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Versagung des Einverständnisses zu einer landesübergreifenden Versetzung

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Ist bei Versagung des Einverständnisses zu einer landesübergreifenden Versetzung der abgebende oder der aufnehmende Dienstherr zu verklagen?

1. Länderübergreifender Wechsel und Wechsel in die Bundesverwaltung

Der Wunsch nach einem Dienstherrnwechsel, z. B. von Bayern nach Nordrhein-Westfalen oder von Baden-Württemberg in die Bundesverwaltung[1], stellt keine Ausnahmeerscheinung mehr dar. Gerade mit Blick auf die jüngeren Generationen, denen große – auch räumliche – Flexibilität nachgesagt wird, findet dieser Wunsch bei den Dienstherren im Bund und in den Ländern zunehmend Aufmerksamkeit[2], zumal damit eine Reihe von Problemen verbunden sind.[3]

Die Hintergründe und Motive für einen Dienstherrnwechsel sind sehr vielfältig. Sie reichen vom Begehren nach einer anderen Tätigkeit über bessere Aufstiegschancen oder Besoldung bis hin zu privaten Gründen wie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Da im Lehrer- und Polizeibereich die meisten Beamten und Beamtinnen tätig sind, wird hier ein Dienstherrnwechsel am häufigsten angestrebt. Bei der Polizei gibt es Rekordzuwächse.[4] Zuletzt hat sich das Sächsische Oberverwaltungsgericht[5] mit der Klage einer Polizeimeisterin befasst, die vom Freistaat Sachsen zum Freistaat Thüringen versetzt werden wollte.

2. Rechtsgrundlagen

Die einschlägigen Rechtgrundlagen ergeben sich aus §§ 13 und 15 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) sowie aus § 28 Bundesbeamtengesetz (BBG). Danach können Beamte gem. § 15 Abs. 1 BeamtStG auf Antrag oder aus dienstlichen Gründen in den Bereich eines Dienstherrn (§ 2 BeamtStG, § 2 BBG) eines anderen Landes oder des Bundes versetzt werden. Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG wird die Versetzung von dem abgebenden im Einverständnis mit dem aufnehmenden Dienstherrn verfügt. Mit der Versetzung wird das Beamtenverhältnis mit dem neuen Dienstherrn fortgesetzt (§ 15 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).[6]

Da Beamte des Bundes nicht unter die Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 Grundgesetz (GG) fallen, richtet sich die Versetzung von Bundesbeamten in den Landesdienst nicht nach § 15 BeamtStG, sondern nach § 28 Abs. 1 und 5 BBG.[7]

3. Urteil des SächsOVG vom 23.11.2021 (Fn. 5)[8]

3.1 Sachverhalt

Eine Polizeimeisterin (BesGr. A 7) im Dienst des Freistaats Sachsens ist bei der Polizeidirektion Leipzig tätig. Sie strebt aus persönlichen Gründen ihre Versetzung nach Thüringen an. Der abgebende Dienstherr (Freistaat Sachsen) teilte der Beamtin mit, dass der aufnehmende Dienstherr (Freistaat Thüringen) ihrer Übernahme in die Thüringer Polizei aus gesundheitlichen Gründen nicht zugestimmt habe.

Das zuständige Verwaltungsgericht des Freistaats Sachsen wies die von der Beamtin erhobene Bescheidungsklage[9] als unbegründet ab. Sie habe keinen Anspruch auf erneute Entscheidung des Freistaats Sachsen über ihren Versetzungsantrag, dessen Ablehnung sich als rechtmäßig erweise. Die Entscheidung über die Übernahme eines Versetzungsbewerbers liege im pflichtgemäßen Ermessen des aufnehmenden Dienstherrn und sei gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Die Entscheidung des gem. § 65 Abs. 2 VwGO beigeladenen Freistaats Thüringen, die Beamtin wegen Zweifeln an ihrer gesundheitlichen Eignung nicht in seinen Polizeivollzugsdienst zu übernehmen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei überwiegend wahrscheinlich, dass die Polizeimeisterin vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze (§ 25 BeamtStG) dauernd polizeidienstunfähig oder erhebliche Ausfallzeiten aufweisen werde (Fn. 5 Rn. 1–4).

