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Das Bayerische Lobbyregistergesetz

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Das Bayerische Lobbyregistergesetz reiht sich in die Liste der Transparenzbemühungen in Bezug auf Interesseneinwirkungen auf Parlament und Regierung ein. Es übernimmt damit – zumindest der Zielrichtung nach – ein Instrument der Bundesebene, welches sich mehr oder weniger zeitgleich entwickelte. Der bayerische Gesetzgeber geht im Einzelnen aber einen von der Bundesregelung abweichenden Weg. Das Gesetz enthält zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe, die es auszufüllen gilt. Der Beitrag stellt das Gesetz vor und nimmt sich der näheren Bestimmung an. Die dabei erfolgte Analyse zeigt, dass das Bayerische Lobbyregistergesetz nicht nur an einigen Stellen sprachlich inkonsistent ist und manche Fragen offenlässt, sondern auch weit über den intendierten Regelungszweck hinausgeht. Das weckt verfassungsrechtliche Bedenken.

Anlass und Gesetzgebungshistorie

Diverse Nebeneinkünfte von Abgeordneten von teils dubioser Herkunft und in nicht unerheblicher Höhe haben sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene 2020/21 zu einem Beben im parlamentarischen Alltag geführt[1]. Das ist nachvollziehbar, erscheinen solche Vorgänge doch dazu geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Repräsentanten – ein Umstand, auf dem die parlamentarische Demokratie in nicht unerheblichem Maße beruht[2] – nachhaltig zu erschüttern.

Schnell nahmen Diskussionen um „mehr Transparenz“ an Fahrt auf und es wurden einige gesetzliche Anpassungsmaßnahmen beschlossen[3]. Auf Bundesebene erfolgten beispielsweise Änderungen im Nebentätigkeitsrecht der Abgeordneten inklusive einer Strafrahmenerhöhung bei der Abgeordnetenbestechung in § 108e StGB[4] und die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters[5].

Auch in Bayern wurde mit dem Bayerischen Lobbyregistergesetz (BayLobbyRG)[6] ein solches „Transparenzregister“ eingeführt. Das Gesetz wurde vom Landtag am 6. Juni 2021 einstimmig beschlossen[7] und trat – zeitgleich mit der entsprechenden Regelung auf Bundesebene (die gleichwohl eine Übergangsfrist für die Eintragung bis zum 1. März 2022 vorsah) – zum 1. Januar 2022 in Kraft. Der finalen Gesetzesfassung ging eine ganze Reihe an Regelungsvorschlägen[8] und Änderungsanträgen[9] aller im Landtag vertretenen Fraktionen voraus. Auch noch vor Inkrafttreten der Regelung erfolgte eine erste Änderung[10]. Mittlerweile enthält das Bayerische Lobbyregister 589 Eintragungen (Stand Oktober 2022)[11].

Die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters stellt eine seit Langem erhobene Forderung diverser zivilgesellschaftlicher Gruppen dar, die von der Opposition auch immer wieder aufgegriffen wurde[12], es bis dato aber nie zu einer politischen Mehrheit brachte. Entsprechend wurde die nun erfolgte Normierung bei ihrer Verabschiedung gefeiert. Es war gar von einem „Meilenstein in der Geschichte dieses Freistaats“ die Rede[13]. Dabei ist das Gesetz nicht gänzlich unumstritten, was etwa die von im Bayerischen Beamtenbund organisierten Gewerkschaften angestrengten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) zeigen[14].

Ob ein solches Transparenzregister tatsächlich die entsprechenden Skandale verhindern würde, darf mit Recht bezweifelt werden[15]. Jedenfalls lohnt sich ein näherer Blick auf das neue Gesetz. Ausgeblendet bleiben soll hierbei die Regelung zum exekutiven und legislativen Fußabdruck in Art. 4 BayLobbyRG. Die damit einhergehenden komplexen Fragen rechtfertigen eine eigenständige Abhandlung.

 

Entnommen aus den Bayerischen Verwaltungsblättern, 22/2022, S. 765

[1] Erwähnt seien an dieser Stelle beispielhaft nur Aktienoptionen des MdB Philipp Amthor (vgl.Wehner/Wyssuwa, Großer Ehrgeiz, tief getroffen, FAZ v. 15.06.2020, S. 3), diverse Provisionszahlungen i.R.d. sog. „Maskenaffäre“ gegenüber CDU- und CSU-Politiker (vgl. Lohse, Hinter den Masken, FAZ v. 26.02.2021, S. 4) oder nicht gemeldeteWeihnachtsgeldzahlungen der damaligen Parteivorsitzenden der Grünen Annalena Baerbock (vgl. Bubrowski, Baerbock meldet Nebeneinkünfte nach, FAZ.Net v. 19.05.2021).

[2] Vgl. nur BVerfGE 40, 296/327; 118, 277/353; 134, 141/174.

