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Corona-Pandemie – Versammlungsrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BayIfSMV auf Grund einer Entscheidung des BayVGH erteilt

Wie diesem Blog heute bekannt wurde, hat die Landeshauptstadt München im Wege einer kurzfristigen Neubescheidung eine Ausnahmegenehmigung gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 BayIfSMV erteilt. Dabei ging es um die Genehmigung einer Versammlung unter freiem Himmel mit maximal 10 namentlich bekannten Teilnehmern am 09.04.2020 zwischen 16 und 19 Uhr am östlichen Isarufer südlich der Wittelsbacherbrücke und nördlich der Braunauer Eisenbahnbrücke in München zum Thema ‚Versammlungsfreiheit auch während der Corona-Krise schützen‘. Dies hatte die Stadt zunächt abgelehnt und war hierin durch den Beschluss des VG München v. 09.04.2020 (M 26 E 20.1506) mit Blick auf die infektionsschutzrechtliche Gefahrenlage bestätigt worden. Zwei in diesem Zusammenhang beim BVerfG gestellte Eilanträge scheiterten. Jedoch hatte die gegen den Beschluss des VG München erhobene Beschwerde zum BayVGH (20 CE 20.755) teilweise Erfolg: Zwar habe der Antragsteller keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung (keine Ermessensreduktion auf Null); er habe jedoch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung und das VG München habe in dem angefochtenen Beschluss dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht ausreichend Rechnung getragen.

So führte der BayVGH u.a. aus:

„Jedoch hat das Verwaltungsgericht dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in dem angefochtenen Beschluss nicht ausreichend Rechnung getragen, weil es zur Begründung der Versagung der Ausnahmegenehmigung nicht auf ein (infektionsschutzrechtlich bedenkliches) Verhalten der Versammlungsteilnehmer, sondern ausschließlich auf das Verhalten Dritter und auf infektionsschutzrechtliche Gefahren abstellt, die sich aus – während der Geltungsdauer der BayIfSMV – verbotenen Verhaltensweisen ergeben können (vgl. § 4 Abs. 2, 3 Nr. 7 BayIfSMV). Zugunsten des Antragstellers ist im Lichte des Art. 8 Abs. 1 GG maßgeblich zu berücksichtigen, dass er die erstrebte Versammlung mit der beabsichtigten Meinungsäußerung in sinnvoller Weise nur während der Geltungsdauer der BayIfSMV durchführen kann.

Die Antragsgegnerin wird zu prüfen haben, ob aus infektionsschutzrechtlichen Gründen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats die Erteilung des Genehmigungsbescheides unter Auflagen möglich ist. Dabei hat sie zu berücksichtigen, ob den dargestellten Infektionsgefahren beispielswiese durch Abstandsregelungen, Umzäunung und Kenntlichmachung des Versammlungsgeländes und/oder die Begleitung durch die Polizei begegnet werden kann.

Der Senat geht in dem hier vorliegenden Einzelfall aufgrund der Angaben des Antragstellers zur Teilnehmerzahl, zur Art und Weise (statische Versammlung – kein Umzug, Einhaltung der Hygienemaßnahmen) sowie nach eigener Kenntnis der örtlichen Verhältnisse am Versammlungsort davon aus, dass es der Polizei möglich sein wird, im Rahmen einer mit entsprechenden Auflagen versehenen Genehmigung den Eintritt infektionsschutzrechtlicher Gefahren durch Menschenansammlungen zu unterbinden.“

Hiernach hat die Landeshauptstadt München dem Antragsteller die Ausnahmegenehmigung erteilt. Nach Auskunft des Verfahrensbevollmächtigten hat die Versammlung auch stattgefunden.

(koh)

Redaktioneller Hinweis (Nachtrag v. 15.04.2020): Der Beschluss des BayVGH ist nunmehr bei openJur abrufbar.