Gesetzgebung

Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung

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Mit dem unten vermerkten Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung vom 23.6.2023 wurden die in die Zuständigkeit des Freistaates Bayern fallenden Rahmenbedingungen des Verfahrensrechts so ausgestaltet, dass der erforderliche Ausbau des Mobilfunks, soweit überhaupt genehmigungspflichtig, zügig erfolgen kann.

Es wurde festgelegt, dass Mobilfunkmasten und Masten für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (Digitalfunk BOS) im Außenbereich keine Abstandsflächenpflicht auslösen. Das Maß der Verfahrensfreiheit für Antennen und Antennen tragende Masten wurde von 10 m auf 15 m im Innen- und Planbereich und im Außenbereich von 15 m auf 20 m angehoben. Das Aufstellen von Mobilfunkmasten, die für einen Zeitraum von maximal 24 Monaten zur Schließung von Versorgungslücken – beispielsweise als „Ersatzlösung“ bis zur Akquise eines endgültigen Standorts – aufgestellt werden, wurden verfahrensfrei. Es wurde zudem eine Genehmigungsfiktion für Mobilfunkanlagen im bauaufsichtlichen Verfahren eingeführt. Im Wesentlichen kann dem Gesetz, welches am 1.7.2023 in Kraft getreten ist, Folgendes entnommen werden:

Abstandsflächen, Abstände: Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BayBO n.F.

Durch Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BayBO n.F. wurde geregelt, dass Mobilfunkmasten und Digitalfunkmasten der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgabe (Digitalfunk BOS) im Außenbereich keine Abstandsflächen mehr einzuhalten haben. Durch diese abstandsflächenrechtliche Privilegierung wird die Errichtung von Mobilfunkmasten sowie Digitalfunkmasten und damit auch die Standortsuche der Betreiber im Außenbereich erleichtert.

Verfahrensfreie Bauvorhaben, Beseitigung von Anlagen: Art. 57 BayBO n.F.

Art. 57 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a Doppelbuchst. aa BayBO n.F. sieht vor, dass Antennen und Antennen tragende Masten bis zu einer Höhe von 15 m im Innenbereich und bis 20 m im Außenbereich verfahrensfrei sind und damit ohne Baugenehmigung errichtet werden können. Bei freistehenden Masten ist die tatsächliche Höhe ab der Oberkante des natürlichen Geländes maßgeblich. Oberer Bezugspunkt ist die Spitze des die Antenne tragenden Mastes, ohne Einbeziehung der Antenne. Ist der Mast auf einem Gebäude angebracht, berechnet sich die maßgebliche Höhe vom Schnittpunkt des Mastes mit der Dachhaut des Gebäudes.

Die Anpassung der verfahrensfreien Höhe der Masten berücksichtigt, dass moderne Mobilfunkmasten aus technischen Gründen (z.B. zum Ausbau des 5GNetzes) häufig höher sind als ältere Masten. Die Erweiterung der Verfahrensfreiheit beschleunigt den Mobilfunkausbau und verringert den Verwaltungsaufwand, da für diese Masten keine bauaufsichtliche Genehmigung mehr erforderlich ist. Die materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften müssen gleichwohl eingehalten werden und können repressiv überprüft werden. Hierunter fallen insbesondere die Anforderungen des Bauplanungsrechts im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme.

Durch die Verfahrensfreiheit unberührt bleibt zudem die Verpflichtung der Mobilfunkbetreiber aus § 7a der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und dem Mobilfunkpakt, die Gemeinden zu beteiligen und die Ergebnisse der Beteiligung zu berücksichtigen. Art. 57 Abs. 3 BayBO wurde neugefasst und erweitert. Die bisherige Regelung betreffend „luftrechtlich zugelassenen Flugplätzen dienende Anlagen“ wird nunmehr in Art. 57 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2 BayBO n.F. geregelt, bleibt aber inhaltlich unverändert. In Art 57 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. den Sätzen 3 und 4 BayBO n.F. wird die verfahrensfreie Aufstellung von Mobilfunkmasten für 24 Monate ermöglicht, wenn sie der Schließung einer Versorgungslücke dienen. Die Mobilfunkbetreiber sind ihrem Versorgungsauftrag verpflichtet und daher auf die Nutzung temporärer Anlagen angewiesen. Die Regelung bietet den Mobilfunkbetreibern eine schnelle Lösung für die temporäre Schließung von Versorgungslücken, die z.B. durch weggefallene Standorte entstehen, bis ein endgültiger Standort gefunden wird. Nach der Gesetzessystematik sind auch Mobilfunkmasten, die nur temporär aufgestellt werden und eine Höhe von 15 m im Innenbereich bzw. 20 m im Außenbereich nicht überschreiten, bereits nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a Doppelbuchst. aa BayBO n.F. verfahrensfrei. Überschreitet ein temporär aufgestellter Mast die Höhenmaße, kommt eine Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayBO n.F. in Betracht. Die Verfahrensfreiheit gilt auch für Sonderbauten (ab 30 m Höhe, Art. 2 Abs. 4 Nr. 2 BayBO).

