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StMJ: Runder Tisch „Strafrechtlicher Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger“ mit Justizminister Eisenreich und Präsidenten der Kommunalen Spitzenverbände

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Immer wieder schlagen Politikerinnen und Politikern – insbesondere Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern – auf kommunaler Ebene Beleidigungen, Drohungen, zum Teil auch Hass und in Einzelfällen sogar Gewalt entgegen. Dieser Zustand ist nicht hinnehmbar. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich hat deshalb die Kommunalen Spitzenverbände zu einem runden Tisch ins Justizministerium eingeladen. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Bayerischen Landkreistags, Christian Bernreiter, dem Präsidenten des Bayerischen Bezirketags, Franz Löffler, dem ersten stellvertretenden Vorsitzenden des Bayerischen Städtetags, Dr. Thomas Jung, und dem geschäftsführenden Präsidialmitglied des Bayerischen Gemeindetags, Dr. Frank Dirnberger, hat er Möglichkeiten, den strafrechtlichen Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern zu verbessern, erörtert und das Schutzkonzept der bayerischen Justiz vorgestellt.

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich:

„Unsere Demokratie lebt davon, dass sich Menschen für unser Gemeinwohl einsetzen. Angriffe auf Kommunalpolitikerinnen und -politiker sind deshalb auch Angriffe auf unsere Demokratie. Für die bayerische Justiz ist klar: Wir dulden solche Angriffe nicht und bekämpfen sie mit allen Mitteln des Rechtsstaats. Vor allem lassen wir die Kommunalpolitikerinnen und -politiker nicht alleine. Wer wegen seines kommunalen Mandats oder Amts Ziel von Straftaten geworden ist, dem werden wir es mit einem Online-Verfahren erleichtern, sich mit einer Strafanzeige oder Prüfbitte an die Justiz zu wenden. Auch werden wir bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Ansprechpartner benennen, die den Kommunalpolitikerinnen und -politikern bei begangenen Straftaten zur Seite stehen.“

Der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Christian Bernreiter:

„Die Initiative des Bayerischen Justizministers ist ein gutes Signal für die Kommunen und vor allem für alle, die sich für unsere Gesellschaft auf kommunaler Ebene engagieren. Es ist richtig und wichtig, dass wir uns alle gemeinsam diesen unmöglichen Entwicklungen entgegenstellen. Unsere Demokratie lebt von der politischen Auseinandersetzung und sie braucht diese. Verrohung und Gewalt dürfen aber niemals dazu gehören und nicht toleriert werden. Drohungen gegen Kommunalpolitiker, aber auch gegen unsere Mitarbeiter in den Behörden müssen tabu sein. Wenn aus Stimmungsmache Straftaten werden, muss das Gesetz mit seiner ganzen Härte durchgreifen.“

Der Präsident des Bayerischen Bezirketags, Franz Löffler:

„Mit großer Sorge beobachten wir, wie kommunale Mandatsträgerinnen und Mandatsträger zunehmend verbalen Anfeindungen und tätlichen Übergriffen ausgesetzt sind. Oft wird darüber geschwiegen, weil man die Täter nicht ausfindig machen kann oder weil die Betroffenen meinen, diese Beleidigungen aushalten zu müssen. Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker bringen sich tagtäglich für unser Gemeinwesen ein und dafür brauchen sie die Rückendeckung von Politik, Justiz und Polizei. Deshalb begrüßt der Bayerische Bezirketag den Vorstoß des Bayerischen Justizministers Georg Eisenreich und das starke Signal, dass wir mit diesem runden Tisch setzen konnten. Hass und Gewalt dürfen nicht zur Gewohnheit in der Kommunalpolitik werden!“

Der Präsident des Bayerischen Gemeindetags, Dr. Uwe Brandl:

„Die vorgestellten Maßnahmen sind richtig und wichtig. Die zunehmenden Beleidigungen und Bedrohungen gegenüber kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern sind eine Gefahr für die Demokratie und nicht hinnehmbar. Wer sich für die Allgemeinheit mit einem politischen Amt oder Mandat einsetzt, muss geschützt werden. Alle Ansätze können nur greifen, wenn es uns darüber hinaus gelingt, auch einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft herbeizuführen. Hierzu sind alle gesellschaftlich relevanten Gruppen aufgerufen.“

Der erste stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung:

