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BayORH: Implizite Schulden zu verringern, bedeutet generationengerecht zu handeln – ORH-Bericht 2019 im Bayerischen Landtag

„Vor dem Hintergrund einer sich allmählich eintrübenden Konjunktur ist das Thema Nachhaltigkeit für den Staatshaushalt aktueller denn je“, informierte Rechnungshofpräsident Christoph Hillenbrand heute im Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags zu den Prüfungsergebnissen des Jahresberichts 2019 des ORH. Er begrüßte zugleich die Ankündigung des Finanzministers, dass „die Schuldentilgung bis zum Jahr 2030 immer ein wesentlicher Baustein der Haushaltpolitik“ bleibe. Neben den im Haushalt ausgewiesenen Schulden müsse man auch die sogenannten impliziten oder verdeckten Schulden ins Auge nehmen, wie etwa ausstehende Sanierungs- und Erhaltungsmaßnahmen. Auch die Kosten dafür können kommende Generationen belasten.

Hillenbrand: „Implizite Schulden zu verringern, zählt deshalb ebenfalls zu einer nachhaltigen Haushaltspolitik, die generationengerecht und sozial wirkt.“

Wie schon in den letzten Jahren, fand der ORH auch für das Haushaltsjahr 2017 eine insgesamt geordnete Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsregierung vor. Mehrfach angesprochen wurden im Ausschuss aber die hohen Ausgabereste, die seit Jahren ansteigen und 2017 über 6,5 Milliarden Euro ausmachten; das sind mehr als 10% des Staatshaushalts. Das sahen wie der ORH auch viele Abgeordnete kritisch. Rechnungshofpräsident Hillenbrand verwies auch auf die vom ORH schon vielfach ausgesprochenen Empfehlungen, Prozesse an verschiedenen Stellen im Verwaltungsablauf zu straffen und zu optimieren sowie unwirtschaftliche Doppelstrukturen weiter abzubauen.

Hillenbrand: „Um Verwaltungsabläufe ressourcenschonend weiter zu optimieren, müssen moderne IT-Strukturen und Synchronisierungsmöglichkeiten noch strikter genutzt werden.“

Allein 13 der insgesamt 22 einzelnen Prüfungsergebnisse des Jahresberichts 2019 befassen sich mit unterschiedlichen Facetten der Optimierung von Verwaltungs- und Kommunikationsprozessen.

Der Beitrag Sanierung und Neubau der Fakultät für Chemie der TU München (TNr. 53) zeigt nachdrücklich, welche negativen Auswirkungen eine ungenügende Planung und eine unzureichende Kommunikation zwischen Bauverwaltung und Nutzer haben können: Die Kosten für den Neubau stiegen bislang um 51% auf 67,4 Millionen Euro. Grund war, dass die unausgereifte Planung nachträglich mehrfach geändert wurde und im Ergebnis deutlich größer und höher gebaut wurde als vorgesehen und vom Landtag genehmigt. Aufgrund der Mehrkosten für den Neubau konnte die geplante Sanierung von Bestandsgebäuden dann nicht mehr wie vorgesehen durchgeführt werden. Der Haushaltsausschuss wurde hierüber jahrelang nicht informiert, das Budgetrecht des Landtags nach Auffassung des ORH dadurch missachtet. Die Abgeordneten sahen das genauso und forderten die Staatsregierung u.a. auf, den Haushaltsausschuss in solchen Fällen künftig unverzüglich zu unterrichten und für die konkrete Baumaßnahme der TU München einen Nachtrag vorzulegen.

Unwirtschaftliche Doppelstrukturen fand der Rechnungshof bei der Verwaltung der Immobilien vor, die der Freistaat geerbt hat. Bearbeitet werden die Nachlassimmobilien (TNr. 33) vom Landesamt für Finanzen, obwohl der Freistaat für solche Aufgaben mit dem Staatsbetrieb Immobilien Bayern (IMBY) eigens eine Einrichtung geschaffen hat, die den staatlichen Immobilienbesitz betreut. Die Staatsregierung soll nun die veralteten Nachlassrichtlinien neu fassen und dabei auch die Zuständigkeiten eindeutig regeln, beschlossen die Abgeordneten.

Informationsdefizite hat der ORH auch bei der Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer (TNr. 42) festgestellt. So lähmen u.a. veraltete IT-Systeme und Datenzulieferungen etwa von Banken oder Notaren in Papierform statt auf elektronischem Wege die Verwaltungsabläufe. Eine moderne IT-Unterstützung sowie die elektronische Erfassung aller Dokumente würden die Effizienz spürbar erhöhen. Der Haushaltsausschuss schloss sich der Bewertung des ORH an und forderte die Staatsregierung auf, zeitnah geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Mit mehr Informationen könnte aus der Sicht des ORH auch die Besteuerung von kurzfristigen Wohnraumvermietungen über Internetportale (TNr. 43) verbessert werden. Die Vermietung von Immobilien als Ferienwohnung boomt, doch nicht immer legen die Vermieter die dadurch erzielten Einnahmen in der Steuererklärung offen. Den Vorschlägen, die der ORH gemacht hat, um eine vollständige Besteuerung auch in diesen Fällen zu erreichen, schloss sich der Haushaltsausschuss an. Er bat die Staatsregierung auch zu prüfen, ob es verfassungsrechtlich zulässig wäre, die Plattformbetreiber zur Herausgabe der notwendigen Informationen zu verpflichten.

Insgesamt fasste der Haushaltsausschuss zu 20 der vom ORH aufgegriffenen Prüfungsergebnisse Beschlüsse, mit denen die Staatsregierung ersucht wird, konkrete Maßnahmen einzuleiten, um Abläufe zu verbessern oder Mängel abzustellen.

Der vollständige ORH-Bericht 2019 sowie Kurzfassungen zu den einzelnen Fällen sind im Internet unter www.orh.bayern.de abrufbar.

Pressemitteilung des BayORH v. 06.06.2019