Der Verweis in Art. 57 Abs. 3 Satz 3 BayBO n.F. auf bestimmte Regelungen der Art. 61 bis 62b BayBO führt zunächst dazu, dass trotz der Verfahrensfreiheit bau-technische Nachweise (insb. Standsicherheits- und Brandschutznachweis) erforderlich sind. Durch die Nichtverweisung auf Art. 62b Abs. 2 BayBO muss der Brandschutznachweis aber nicht geprüft oder bescheinigt werden. Bei den fraglichen Mobilfunkmasten werden sich die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den Brandschutz in der Regel auf die Brandverhaltensklasse der Baustoffe (Art. 24Abs. 1 Satz 2 BayBO) und die Möglichkeit zur Durchführung wirksamer Löscharbeiten (Art. 12 BayBO) beschränken, weshalb eine regelmäßige präventive Prüfung entbehrlich erscheint. Beim Standsicherheitsnachweis gilt hingegen abhängig von den Voraussetzungen des Art. 62a Abs. 2 Satz 1 und 3 BayBOdas sog. Vier-Augen-Prinzip.

Allerdings wird dieses aufgrund der Nichtverweisung auf Art. 62a Abs. 2 Satz 2 BayBO dahingehendmodifiziert, dass der Standsicherheitsnachweis regelmäßig von einem vom Bauherrn zu beauftragenden Prüfsachverständigen zu bescheinigen ist. Die sonst bei Sonderbauten erforderliche Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde bzw. einen von der Bauaufsichtsbehörde zu beauftragenden Prüfingenieur oder ein Prüfamt entfällt, weil diese aufgrund der Verfahrensfreiheit zunächst noch nicht involviert sind. Die Anzeige mindestens zwei Wochen vor der Aufstellung versetzt die Bauaufsichtsbehörde in die Lage, erforderlichenfalls Anforderungen zur Abwehr von konkreten Gefahren oder Nachteilen nach Art. 54 Abs. 3 Satz 1 BayBO zu stellen. Die materiell öffentlich-rechtlichen Vorschriften müssen jedoch eingehalten werden. Der Mobilfunkbetreiber muss der Bauaufsichtsbehörde im Zweifel das Bestehen der Versorgungslücke darlegen.

Die Aufstelldauer von 24 Monaten berücksichtigt, dass sich die Standortakquise durch die Mobilfunkbetreiber häufig als zeitaufwendig erweist. Ist nach der Aufstellung des temporären Mobilfunkmastes absehbar, dass dieser die zulässige Aufstelldauer von 24Monaten überschreitet und bedarf er der Baugenehmigung, ist der Bauantrag so rechtzeitig einzureichen, dass vor Ablauf der 24 Monate eine Baugenehmigung vorliegt. Liegt eine ggf. erforderliche Baugenehmigung nach Ablauf nicht vor, ist der temporäre Mast abzubauen. Die vorgesehene Begrenzung des Brutto-Rauminhalts der zugehörigen Versorgungseinheiten bis zu 10m³ knüpft an die Regelung des Art. 57 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a Doppelbuchst. bb BayBO n.F. an. Die Regelung dient zudem der Rechtssicherheit, da es nun für die Frage der Genehmigungsfreiheit nicht mehr darauf ankommt, ob die temporären Masten als fliegende Bauten gemäß Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayBO zu qualifizieren sind. In diesem Fall war ein Aufstellen ohne Baugenehmigung für höchstens drei Monate zulässig.

Entnommen aus FStBy 20/2023 Rn.229.