Das SächsOVG (Fn. 5 Rn. 5) hat die Berufung auf der Grundlage von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO[10] zugelassen, da die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist. Es geht einmal um die Frage, ob der abgebende oder der aufnehmende Dienstherr der richtige Beklagte ist, wenn Grund für die Ablehnung der Versetzung (ausschließlich) das fehlende Einverständnis des aufnehmenden Dienstherrn nach § 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG war. Zum andern ist zu prüfen, ob die Ablehnung der Versetzung auf das vom aufnehmenden Dienstherrn wegen mangelnder körperlicher Eignung verweigerte Einverständnis gestützt werden kann (Fn. 5 Rn. 13 und 15).

3.2 Entscheidung

Das SächsOVG (Fn. 5 Rn. 11) hält die auf Bescheidung gerichtete zulässige Klage für begründet. Die Beamtin könne beanspruchen, dass der abgebende Dienstherr über ihren Antrag auf Versetzung in den Polizeivollzugsdienst des aufnehmenden Dienstherrn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheide. Der die Versetzung ablehnende Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Beamtin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 VwGO).

3.3 Gründe

a) Passivlegitimation

Bei der Passivlegitimation geht es darum, ob der abgebende oder der aufnehmende Dienstherr der richtige Beklagte ist.[11] Nach Ansicht des SächsOVG (Fn. 5 Rn. 13) richtet sich die Klage zutreffend gegen den Freistaat Sachsen als abgebenden Dienstherrn, der die Versetzung abgelehnt hat.[12] Das Gericht zitiert dann ausführlich eine Entscheidung des BVerwG[13], das sich mit der Rechtsqualität des Einverständnisses bei der dienstherrnübergreifenden Versetzung befasste – und das der aufnehmende Dienstherr nicht erteilt hat. Das BVerwG hat überzeugend begründet, dass die Einverständniserklärung keinen Verwaltungsakt darstellt. Damit kommt eine Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) gegen den aufnehmenden Dienstherrn nicht in Betracht, wie sie noch das OVG NRW[14] für möglich gehalten hat.

Abschließend bemerkt das SächsOVG (Fn. 5 Rn. 14) lapidar, dass nach diesem Verständnis (des BVerwG, Fn. 13), dem sich der Senat anschließe, die Klage gegen den die Versetzung ablehnenden Freistaat Sachsen zu richten gewesen sei (anders offenbar noch BVerwG, Urt. v. 13.11.1986, juris Rn. 16 f.[15], allerdings ohne nähere Begründung).

b) Aufnehmender Dienstherrals richtiger Beklagter?

Es ist fraglich, ob die Ansicht des SächsOVG (Fn. 5), dass die Klage nicht gegen den aufnehmenden Dienstherrn zu richten sei, angesichts der jüngsten Entscheidung des BVerfG[16] zur Anwendbarkeit von § 44a VwGO noch vertretbar ist.

Schon das OVG NRW (Fn. 14) hat wohl deshalb die Versagung des Einverständnisses als Verwaltungsakt bewertet, damit die Verpflichtungsklage (Erklärung des Einverständnisses) gegen den aufnehmenden Dienstherrn gerichtet werden kann. Um Rechtsschutz zu gewähren, bedarf es nicht (mehr) der Konstruktion eines Verwaltungsakts (Art. 19 Abs. 4 GG, § 40 VwGO/§ 54 BeamtStG, § 126 BBG). In Betracht kommt vielmehr die allgemeine Leistungsklage gegen den aufnehmenden Dienstherrn auf Erteilung des Einverständnisses gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG/§ 28 Abs. 5 BBG.[17]

Davon geht auch das BVerwG in seiner Entscheidung vom 13.11.1986 (Fn. 15) aus. Auch wenn das Gericht hierbei nicht näher auf die Rechtsnatur des Einverständnisses und die Klageart eingeht, lässt es eine selbständige Klage gegen den aufnehmenden Dienstherrn, der das Einverständnis verweigert hat, zu.[18]

Das OVG NRW[19] hat in einer weiteren Entscheidung festgestellt, das Einverständnis des aufnehmenden Dienstherrn sei zwar kein Verwaltungsakt, sondern eine behördliche Verfahrenshandlung, die aber einer isolierten gerichtlichen Überprüfung gem. § 44a VwGO entzogen sei.

