZ 2002, 1192 ff.) Gedanken nicht aufgreift, das Genehmigungsverwaltungsrecht als konkretere Zwischenebene zwischen den abstrakteren §§ 9 ff. und §§ 35 ff. VwVfG und den noch konkreteren Regelungen des Besonderen Verwaltungsrechts zu verstehen. Dies hätte bedeutet, insbesondere das von Martin Burgi und Wolfgang Durner im Auftrag des Landes NRW erstellte Gutachten zur „Modernisierung des Verwaltungsverfahrensrechts“ (Burgi/Durner, Modernisierung des Verwaltungsverfahrensrechts durch Stärkung des VwVfG – Transparenz, Bürgerfreundlichkeit und Perspektiven der Bürgerbeteiligung insbesondere in Verfahren der Eröffnungskontrolle, 2012) umfassend zu verarbeiten, dessen Regelungsvorschläge auch den Regelungen der verschiedenen UGB-Entwürfe zur integrativen Vorhabengenehmigung gegenüberzustellen und einer kritischen wissenschaftlichen Analyse zu unterziehen. Dies liefert die Arbeit nicht (s. jedoch die knappen Ausführungen auf S. 568 ff.).

Schröders Anliegen ist dagegen weniger konkret. Er geht davon aus, „eine umfassende Analyse des Genehmigungsverwaltungsrechts“ sei erforderlich, „um seine volle Bedeutung zu erfassen“. Eine (Neu)Kategorisierung und Systematisierung der Vielfalt von Genehmigungstypen sei zur Systembildung – als Aufgabe der Verwaltungsrechtswissenschaft – erforderlich, auch im Hinblick auf aktuelle Entwicklungen („Neue Verwaltungsrechtswissenschaft“) und europarechtliche Einflüsse. Sie könne insoweit einen Beitrag zur Gesetzgebungslehre leisten (S. 9 ff.). Eigentliches Forschungsziel Schröders scheint damit v.a. eben die Beschreibung der unterschiedlichen Genehmigungserfordernisse, Genehmigungsverfahren und Genehmigungsmodelle zu sein. Zu diesem Zweck liefert das schon mehrfach erwähnte Erste Kapitel eine umfassende „Materialsammlung“, mit der jedoch dann relativ wenig angefangen wird. Schröder beschränkt sich darauf, in einem Zweiten Kapitel (S. 425–497) den verfassungsrechtlichen Rahmen und in einem Dritten Kapitel (S. 499–532) den europarechtlichem Rahmen des Genehmigungsverwaltungsrechts darzustellen. In einem Vierten Kapitel (S. 533–576) wird dann eine „Bilanz“ gezogen, in der sehr verschiedene Aspekte behandelt werden. Das Zweite und Dritte Kapitel leiden dabei v.a. daran, dass die verfassungs- und europarechtlichen Überlegungen nicht nach Genehmigungstypen gegliedert sind, sondern allgemein die verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben für Genehmigungen aller Art behandelt werden. Dies führt zu sehr allgemeinen Ausführungen, die kaum auf die im Ersten Kapitel beschriebenen einzelnen Genehmigungstypen Bezug nehmen. Bei den Ausführungen zum Unionsrecht fällt zudem auf, dass keine nicht-deutschsprachige Literatur ausgewertet, sondern vornehmlich auf die deutschen Kommentare zum EUV und zum AEUV zurückgegriffen wird. Dies lässt keine sehr tiefgreifende Analyse vermuten. Die „Bilanz“ des Vierten Kapitels behandelt schließlich verschiedene – nur teilweise zusammenhängende – Querschnittsfragen: Es geht um die „Rationalisierung des Genehmigungsverwaltungsrechts“, die „Typologie der Genehmigungsvorbehalte“, die „Reform des Genehmigungsverwaltungsrechts“ (wo insbesondere die Frage der rechtspolitischen Alternativen zu Genehmigungsvorbehalten behandelt werden), die „Europäisierung des Genehmigungsverwaltungsrechts“ und schließlich die „Kodifikationsfrage“. Insgesamt wäre diese „Bilanz“ geeignet gewesen, zu den eigentlichen Forschungsfragen der Schrift umformuliert und so in die Einführung aufgenommen zu werden. Insbesondere die vorgeschlagenen „neuen“ Kategorisierungen hätten dabei dazu dienen können, die Bestandsaufnahme des Ersten Kapitels übersichtlicher zu machen und den Untersuchungsgegenstand des Zweiten und Dritten Kapitels  zu präzisieren und zu organisieren.

Zusammenfassend ist daher zu sagen, dass sich Schröder eines aktuellen Themas auf der Schnittstelle zwischen Allgemeinem und Besonderen Verwaltungsrecht angenommen hat und eine sehr hilfreiche Beschreibung zahlreicher Streitfragen zu Genehmigungsvoraussetzungen, Genehmigungsverfahren und Genehmigungswirkungen in zahlreichen Rechtsgebieten liefert. Eine klarere Herausarbeitung der Forschungsfrage, die zu präziseren Fragestellungen und damit auch zu einem klareren Aufbau der Arbeit geführt hätte, hätte den Wert der Arbeit jedoch noch deutlich steigern können.

Meinhard Schröder, Genehmigungsverwaltungsrecht, Mohr Siebeck 2016, XVIII, 624 Seiten, Jus Publicum 251, Leinen, € 124,-; ISBN 978-3-16-153689-2

Net-Dokument BayRVR201709081; Titelfoto: (c) bogdanvija – Fotolia.com

Anmerkung der Redaktion

Prof. Dr. Ulrich Stelkens ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbesondere deutsches und europäisches Verwaltungsrecht an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, ab dem 01.10.2017 Prorektor dieser Universität sowie Senior Fellow und Leiter des Programmbereichs „Der Europäische Verwaltungsraum“ des Deutschen Forschungsinstituts für Öffentliche Verwaltung Speyer.

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