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Kreislaufwirtschaftsgesetz: Insolvenzverwalter ist nicht zwangsläufig der tatsächliche Betreiber

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§ 40 KrWG; § 36 KrW-/AbfG; § 55 InsO (Betriebsbegriff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes; abfallrechtliche Deponienachsorge; Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters)

Amtliche Leitsätze

  1. Der Insolvenzverwalter kann nur dann Betreiber der Deponie im Sinn von § 40 Abs. 1 und 2 KrWG (bzw. § 36 Abs. 2 KrW-/AbfG) sein, wenn er sie auch tatsächlich betreibt. Dies ist mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht (automatisch) der Fall, denn die Übertragung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis allein macht den Insolvenzverwalter nicht zum Deponiebetreiber. Vielmehr ist eine tatsächliche Betriebsführung erforderlich. Dabei ist unter „Betriebsführung“ auch im abfallrechtlichen Kontext regelmäßig ein Tätigwerden im eigenen Namen, für eigene Rechnung und unter eigener Verantwortung zu verstehen.
  2. Für ein „Betreiben“ im oben genannten Sinne genügt die Nichterfüllung dem Gemeinschuldner obliegender Pflichten allein nicht. Vielmehr ist ein aktives Weiterführen des Betriebes durch den Insolvenzverwalter – und sei es auch nur für eine kurze Zeit – erforderlich. Nur so kann den Insolvenzverwalter auch eine Verhaltensverantwortlichkeit treffen.
  3. Der Insolvenzverwalter rückt nicht in die Betreiberstellung ein, wenn er die Anlage nach der bloßen Besitzergreifung infolge des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis sofort stilllegt. Gleiches gilt erst recht, wenn der Betrieb bereits vor Insolvenzeröffnung durch den Schuldner eingestellt worden war.
  4. Die Betriebsphase einer Deponie umfasst nicht die Nachsorgephase, sondern endet mit dem Abschluss der Stilllegungsphase.

BayVGH, Beschluss vom 14.10.2022, 12 B 21.2051 (nicht rechtskräftig)

Zum Sachverhalt

Im vorliegenden Berufungsverfahren wendet sich der Kläger gegen seine Inanspruchnahme für Nachsorgepflichten im Hinblick auf eine von ihm als Insolvenzverwalter betreute Deponie. Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts M vom 31.03.2017 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma L (Gemeinschuldnerin) bestellt. Diese hatte in den Jahren 1971 – 1992 auf ihr nicht gehörenden Grundstücken Ablagerungen vorgenommen. Mit Bescheid vom 17.11.2014 setzte das Landratsamt U gegenüber der Gemeinschuldnerin Nachsorgepflichten unter Androhung von Zwangsgeldern fest.

Mit Bescheid vom 20.03.2018 stellte das Landratsamt U fest, dass die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der Gemeinschuldnerin zur Durchführung aller im Rahmen der abfallrechtlichen Deponienachsorge erforderlichen Maßnahmen als Masseverbindlichkeiten eingestuft werden (Ziff. 1); gleichzeitig setzte es Zwangsgelder für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus dem Bescheid vom 17.11.2014 fest.

Ein Zwangsgeld wurde angedroht für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus Ziffer 1 des Bescheids vom 17.11.2014 in Höhe von 50 000 € (Ziff. 2.), für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus Ziffer 2 des Bescheids vom 17.11.2014 in Höhe von 6000 € (Ziff. 3.), für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus Ziffer 3.2 des Bescheids vom 17.11.2014 zur Vorlage des Ergebnisberichts für den Betriebszeitraum Sommerhalbjahr 2016 in Höhe von 6000 € (Ziff. 4.) und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung aus Ziffer 3.2 des Bescheids vom 17.11.2014 zur Vorlage des halbjährlichen Ergebnisberichts für den nächsten Betriebszeitraum innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Bestandskraft dieses Bescheids in Höhe von 6000 € (Ziff. 5.).

Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage (Au 8 K 18.633) wies das Verwaltungsgericht A mit Urteil vom 02.10.2018 als unbegründet ab. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtete sich sodann der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung. Mit Beschluss des Senats vom 26.07.2021 (12 ZB 18.2385) wurde die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 02.10.2018 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugelassen.

Das Verfahren wurde sodann als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 12 B 21.2051 fortgeführt.

 

Entnommen aus den Bayerischen Verwaltungsblättern, 02/2023, S. 50.