c) Zumutbarkeit einer Klage gegen den abgebenden Dienstherrn

Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 14.01.2022 insbesondere auf das Merkmal der Zumutbarkeit abgestellt.[20] In diesem Sinne ist es einem Beamten nicht zumutbar, seinen bisherigen Dienstherrn, der bereit ist, ihn zu versetzen, zu verklagen. Die allgemeine Leistungsklage, die gegen den aufnehmenden Dienstherrn zu richten ist, scheitert nicht an § 44a Satz 1 VwGO, weil ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist.[21]

Anders ist es, wenn der Beamte einen Antrag auf Versetzung gem. § 15 Abs. 1 gestellt hat, der abgebende Dienstherr die Versetzung ablehnt, obwohl der aufnehmende Dienstherr sein Einverständnis erklärt hat. In diesem Fall kommt eine Verpflichtungsklage gegen den abgebenden Dienstherrn in Betracht (§ 54 Abs. 1 BeamtStG, § 42 Abs. 1 VwGO).[22]

d) Fehlerfolge bei fehlender Einverständniserklärung

Fehlt die Einverständniserklärung oder ist sie unwirksam, dann hat dieser Mangel die Nichtigkeit der Versetzungsverfügung zur Folge (§ 43 Abs. 3 VwVfG)[23], weil das Einverständnis eine materiell-rechtlich zwingend erforderliche Wirksamkeitsvoraussetzung ist. Der abgebende Dienstherr muss die Ablehnung des Einverständnisses hinnehmen.[24]

Zwar muss auch im Fall des § 36 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch (BauGB) die zuständige Behörde (etwa das Landratsamt) den Bauantrag ablehnen, soweit kein Anlass besteht, das gemeindliche Einvernehmen gem. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB[25] zu ersetzen. Hier kann aber die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 44a Satz 1 VwGO nicht gesondert überprüft werden, sondern nur im Rahmen der gegen den Rechtsträger der Genehmigungsbehörde (das ist z. B. der Freistaat Bayern) gerichteten Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung, zu der die Gemeinde nach § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen ist. Im Übrigen ist die Baugenehmigung bei Fehlen des gemeindlichen Einvernehmens nicht nichtig – wie bei der dienstherrnübergreifenden Versetzung –, sondern nur rechtswidrig anfechtbar (siehe § 44 Abs. 3 Nr. 4 VwVfG/Art. 44 Abs. 3 Nr. 4 BayVwVfG), aber wirksam, solange die Baugenehmigung nicht aufgehoben wird, z. B. aufgrund einer Anfechtungsklage der Gemeinde (§ 43 Abs. 2 VwVfG/Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).[26]

Dieses beim Fehlen des gemeindlichen Einvernehmens schon lange geltende Rechtsschutzverfahren wurde wohl auf das Verfahren beim fehlenden Einverständnis des aufnehmenden Dienstherrn übertragen, ohne zu beachten, dass zwischen beiden Verfahren erhebliche Unterschiede bestehen.[27] Im zweiten Fall ist es geboten, den aufnehmenden Dienstherrn zu verklagen.[28]

e) Ablehnung der Einverständniserklärung

Dem neuen Dienstherrn steht allein die Befugnis zu, seine personalpolitischen Entscheidungen zu treffen; § 15 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG und § 28 Abs. 5 Satz 1 BBG enthalten zwar keine ausdrückliche Regelung darüber, welche rechtlichen Gesichtspunkte für die Erklärung des Einverständnisses maßgebend sind. Als Maßstab sind vielmehr die Grundsätze heranzuziehen, die auch für die erstmalige Begründung eines Beamtenverhältnisses gelten (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG, § 9 BBG). Geeignet ist demnach, wer dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist.[29]

f) Gesundheitliche Eignung

Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr immer auch eine Entscheidung zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht. Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Aufgabe des Dienstherrn ist es, die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachzuvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil zu bilden.[30]

Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt bezieht sich nicht nur auf den gegenwärtigen Stand, sondern auch auf die künftige Amtstätigkeit und enthält eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt. Die Prognose erfasst den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Es kommt darauf an, ob der Beamtenbewerber voraussichtlich bis zu diesem Zeitpunkt Dienst leistet oder wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt werden muss.[31]

g) Änderung der Rechtsprechung zugunsten des Beamten

Der Ausschluss des Zugangs zum Beamtenverhältnis aus gesundheitlichen Gründen ungeachtet der fachlichen Eignung stellt eine Einschränkung der durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsmöglichkeit dar, die einer subjektiven Berufswahlschranke im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG entspricht. Aufgrund dieser grundrechtlichen Bedeutung des Ausschlusses und des überaus langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraums hält das Bundesverwaltungsgericht[32] an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr fest, wonach der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein musste.[33]

