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BVerfG: Mündliche Verhandlung in Sachen „Wahlrechtsausschluss Europawahl“ am Montag, 15. April 2019

Der Zweite Senat des BVerfG verhandelt am Montag, 15. April 2019, um 14.00 Uhr im Sitzungssaal des BVerfG, Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe über einen Eilantrag von Abgeordneten des Deutschen Bundestages der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und FDP, die im Wege der einstweiligen Anordnung die Außervollzugsetzung von § 6a Abs. 1 Nr. 2 und 3 des Europawahlgesetzes (EuWG) sowie von § 6a Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 und 3 EuWG bei der neunten Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments am 26. Mai 2019 begehren.

1. Nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 und 3 EuWG sind deutsche Staatsangehörige vom aktiven Wahlrecht bei der Europawahl ausgeschlossen, wenn zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist (Nr. 2) oder sie sich aufgrund einer Anordnung nach § 63 in Verbindung mit § 20 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden (Nr. 3). Gemäß § 6a Abs. 2 Nr. 1 EuWG gelten diese Wahlrechtsausschlüsse auch für Unionsbürger, bei denen diese Voraussetzungen erfüllt sind.

Der Senat hat mit Beschluss vom 29. Januar 2019 ‑ 2 BvC 62/14 ‑ den mit § 6a Abs. 1 Nr. 2 EuWG wortlautgleichen Wahlrechtsausschluss in § 13 Nr. 2 des Bundeswahlgesetzes (BWahlG) für mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 und Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG unvereinbar erklärt. Des Weiteren hat er die Nichtigkeit des mit § 6a Abs. 1 Nr. 3 EuWG wortlautgleichen Wahlrechtsausschlusses in § 13 Nr. 3 BWahlG festgestellt, da auch diese Norm gegen Art. 38 Abs. 1 Satz 1 und Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG verstößt. Daraufhin hat der Deutsche Bundestag in seiner 87. Sitzung vom 15. März 2019 einen von diesem Beschluss ausgehenden Antrag der Fraktionen CDU/CSU und SPD für die Einführung eines inklusiven Wahlrechts (BT-Drs. 19/8261) angenommen. Danach sollen unter anderem die in § 13 Nr. 2 und 3 BWahlG und in § 6a Abs. 1 Nr. 2 und 3 EuWG bestehenden Wahlrechtsausschlüsse zum 1. Juli 2019 aufgehoben werden. Zuvor hatte der Deutsche Bundestag in derselben Sitzung Anträge der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und FDP (BT-Drs. 19/3171 und 19/8261) auf eine sofortige Aufhebung der in Rede stehenden Wahlrechtsausschüsse im Bundeswahlgesetz und im Europawahlgesetz abgelehnt.

2. Die Antragsteller sind der Auffassung, aus dem Beschluss des Senats vom 29. Januar 2019 folge, dass auch die Wahlrechtsausschlüsse in § 6a Abs. 1 Nr. 2 und 3 EuWG sowie in § 6a Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 und 3 EuWG verfassungswidrig seien. Deshalb dürften sie bereits bei der kommenden Europawahl am 26. Mai 2019 nicht mehr angewendet werden. Bei einer Durchführung der Europawahl unter der geltenden Rechtslage drohe eine Verletzung grundlegender Verfassungsprinzipien. Dem Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung stehe nicht entgegen, dass die Parteien ihre Kandidatenlisten bereits aufgestellt hätten. Denn das passive Wahlrecht sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Auch eine Aufnahme der von § 6a Abs. 1 Nr. 2 und 3 EuWG und von § 6a Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 und 3 EuWG betroffenen Personen in die Wählerverzeichnisse sei noch vor Durchführung der Europawahl relativ einfach möglich. Schließlich könne dem Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung auch nicht der Verhaltenskodex für Wahlen der Europäischen Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) entgegen gehalten werden, nach dessen Maßgabe das Wahlrecht bis ein Jahr vor einer Wahl nicht mehr verändert werden dürfe.

Die Verhandlungsgliederung finden Sie hier.

Der Senat beabsichtigt, im Anschluss an die mündliche Verhandlung zu beraten und seine Entscheidung unverzüglich zu verkünden.

Pressemitteilung des BVerfG Nr. 23 v. 02.04.2019 (Ausschnitt) – 2 BvQ 22/19