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LG München I: Bayerische Mietpreisbremsenverordnung ist unwirksam

Das LG München I hat in einem am heutigen Tage verkündeten Berufungsurteil entschieden, dass die Mietpreisbremsenverordnung der Bayerischen Staatsregierung wegen Verstoßes gegen die bundesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage unwirksam ist. Die 14. Zivilkammer bestätigte damit ein im Juni 2017 ergangenes erstinstanzliches Urteil des AG München, das die Klage zweier Münchner Mieter gegen ihre Vermieterin auf Auskunftserteilung zur Vorbereitung einer Rückforderungsklage wegen überhöhter Miete abgewiesen hatte.

Wie das LG in den Gründen seines Berufungsurteils betont, seien die bundesgesetzlichen Regelungen im BGB zur Einführung der Mietpreisbremse mit dem Grundgesetz vereinbar und würden insbesondere nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG verstoßen. Auch könne aus Sicht der Kammer keinerlei Zweifel daran bestehen, dass in München ein angespannter Wohnungsmietmarkt vorliege, der grundsätzlich die Einführung einer Mietpreisbegrenzung bei Neuabschluss von Mietverträgen rechtfertigen würde. Allerdings müssten die einzelnen Gemeinden in einer von der Landesregierung zu erlassenden Rechtsverordnung bestimmt werden und diese Rechtsverordnung müsse in ihrer Begründung für die betreffenden Kreise erkennen lassen, aus welchen Gründen das jeweilige Gebiet und damit auch die Landeshauptstadt München in die Mieterschutzverordnung aufgenommen worden sei. Die von der Bayerischen Staatsregierung erlassene Mietpreisbremsenverordnung werde diesen Anforderungen nicht gerecht. Für den einzelnen Bürger sei nicht nachvollziehbar, mit welchem Gewicht welcher Indikator gewertet worden und weshalb die Landeshauptstadt München in die Verordnung aufgenommen worden sei.

Der festgestellte Formverstoß führt nach der Entscheidung des LG insgesamt zur Unwirksamkeit der am 14.07.2015 erlassenen und mit Wirkung vom 01.01.2016 in die Mieterschutzverordnung überführten Mietpreisbegrenzungsverordnung.

Eine rückwirkende Heilung des Formverstoßes durch die am 24.07.2017 von der Bayerischen Staatsregierung nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils nachgeschobene Begründung schloss die Kammer aus. Darüber, ob die neue Begründung den Mangel der Verordnung für die Zukunft heilen kann, hatte die Kammer nicht zu entscheiden.

Pressemitteilung des LG München I Nr. 4 v. 06.12.2017 zum Urt. v. 06.12.2017 – 14 S 10058/17

Redaktionelle Anmerkung

Die MiSchuV bestimmt die Städte und Gemeinden in Bayern, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen i.S.d. §§ 556d558 oder 577a BGB besonders gefährdet ist. In diesen Gebieten gilt mithin die sog. Mietpreisbremse bei Wiedervermietungen (§ 556d BGB), die abgesenkte Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen in laufenden Mietverträgen (§558 BGB) bzw. eine verlängerte Kündigungssperrfrist bei der Umwandlung einer Mietwohnung in Wohnungseigentum (§ 577a BGB).

Die MiSchuV ist zu begründen, soweit sie Festsetzungen zur sog. Mietpreisbremse enthält (§ 556d Abs. 2 Satz 5 BGB). Laut Anlage zur MiSchuV gilt die Mietpreisbremse in 137 Gemeinden. Die wesentlichen Gründe, die zu dieser Einstufung führten, wurden 2015 im JMBl. bekannt gemacht (JMBl 10/2015, S. 117).

Im Hinblick auf eine Entscheidung des BayVerfGH v. 04.04.2017 (Vf. 3-VII-16) sah sich die Bayerische Staatsregierung jedoch veranlasst, ihre Einstufungs-Entscheidungen noch näher zu erläutern und ergänzende Angaben zu den Tatsachen bekannt zu geben, welche ihr beim Erlass der Mieterschutzverordnung vom 10.11.2015 vorlagen und welche zum Erlasszeitpunkt zu der Bewertung geführt haben, dass die in der Anlage zur Mieterschutzverordnung aufgeführten 137 Gemeinden einen angespannten Wohnungsmarkt i.S.d. § 556d BGB aufweisen und daher in dessen Anwendungsbereich einzubeziehen sind.

Der BayVerfGH hatte die auf die mangelnde Begründung gestützte Popularklage zwar abgewiesen, dabei jedoch lediglich festgestellt, dass ein möglicherweise vorliegender Verstoß gegen die bundesrechtliche Begründungspflicht nicht zur verfassungsrechtlichen Beanstandung der angegriffenen Regelung führt (siehe dazu Rn. 31 der Entscheidung):

„Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine nicht auf den Einzelfall eingehende Begründung bundesrechtlich zur Unwirksamkeit der Verordnung führt, stellt ein solches Begründungsdefizit keinen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtsordnung im Sinn der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zu Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV dar. Ein derartiger Eingriff liegt nicht bereits dann vor, wenn die gesetzliche Verfahrensvorschrift, gegen die verstoßen wird, dem Schutz von Grundrechten oder anderen mit Verfassungsrang geschützten Rechtspositionen dient (vgl. BVerfG v. 20.12.1979 BVerfGE 53, 30/65; v. 08.02.1983, BVerfGE 63, 131/143; v. 15.12.1983 BVerfGE 65, 1/44; v. 17.04.1991 BVerfGE 84, 34/46). Verstöße gegen bundesrechtliche Verfahrensvorschriften sind im Rahmen der Prüfung anhand des Rechtsstaatsprinzips nur dann von Bedeutung, wenn die verfahrensrechtlichen Vorgaben zur Sicherung materieller verfassungsrechtlicher Rechtspositionen, wie der vom Antragsteller angeführten Grundrechte aus Art. 101, 103 und 118 Abs. 1 BV, unabdingbar sind, weil ein nachträglicher verfassungsgerichtlicher Schutz nicht hinreichend gewährt werden kann.“

Dementsprechend sei die Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen die bundesrechtliche Begründungspflicht zur Unwirksamkeit der Verordnung führe, in erster Linie Aufgabe der hierfür zuständigen Fachgerichte (Rn. 30).

Dass auf Basis der bisherigen Begründung wohl ein Verstoß gegen die bundesrechtliche Begründungspflicht vorliegt, wird insbesondere aus den Rn. 28-30 der Entscheidung deutlich.

Dementsprechend hat das AG München mit Urt. v. 21.06.2017 (414 C 26570/16) entscheiden, dass die MiSchuV jedenfalls für München nicht anwendbar und nichtig ist (vgl. hierzu auch die entsprechende Pressemitteilung).

(koh)