Nach der geänderten Rechtsprechung kann der Dienstherr, solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird. Die Gerichte haben demnach über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Diesem steht insoweit kein Beurteilungsspielraum zu.[34]

Dieser Maßstab, den das BVerwG für Beamtenbewerber allgemein entwickelt hat – im maßgebenden Fall ging es um die Verbeamtung als Studienrat – ist auch bei der Beurteilung der Dienstfähigkeit von Bewerbern für den Polizeivollzugsdienst zu berücksichtigen. Der beigeladene Dienstherr hat bislang jedoch keine den rechtlichen Anforderungen genügende Entscheidung über die Polizeidiensttauglichkeit der Polizeimeisterin getroffen.[35]

h) Ergebnis

Die Beamtin hat einen Anspruch auf Neubescheidung, weil die Ablehnung der Versetzung nicht auf das vom beigeladenen aufnehmenden Dienstherrn wegen mangelnder körperlicher Eignung verweigerte Einverständnis gestützt werden konnte. Die vom aufnehmenden Dienstherrn zu treffende, eigenverantwortliche Entscheidung über das Einverständnis ist aufgrund einer dem Prognosemaßstab genügenden ärztlichen Begutachtung nachzuholen (Fn. 5 Rn. 15 und 34).

Obwohl die rechtswidrige Ablehnung der Versetzung allein in den Verantwortungsbereich des aufnehmenden Dienstherrn fällt, mussten gem. § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO dem beklagten abgebenden Dienstherrn „die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des beigeladenen aufnehmenden Dienstherrn, die dieser selbst trägt“, auferlegt werden. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des beigeladenen aufnehmenden Dienstherrn kommt deshalb nicht in Betracht, weil dieser keinen Antrag gestellt und damit kein Risiko eigener Kostenpflicht nach § 154 Abs. 3 VwGO übernommen hat (Fn. 5, Rn. 35).[36]

Auch die Kostenentscheidung zu Lasten des abgebenden Dienstherrn spricht dafür, dass der aufnehmende Dienstherr der richtige Beklagte ist. Um zu klären, ob der abgebende oder der aufnehmende Dienstherr der richtige Beklagte ist, wäre es angebracht gewesen, die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, statt sie „nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt“ (Fn. 5 Rn. 36).[37]

4. Fazit

Nach der Entscheidung des BVerfG zur Anwendbarkeit von § 44a VwGO (oben 3.3 b) ist es nicht mehr vertretbar, wie das SächsOVG annimmt (Fn. 5), dass der Beamte seinen Dienstherrn, der bereit ist, ihn zu versetzen, verklagen muss. Die Klage ist vielmehr gegen den aufnehmenden Dienstherrn, der sein Einverständnis zu der Versetzung verweigert hat, zu richten. Dieser ist der richtige Beklagte. Der abgebende Dienstherr wird einen Antrag stellen, nach § 65 Abs. 1 VwGO[38] beigeladen zu werden.

In diesem Sinne wird der abgebende Dienstherr dem Beamten mitteilen, dass sein Versetzungsantrag abgelehnt werden musste, weil der aufnehmende Dienstherr sein nach § 15 Abs. 3 BeamtStG/§ 28 Abs. 5 BBG erforderliches Einverständnis verweigert hat. Es wird dem Beamten empfohlen, gegen den aufnehmenden Dienstherrn, der sein Einverständnis z. B. wegen gesundheitlicher Gründe verweigert hat, zu klagen. Insoweit wird auf die Entscheidung des SächsOVG Bezug genommen. Darin wird unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG im Einzelnen dargelegt, warum die vom aufnehmenden Dienstherrn vorgetragenen Gründe nicht den neuen Maßstäben genügen.

Bei einem aktuell dienstfähigen Bewerber/Beamten ist die gesundheitliche Eignung nur zu verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird (Fn. 5 Rn. 15–34).

