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VG Ansbach: Weitere Entscheidungen zu Corona-Maßnahmen – 800 Quadratmeter-Regelung und Vorhaltepflicht von Klinikbetten

Das VG Ansbach hatte am Freitag und Sonntag über insgesamt fünf Eilanträge zu entscheiden. Davon bezogen sich drei auf weitere Standorte (Fürth, Erlangen und Ansbach) der bereits am Freitag entschiedenen Bekleidungshauskette. Weiter hat die 18. Kammer am Samstag dem Antrag einer Nürnberger Privatklinik stattgegeben, die sich gegen die Pflicht zum Freihalten ihrer sechs Klinikbetten gewendet hatte. Die 30. Kammer hat demgegenüber den Antrag einer Ladenkette abgelehnt, die im Ansbacher Brücken-Center ein Ladengeschäft betreibt und am 27. April 2020 öffnen wollte.

1.

Im Fall der 30. Kammer beabsichtigte ein Geschäftsinhaber im Ansbacher Brücken-Center die Öffnung seines Ladens am 27. April 2020. Das Geschäft selbst habe lediglich eine Ladenfläche von 153qm, liege also unter der 800-qm-Grenze. Die Antragsgegnerin verwies auf das Verbot aus der 2. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung.

Diese könne die 800-qm-Regelung nicht für sich in Anspruch nehmen. Die Antragstellerin beantragt daraufhin gerichtlichen Eilrechtsschutz und argumentiert ergänzend, sie sei von dem weiteren Shutdown existenzgefährdend betroffen. Der Zeitraum falle mit der Anschaffung der Frühjahrs- und Sommerkollektion zusammen. Andere Geschäfte, die an Einkaufsstraßen liegen, dürften öffnen.

Das Gericht lehnte den Eilantrag ab. Die in der Verordnung normierte 800-qm-Regelung beziehe sich ausdrücklich auf Einkaufszentren. Einer Aufteilung des Einkaufszentrums in einzelne Ladengeschäfte stehe der eindeutige Wortlaut der Ausnahmeregelung entgegen. Ein Einkaufszentrum bestehe, anders als die in der Verordnung ebenfalls genannten Kaufhäuser, typischerweise aus mehreren Ladengeschäften. Eine unzulässige Ungleichbehandlung von Geschäften einer Einkaufsstraße habe die Kammer nicht erkennen können, da ein Einkaufszentrum u.a. wegen des zu Grunde liegenden Werbekonzepts eine andere Anziehungskraft habe. Ein Einkaufszentrum biete eine Vielzahl von Geschäften und Dienstleistungen unter einem Dach und ziele mit guter Erreichbarkeit auf die Anziehung möglichst vieler Kunden auch aus dem Umkreis ab.

Das gelte insbesondere für den vorliegenden Fall, weil das Ansbacher Brücken-Center im ländlich geprägten westmittelfränkischen Raum ein regional überdurchschnittlich weites Einzugsgebiet habe. Hier unterscheide sich der Sachverhalt von anderen Standorten in Großstädten oder Stadtstaaten entscheidungserheblich. So habe das Ansbacher Brücken-Center bei einer Einwohnerzahl der Stadt Ansbach von etwa 40.000 Bürgern und Bürgerinnen durchschnittlich 18.000 Besucher und Besucherinnen pro Tag. (VG Ansbach, Beschl. v. 26.04.2020 -AN 30 S 20.00775)

2.

Im Fall der 18. Kammer ging es um den Betreiber einer Privatklinik. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat mit Allgemeinverfügung vom 19. März 2020 geregelt, dass u.a. Privatkliniken bis auf weiteres alle planbaren Behandlungen zurückstellen, um möglichst umfangreiche Kapazitäten für die Versorgung von COVID-19-Patienten freizuhalten. Mit weiterer Verfügung vom 24. März 2020 wurde geregelt, dass die vorhandenen Kapazitäten in vollem Umfang zur stationären Versorgung zur Verfügung stehen sollen. Ferner sollen die räumlichtechnischen Kapazitäten zur Behandlung von COVID-19-Patienten oder zur Entlastung anderer Krankenhäuser ausgebaut werden. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin und suchte um einstweiligen Rechtsschutz nach. Die Antragstellerin habe seit dem 20. März 2020 keinerlei stationäre Behandlungen durchführen können. Hierauf entfielen aber 76% des Gesamtumsatzes, so dass eine wirtschaftliche Fortführung des Klinikbetriebes nicht mehr möglich sei. Gleichzeitig sei ihr eine Einstellung des Klinikbetriebes verwehrt. Eine Inanspruchnahme der Antragstellerin aufgrund der drohenden Überforderung des Gesundheitssystems sei nach jetzigem Stand nicht ersichtlich. In diesem Falle könne die Antragstellerin aber wieder binnen Tagen zur Verfügung stehen.

Das Gericht hat dem Eilantrag in dem hier dargestellten Umfang stattgegeben. Die getroffenen Schutzmaßnahmen stehen inhaltlich („soweit“) und zeitlich („solange“) unter einem strengen Verhältnismäßigkeitsvorbehalt. Mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit müsse die Abflachung der Neuinfektionsrate und die nur teilweise Auslastung der Klinikbetten, auch im Raum Nürnberg, von 50% berücksichtigt werden. Die Antragsgegnerin gehe dabei ebenfalls davon aus, dass die Situation grundsätzlich neu bewertet werden müsse. Das Gericht habe dem Antrag u.a. mit Blick auf die schweren wirtschaftlichen Folgen für die Klinik stattgeben, weise aber ausdrücklich darauf hin, dass der Beschluss bei einem veränderten Pandemiegeschehen abänderbar ist. (VG Ansbach, Beschl. v. 25.04.2020 – AN 18 S 20.00739)

3.

Gegen die Beschlüsse können die Antragstellerinnen jeweils Beschwerde zum BayVGH erheben.

Pressemitteilung des VG Ansbach v. 26.04.2020