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VG Augsburg: Klagen der Gemeinde Ruderatshofen gegen Windkraftanlagen erfolgreich – Verstoß gegen „10 H-Regelung“

Mit Urteilen vom heutigen Tag hat das VG Augsburg auf Klagen der Gemeinde Ruderatshofen (Landkreis Ostallgäu) hin die Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen auf deren Gemeindegebiet aufgehoben.

Nach Auffassung des Gerichts halten die Anlagen den in Bayern seit November 2014 geltenden Abstand vom 10-fachen ihrer Höhe zur nächst gelegenen Wohnbebauung („10 H-Regelung“) nicht ein. Den Anlagen könne daher entgegengehalten werden, dass sie die natürliche Eigenart der Landschaft und deren Erholungswert beeinträchtigten. Die Übergangsregelung der Bayerischen Bauordnung, wonach die „10 H-Regelung“ nicht für bis zum 04.02.2014 beantragte Windenergieanlagen gelte, sei aus Sicht des Gerichts hier nicht einschlägig. Zwar sei der Genehmigungsantrag ursprünglich vor diesem Stichtag eingereicht worden. Jedoch habe die Antragstellerin im Laufe des Jahres 2016 den beantragten Anlagentyp geändert, weshalb zum o.g. Stichtag noch kein vollständiger Genehmigungsantrag vorgelegen habe. Die Antragsänderung habe bspw. dazu geführt, dass sich das Landratsamt nochmals mit Lärm und Schattenwurf des geänderten Anlagentyps habe befassen müssen.

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Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob bei einer solchen Änderung des Anlagentyps die Übergangsregelung für „10 H“ nicht mehr gelte, hat das VG gegen seine Urteile die Berufung zum BayVGH zugelassen. Die Berufung kann nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt werden.

Gegen die Genehmigung der Windkraftanlagen hatten ferner der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. sowie gegen einzelne Nebenbestimmungen und Auflagen die Firma Modwind Energiesysteme AG Klage erhoben. Diese Verfahren hat das VG ausgesetzt, bis die Entscheidungen über die Klagen der Gemeinde rechtskräftig sind.

VG Augsburg, Pressemitteilung v. 11.10.2017 zu den Urt. v. 11.10.2017 – Au 4 K 17.178 u.a.

Redaktionelle Anmerkungen und Hinweise

Die sog. 10H-Regelung wurde eingeführt durch das „Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Gesetzes über die behördliche Organisation des Bauwesens, des Wohnungswesens und der Wasserwirtschaft“ vom 17.11.2014, verkündet am 20.11.2014, in Kraft getreten am 21.11.2014. Die Regelung macht von der Länderöffnungsklausel in § 249 Abs. 3 BauGB Gebrauch und brachte insbesondere einen novellierten Art. 82 BayBO. Der BayVerfGH hat die Verfasungskonformität der 10H-Regelung im Wesentlichen bestätigt.

Art. 83 Abs. 1 BayBO enthält eine Übergangsregelung und bestimmt, dass die 10H-Regelung nicht anzuwenden ist, falls bei der zuständigen Behörde vor Ablauf des 04.02.2014 ein vollständiger Genehmigungsantrag einging. (genaueres dazu: siehe hier).

Zu Meldungen im Kontext des 10H-Gesetzgebungsverfahrens vgl. hier.

(koh)