Zu den Maßstäben des Einverständnisses hat das SächsOVG „rechtliche Pflöcke“ eingeschlagen.[39]

Ob vor Erhebung der allgemeinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 2 BeamtStG/§ 126 BBG ein Vorverfahren/Widerspruchsverfahren durchzuführen ist, hängt davon ab, welcher Dienstherr sein Einverständnis zu der Versetzung zu erklären hat. Soll ein Beamter in den Bereich eines Dienstherrn des Bundes versetzt werden, dann ist gem. § 126 Abs. 2 BBG stets ein Vorverfahren erforderlich. Dasselbe gilt, wenn ein Beamter nach Baden-Württemberg versetzt werden soll (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AGVwGO BW).[40] Soll ein Beamter nach Bayern versetzt werden, dann kann er entweder Widerspruch einlegen oder unmittelbar Klage erheben (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Nr. 5 AGVwGO[41]).[42]

 

Entnommen aus apf 11-12/2022, S. 332.

[1] Zum Beispiel an die Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, Fachbereich Bundespolizei, Lübeck.

[2] Bretschneider, ZBR 2021, 359 f.

[3] Bretschneider/Peter, DÖV 2021, 386 ff.; Hilg, apf 2015, 89 ff.; Hilg/Baßlsperger, ZBR 2015, 145 ff.

[4] In der Praxis gibt es sogar zwischen Polizeieibeamten angrenzender Bundesländer untereinander persönliche zivilrechtliche Vereinbarungen zu einem Dienststellentausch, die eine erhebliche finanzielle Vergütung – über 12.000 Euro – vorsehen (Schrapper/Günther, LBG NRW, Kommentar, 3. Aufl. 2021, § 25 Rn. 15).

[5] SächsOVG, Urt. v. 23.11.2021 – 2 A 510/20 –, www.justiz.sachsen.de/ovgentschweb/documents/20A510.U01. pdf; dazu Sauerland, apf 2022, 193/194 f.

[6] Reich, BeamtStG, Kommentar, 3. Aufl. 2018, § 13 Rn. 2 und 3; Hilg, apf 2011, 289/294; SächsOVG (Fn. 5), Rn. 12.

[7] Baßlsperger, in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Kommentar, Stand: Mai 2022, § 13 BeamtStG, Rn. 6.

[8] Zu Form und Inhalt des Urteils siehe § 117 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, herausgegeben von der Bayer. Verwaltungsschule, Stand: 01.01.2016, S. 244 ff.; ders., apf 2016, 148/151 ff.

[9] Siehe § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO; Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 261; Wienbracke, Verwaltungsprozessrecht, 3. Aufl. 2019, Rn. 473 ff.

[10] Über die Zulassung der Berufung siehe Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 306 ff.; ders., apf 2016, 331/336 ff.

[11] Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 11. Aufl. 2019, § 26 Rn. 2; § 28 Rn. 2; Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 86 f., 116 und 263.

[12] Ebenso Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Aufl. 2020, § 4 Rn. 39 mit Fn. 179 (Beiladung des Rechtsträgers des aufnehmenden Dienstherrn); Sauerland, apf 2022, 193/195.

[13] BVerwG, Urt. v. 23.09.2004 – 2 C 37.03 –, ZBR 2005, 128/129; dazu Hilg, apf 2005, B 60/61 f.; Baßlsperger (Fn. 7), § 15 BeamtStG, Rn. 16.

[14] OVG NRW, Urt. v. 28.05.1985 – 6 A 66/84 –, ZBR 1985, 351: Einverständniserklärung als Verwaltungsakt, damit Verpflichtungsklage gegen den aufnehmenden Dienstherrn zulässig; ebenso Leppek, Beamtenrecht, 13. Aufl. 2019, Rn. 127 und 255; siehe auch Eck, in: Brinktrine/Voitl, Beamtenrecht Bayern, Kommentar, München 2020, Art. 49 BayBG, Rn. 17.1.

[15] Ferner abgedruckt in: BVerwGE 75, 133 = DVBl. 1987, 417 = APF 1988, 82; dazu Hilg, APF 1988, 57/61.

[16] BVerfG, Beschl. v. 14.01.2022 – 2 BVR 1528/21 –, OpenJur 2022, 2391 = ZBR 2022, 160; dazu Hilg, apf 2022, 325 ff.

[17] Hilg, ZBR 2022, 68/69; Baßlsperger (Fn. 7), § 15 BeamtStG, Rn. 29.

[18] Hilg, apf 2015, 89/93 f.

[19] OVG NRW, Beschl. v. 05.06.2014 – 6 A 914/14 –, ZBR 2015, 55; dazu Hilg, apf 2015, 89 ff.

