Gesetzgebung

Bayerischer Städtetag: Landtagsanhörung über Flächenverbrauch – „Obergrenzen lösen nicht das Problem der steigenden Flächenkonkurrenz“

Bayern wächst, die Einwohnerzahl nimmt zu. Menschen suchen Wohnungen, Arbeitsplätze, Kindergarten- und Schulplätze für ihre Kinder. Die Wirtschaft braucht Spielraum, um sich weiterentwickeln zu können und für eine Rezession gerüstet zu sein – gerade in der aktuellen Corona-Krise mit der Ungewissheit der Konjunkturentwicklung. All diese Einrichtungen brauchen Platz, in den Metropolen und in den Städten der ländlichen Räume. Städte und Gemeinden brauchen Möglichkeiten, sich im Einzelfall auch nach außen zu entwickeln. Kehrseite der erfolgreichen Wachstumsgeschichte Bayerns ist eine Inanspruchnahme von Fläche und eine Nutzungskonkurrenz um Flächen zu Lasten von Natur und Landschaftsbild.

Der Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, Bernd Buckenhofer, sagt anlässlich der Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Landesentwicklung, Energie, Medien und Digitalisierung im Bayerischen Landtag am 14. Mai 2020:

„Wohnen – Bauen – Flächen sparen: Diese drei Ziele müssen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Die Diskussion über Obergrenzen ist nicht zielführend. Obergrenzen lösen nicht das Problem der steigenden Flächenkonkurrenz. Sie geben keine Antwort, wie die vielschichtigen Bedarfe der Bevölkerung, der Natur und der Pflanzenwelt in ein ausgewogenes Verhältnis kommen. Starre Obergrenzen können lokale Bedarfe nicht berücksichtigen.“

In der Anhörung diskutieren Expertinnen und Experten aus Kommunen, Wirtschaft und Wissenschaft mit den Abgeordneten über die Gesetzentwürfe der Staatsregierung und des Bündnisses 90/Die Grünen. Beide sehen eine Flächenverbrauchsobergrenze vor, die Staatsregierung als Richtgröße, die Grünen als verbindliche Obergrenze.

Buckenhofer: „Der Bayerische Städtetag empfiehlt seit Langem einen konsequenten Vorrang der Innenentwicklung. Nötig sind flächensparende Nutzungen in der Landesplanung, in Fachplanungen, in kommunalen Planungen und im Förderwesen. Der Bayerische Städtetag setzt sich für eine vorausschauende Siedlungsentwicklung ein. Aber: Der Bayerische Städtetag lehnt jede Art einer Obergrenze für Flächenverbrauch ab. Eine Flächenzuweisung nach mathematischen Formeln wird weder den vielschichtigen Bedarfen der über 2000 bayerischen Städte und Gemeinden noch den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürgern gerecht. Sie verstößt gegen die in der Bayerischen Verfassung verankerte kommunale Planungshoheit.“

Viele Mitglieder des Bayerischen Städtetags gehen bereits jetzt sorgsam mit Fläche um und versuchen mit hohem personellen und finanziellen Einsatz, unbebaute oder vorbelastete Flächen zu mobilisieren. Deshalb ist dort das Verhältnis zwischen Einwohnerzahl und Einwohnerentwicklung zur beanspruchten Fläche bereits heute positiv zu bewerten.

Buckenhofer: „Der oft vermittelte Eindruck eines unbedachten Flächenverbrauchs wird den kommunalen Anstrengungen nicht gerecht. Viele Städte und Gemeinden nehmen das im Baugesetzbuch verankerte Ziel des Vorrangs der Innenentwicklung und des sparsamen Umgangs mit Fläche sehr ernst.“

Viele Städte und Gemeinden treiben mit den bestehenden lückenhaften Instrumenten einen enormen Aufwand, Innenentwicklungspotenziale zu nutzen und kompakte Siedlungsstrukturen zu forcieren.

Buckenhofer: „Der Bayerische Städtetag hat ein Bündel von Maßnahmen im Baurecht, im Steuerrecht und im Förderwesen zur Ermöglichung einer flächensparenden Siedlungsentwicklung vorgeschlagen: Trotz jahrelanger Diskussion ist eine gesetzliche Ertüchtigung der Vorkaufsrechte der Gemeinden nicht erfolgt. Landesplanerisch wurden Instrumente für die Innenentwicklung, etwa das Anbindegebot, aufgeweicht statt angewendet. Flankierende steuerliche Anreize, um Grundstücke in Ortszentren zu nutzen, werden nicht mit der notwendigen Konsequenz vorangetrieben.“

Der Vorstand des Bayerischen Städtetags hat in seiner Sitzung am 22. Oktober 2019 eine Broschüre verabschiedet, der die Verbandsposition wiedergibt. Die Broschüre ist auch im Internetauftritt des Bayerischen Städtetags abrufbar unter: www.bay-staedtetag.de.

Pressemitteilung des Bayerischen Städtetags v. 13.05.2020