[3] Ob tatsächlich immer eine unmittelbare Kausalität zwischen den Vorfällen und Maßnahmen besteht, darf durchaus bezweifelt werden, so auch Austermann, GewArch 2022, 101/102. A.A wohl Federmann/Wolff ZRFC 2021, 215/216.

[4] Gesetz zur Verbesserung der Transparenzregeln für die Mitglieder des Deutschen Bundestages und zur Aufhebung des Strafrahmens des § 108e des Strafgesetzbuches v. 08.10.2021, BGBl. I 2021, S. 4650 ff.

[5] Gesetz zur Einführung eines Lobbyregisters für die Interessenvertretung gegenüber dem Deutschen Bundestag und gegenüber der Bundesregierung – Lobbyregistergesetz v. 16.04.2021, BGBl. I 2021, S. 818 ff. Zu den Änderungen auf Bundesebene und deren Verhältnis zu den Empfehlungen der 4. Evaluierungsrunde der Group of States against Corruption (GRECO) i.R.d. Europarates vgl. Neidinger, GYIL 64 (2021) i.E.

[6] Bayerisches Lobbyregistergesetz (BayLobbyRG) v. 06.07.2021, GVBl. S. 386.

[7] Bayerischer Landtag, Plenarprotokoll 18/86 v. 24.06.2021 S. 11573.

[8] Vgl. nur für die 18. Legislaturperiode etwa den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN v. 26.11.2020, Lt-Drs. 18/11623, in dem die Staatsregierung zur Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzesentwurfs aufgefordert wurde; sowie die Gesetzesentwürfe der Fraktion SPD v. 10.12.2020, LT-Drs. 18/12034; der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN v. 18.01.2021, LT-Drs. 18/12343; der Fraktion der AfD v. 21.01.2021, LTDrs. 18/12379; und final der Fraktionen der Freien Wähler und CSU v. 27.04.2021, LT-Drs. 18/15463.

[9] Änderungsanträge der AfD finden sich auf den LT-Drs. 18/15714 und 18/15715; die der SPD auf LT-Drs. 18/15288 (zu ihrem eigenen Vorschlag)

[10] Vgl. Gesetz zur Änderung des Bayerischen Ministergesetzes und des Bayerischen Lobbyregistergesetzes v. 23.12.2021, GVBl. S. 661.

[11] Das Register ist online einsehbar unter: www.bayern.landtag.de/ lobbyregister/lobbyregister-aktiv/, zuletzt abgerufen am 04.10.2022.

[12] In der 2. Lesung zum BayLobbyRG fand zwischen den Fraktionen einWettstreit über die Frage statt, wer die Idee eines solchen Registergesetzes „erfunden“ hat, vgl. Bayerischer Landtag, Plenarprotokoll 18/86 v. 24.06.2021, S. 11555 ff.

[13] So der Abgeordnete Horst Arnold (SPD) in der vor der 2. Lesung des Gesetzesentwurfs geführten Geschäftsordnungsdebatte, die sich um die Frage drehte, ob die Aussprache im Plenum wegen einer gleichzeitig stattfindenden Pressekonferenz, die aus Sicht der Opposition den für die vorliegende Materie notwendigen „würdigen Rahmen“ in Abrede stellte, verschoben werden sollte, Bayerischer Landtag, Plenarprotokoll 18/86 v. 24.06.2021, S. 11555, und später in der Sachdebatte zustimmend Florian Siekmann (GRÜNE), ebenda S. 11557; und Fabian Mehring (Freie Wähler),ebenda S. 11562.

[14] Einerseits BVerfG, B.v. 17.01.2022 – 1 BvR 2727/21 – BeckRS 2022, 1225, wo die Verfassungsbeschwerde wegen Verstoßes gegen den Subsidiaritätsgrundsatz als unzulässig verworfen wurde, und andererseits BayVerfGH, E.v. 05.04.2022 – Vf. 2-VII-22 – BeckRS 2022, 7620, wo ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Unanwendbarkeit von Vorschriften des BayLobbyRG gegenüber ebenjenen Beamtengewerkschaften verworfen wurde.

[15] Kritisch auch Austermann, NVwZ 2021, 585/585 f.

[16] Es sei nur auf das Spannungsfeld mit dem Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortlichkeit hingewiesen, dazu etwa Parlamentarischer Beratungsdienst des Landes Brandenburg, Erste Überlegungen zu einem Lobbyistengesetz in Brandenburg, S. 25 ff., online abrufbar unter : https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w5/gu/48., zuletzt abgerufen am 04.10.2022; Sodan, Schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen Helge Sodan, Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität u. Geschäftsordnung, Ausschussdrucksache 18-G-24, S. 5, online abrufbar unter www.bundestag.de/resource/blob/422454/ und 18/1650828c79ed0d199a2c8e489cc7ee904aaad/stellungnahmesodan-data.pdf, zuletzt abgerufen am 04.10.2022; kritisch hinsichtlich des exekutiven Fußabdruck Austermann, NVwZ 2021, 585/588 f.; Austermann, VBlBW 2021, 276/278 f. für die baden-württembergische Regelung.