[20] BVerfG (Fn. 16), Rn. 26; ebenso HessVGH, Beschl. v. 11.08.2020 – 1 B 1846/20 –, ZBR 2021, 279.

[21] Hilg, apf 2022, 23/25.

[22] Baßlsperger, (Fn. 7), § 15 BeamtStG, Rn. 28.

[23] Ebenso die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder; vgl. § 43 Abs. 3 LVwVfG BW oder Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG.

[24] BVerwG, Urt. v. 19.12.2002 – 2 C 1.02 –, ZBR 2003, 275; dazu Baßlsperger (Fn. 7), § 15 BeamtStG, Rn. 17; Hilg, apf 2004, 131 f.; Schrapper/Günther, § 25 LBG NRW, § 25 Rn. 19 (kein aufoktroyierter Dienstherrnwechsel), Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht, § 4 Rn. 37.

[25] VSV BW, BY Nr. 2130, etwa nach Art. 67 Bayerische Bauordnung (BayBO).

[26] Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, Stand: Juni 2022, § 19 Rn. 217; Hilg, apf 2022, 23/25.

[27] Hilg, apf 2015, 89/90 f.

[28] Reich, BeamtStG, § 15 Rn. 13.

[29] SächsOVG (Fn. 5), Rn. 16 und 17; Baßlsperger Fn. 7), § 15 BeamtStG, Rn. 19; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht, § 4 Rn. 37.

[30] SächsOVG (Fn. 5), Rn. 18 und 19; BVerwG, Urt. v. 21.06.2007 – 2 A 6.06 –, ZBR 2008, 138.

[31] SächsOVG (Fn. 5), Rn. 20; BVerwG, Urt. v. 25.07.2013 – 2 C 12.11 –, NVwZ 2014, 300 = ZBR 2014, 89 Rn. 14. Zu den Problemen bezüglich einer ärztlichen Untersuchungsanordnung gem. § 44 Abs. 6 BBG (bzw. Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG oder § 53 Abs. 1 Satz 1 LBG BW) siehe Hilg, apf 2022, 325 ff.; ders., apf 2013, 362/366 f. (Weigerung eines Beamten, sich psychiatrisch untersuchen zu lassen).

[32] BVerwG, Urt. v. 25.07.2013 – 2 C 12.11 –, NVwZ 2014, 300 = ZBR 2014, 89 Rn. 16; BVerwG, Urt. v. 30.10.2013 – 2 C 16.12 –, NVwZ-RR 2014, 272 = ZBR 2014, 162 Rn. 22; Hilg, apf 2014, 259/261 f. (Beweislastumkehr).

[33] SächsOVG (Fn. 5), Rn. 21 und 22 m. w. N.

[34] BVerwG, Urt. v. 25.07.2013 (Fn. 32), Rn. 24.

[35] SächsOVG (Fn. 5), Rn. 23 und 24; Stehle, Beamtenrecht Baden-Württemberg, 4. Aufl. 2020, Rn. 110 mit Fn. 287 und 288; Baßlsperger (Fn. 7), § 9 BeamtStG, Rn. 24 ff.; Battis, BBG, Kommentar, 5. Aufl. 2017, § 9 Rn. 8; Sauerland, apf 2022, 193/194 f.

[36] Zur Erstattungspflicht der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen siehe Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 320 f.

[37] Zur Zulassung der Revision siehe Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 310; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 41 Rn. 6.

[38] Zur einfachen Beiladung siehe Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 116; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, § 12 Rn. 3 ff.

[39] Sauerland, apf 2022, 193/194.

[40] VSV BW Nr. 3401-1.

[41] VSV BY Nr. 3401-1. Das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der VwGO vom 22.4.2022 (GVBl. S. 148) hat u. a. die Artikelfolge der AGVwGO geändert. Der bisherige, das fakultative Widerspruchsverfahren regelnde Art. 15 AGVwGO ist jetzt Art. 12 AGVwGO, wobei sein Wortlaut derselbe geblieben ist.

[42] Auch Drittbetroffene sind von dem fakultativen Widerspruchsverfahren nicht ausgeschlossen (Hilg, apf 2015, 89/94; Baßlsperger (Fn. 7), § 15 BeamtStG, Rn. 30). Das Einverständnis hat nach Art. 6 Abs. 2 i. V. m. Art. 49 Abs. 2, Art. 18 BayBG die Ernennungsbehörde zu erklären.