Rechtsprechung Bayern

Rechtsprechung aus der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit

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Aus der bayerischen Rechtsprechung haben wir für Sie u. a. zusammengefasst: Einreise eines minderjährigen Flüchtlings und die Erziehungsberechtigung eines volljährigen Dritten; Entschädigungsklage aufgrund von Betriebsschließungen; Änderung eines erfüllten Gebührentatbestandes.

BayVGH: Änderung eines bereits in der Vergangenheit erfüllten Gebührentatbestands.

[1.] Ein bereits in der Vergangenheit erfüllter Gebührentatbestand kann durch Satzungsänderung nicht zu einem späteren Zeitpunkt verändert werden.

[2.] Die Unsicherheit des Gebührengläubigers über die Höhe der in die Kalkulation einzustellenden Kosten löst keinen Nacherhebungstatbestand im Zeitpunkt des Vorliegens der Kalkulation aus.

E.v. 23.06.2022, 20 N 19.775.

BayVGH: Ernsthaftigkeit der Absicht zur Erhebung einer Entschädigungsklage.

Die ernsthafte Absicht zur Erhebung einer Entschädigungsklage kann einer Antragstellerin regelmäßig nicht abgesprochen werden, die bereits einen Normenkontrollantrag gegen die Norm wegen der damit verbundenen Eingriffe erhoben hat (Anschluss an BVerwG, U.v. 19.02.2004, 7 CN 1.03) und beabsichtigt, die Entschädigungsklage vor Eintritt der Verjährung zu erheben. Betriebsschließungen aufgrund der §§ 32 Satz 1, 28 Abs. 1 IfSG i.d.F. v. 27.03.2020 unterlagen im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes einem strengen Verhältnismäßigkeitsmaßstab. Erlässt der Verordnungsgeber im Falle einer pandemischen bedrohlichen übertragbaren Krankheit mit dem Ziel, die Infektionszahlen in der breiten Bevölkerung zu verringern oder zumindest zu dämpfen, allgemeine, das öffentliche Leben in Gänze oder zumindest in weiten Teilen regulierende Schutzmaßnahmen, verpflichtet ihn Art. 3 Abs. 1 GG zu einer möglichst weitgehenden Herstellung einer Belastungsgleichheit bzw. Belastungsgerechtigkeit.

E.v. 06.10.2022, 20 N 20.794.

BayVGH: Erziehungsberechtigung eines volljährigen Dritten.

Die Erziehungsberechtigung eines volljährigen Dritten i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII setzt neben einer auch konkludent abschließbaren Vereinbarung zwischen ihm und dem Personensorgeberechtigten die tatsächliche Verantwortungsübernahme nicht nur in einzelnen Erziehungsangelegenheiten voraus. Allein die Einreise eines minderjährigen Flüchtlings in die Bundesrepublik mit einem volljährigen Verwandten vermag dessen Erziehungsberechtigung daher nicht zu begründen, mag sie auch ein Indiz für eine konkludente Vereinbarung mit dem Personensorgeberechtigten darstellen.

E.v. 14.10.2022, 12 BV 20.2080.

Entnommen aus den Bayerischen Verwaltungsblättern, 2/2023, S. III.