„Es ist wichtig, dass der bessere Schutz vor Beleidigungen und Bedrohungen nun ernsthaft angepackt wird. Vereinfachte Online-Verfahren zur Meldung von Online-Straftaten, feste Ansprechpartner für Kommunalpolitiker bei den Staatsanwaltschaften und die Verschärfung des Strafrechts sind gute Maßnahmen. Nötig ist ein konsequentes Vorgehen der Ermittlungsbehörden: Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen Vorfälle gegen kommunale Mandatsträger ernst nehmen und brauchen dafür Instrumente. Und wichtig ist auch: Kommunalpolitiker dürfen Beleidigungen, Schmähungen und Übergriffe nicht einfach hinnehmen, sondern müssen solche Vorfälle konsequent zur Anzeige bringen.“

Hintergrund

Das Konzept der bayerischen Justiz zum Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger umfasst folgende Punkte:

1. Vereinfachtes Online-Verfahren für Online-Straftaten

Für Online-Straftaten (insbesondere Hate-Speech, Bedrohungen, Beleidigungen per E-Mail) wird die bayerische Justiz einen Zugang zu einem vereinfachten Online-Verfahren einrichten (vergleichbar dem Projekt „Justiz und Medien – konsequent gegen Hass“): Statt wie bisher schriftlich und unter Beifügung von Datenträgern oder Ausdrucken können Betroffene dann Anzeigen und Prüfbitten schnell und einfach online an die Justiz übermitteln. Dort werden die eingehenden Meldungen durch den Hate-Speech-Beauftragten der bayerischen Justiz geprüft, der bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) angesiedelt ist.

2. Ansprechpartner

Insbesondere für den Bereich der „analog“ begangenen Straftaten wird die bayerische Justiz bei jeder der 22 bayerischen Staatsanwaltschaften einen Ansprechpartner für die Kommunalpolitikerinnen und -politiker benennen. Die Ansprechpartner stehen insbesondere für eine Beratung im Hinblick auf die strafrechtliche Bewertung und Anzeigeerstattung zur Verfügung, sorgen für eine nachdrückliche, sorgfältige und möglichst zügige Ermittlung des Sachverhalts und vermitteln zur Gewährleistung einer wirksamen Prävention den Kontakt zur Polizei.

3. Nachdrückliche Strafverfolgung

Für die bayerischen Staatsanwaltschaften gilt: Eine nachdrückliche Verfolgung von Straftaten zum Nachteil von Kommunalpolitikerinnen und -politikern liegt grundsätzlich im öffentlichen Interesse. Das bedeutet: Verweisungen auf den Privatklageweg kommen in Bayern bei solchen Straftaten in aller Regel nicht in Betracht, d.h. die Staatsanwaltschaften übernehmen die Strafverfolgung selbst. Auch Verfahrenseinstellungen wegen Geringfügigkeit oder geringer Schuld sind in Bayern auf den absoluten Ausnahmefall beschränkt.

4. Effektivere Sanktionsmöglichkeiten

Bayern setzt sich auf Bundesebene rechtspolitisch ein: Durch den bereits vorgelegten bayerischen Diskussionsentwurf zur Modernisierung der Beleidigungsdelikte wurde eine Verschärfung der strafrechtlichen Regelungen gefordert, um den strafrechtlichen Schutz von Kommunalpolitikerinnen und -politikern zu verbessern. Insbesondere sollen auch die Strafrahmen erweitert und so höhere Strafen verhängt werden können.

Zudem unterstützt Bayern die Initiative der Bundesjustizministerin, die Anwendbarkeit der Vorschrift für den besonderen strafrechtlichen Schutz von Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB) auf kommunalpolitisch tätige Personen gesetzlich klarzustellen.

5. Bessere Ermittlungsbefugnisse

Um insbesondere die Urheber strafbarer Hate-Speech identifizieren und dadurch Hasskriminalität im Internet effektiver bekämpfen zu können, fordert Bayern auf Bundesebene die Verbesserung der Ermittlungsbefugnisse in der digitalen Welt. Zudem setzt sich Bayern weiter mit Nachdruck dafür ein, dass die Betreiber sozialer Medien ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und Auskunftsersuchen der Strafverfolgungsbehörden ohne Wenn und Aber beantworten.

Pressemitteilung des StMJ Nr. 8 v. 05.02.2020