Gesetzgebung

Angemessene Vergütung i.S.d. § 77 Abs. 2 VgV für die Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen für die gestellte Planungsaufgabe?

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Mit diesem praxisrelevanten Thema befasste sich die Vergabekammer Südbayern (VK) im unten vermerkten bestandskräftigen Beschluss vom 21.3.2022. Streitig ist, ob die von der Antragsgegnerin (Vergabestelle) festgesetzten 20.000 Euro Vergütung für mit dem Angebot vorzulegende Lösungsvorschläge für jeden Bewerber angesichts der umfangreichen zu erbringenden Planungsleistungen eine angemessene Vergütung i.S.d. § 77 Abs. 2 VgV darstellen. Die Antragstellerin hat hierzu ein Gutachten erstellen lassen, das ein Honorar von ca. 129.000 Euro nach HOAI für die Leistungen zur Erstellung der Lösungsvorschläge annimmt. Dem Beschluss entnehmen wir:

Überprüfbarkeit der Angemessenheit der Vergütung nach § 77 Abs. 2 VgV im Nachprüfungsverfahren

„Die Überprüfung der Angemessenheit einer Vergütung nach § 77 Abs. 2 VgV kann zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden. Die Nachprüfungsinstanzen haben dabei lediglich zu prüfen, ob die festgesetzte Entschädigung angemessen im Sinne des § 77 Abs. 2 VgV ist. Sie sind hingegen nicht befugt, durch Festsetzung einer von ihnen für angemessen erachteten Entschädigung anstelle des Auftraggebers auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einzuwirken. Das wäre schon deshalb nicht statthaft, weil die vergaberechtlichen Abhilfemöglichkeiten nicht auf eine Anhebung der Entschädigung reduziert sind. Vielmehr kann der Auftraggeber, wenn sich im Nachprüfungsverfahren herausstellt, dass er eine unangemessen niedrige Entschädigung festgesetzt hat, ebenso gut bei gleichbleibender Entschädigung Abstriche bei den über die Ausarbeitung des Angebots geforderten Unterlagen vornehmen (vgl. BGH, Urteil vom 19.4.20161) – X ZR 77/14 Rn. 34 f. zur verwandten Problematik des § 13 Abs. 3 VOF bzw. § 20 Abs. 3 VOF a.F. explizit auch im Hinblick auf die heute geltende Rechtslage).“

Forderung von „Lösungsvorschlägen“ als Teil des Angebots

„Die Antragsgegnerin hat im streitgegenständlichen Vergabeverfahren die Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen im Sinne des § 77 Abs. 2 VgV verlangt. Im vorliegenden Verfahren ist zwischen den Parteien unstrittig, dass trotz der taktisch gewählten, irreführenden Bezeichnung der geforderten Planungsleistungen als ,Ideenskizzen‘ Lösungsvorschläge i.S.d. § 77 Abs. 2 VgV für die gestellte Planungsaufgabe in Form von Entwürfen, Plänen, Zeichnungen, Berechnungen oder anderen Unterlagen im Rahmen der Angebotsphase zu erbringen waren. Wären die geforderten Leistungen im Rahmen eines bereits abgeschlossen Architekten- bzw. Ingenieurvertrags und nicht – wie hier – als Teil des Angebots im Vergabeverfahren zu erbringen gewesen, würden sie erhebliche Teile der Lph 1 und 2 der jeweiligen Leistungsbilder der HOAI umfassen. Dass auch der Antragsgegner diese Auffassung teilt, ergibt sich schon aus der Stellungnahme ,Ideenskizzen im Lichte des § 77 VgV‘ der … Rechtsanwälte, die Bestandteil der Vergabedokumentation ist. Anders ist dies nur für die Ideenskizze ,Projektorganisation und -ablauf, Effektivität, Kosten/Bauzeit‘ zu betrachten, die inhaltlich keine Lösungsvorschläge für die gestellte Planungsaufgabe betrifft.“

Anspruchsgrundlage für die Forderung einer angemessenen Vergütung

„Verlangt der Auftraggeber … Lösungsvorschläge, hat er nach § 77 Abs. 2 VgV einheitlich für alle Bewerber eine angemessene Vergütung festzusetzen. Zur Festsetzung einer angemessenen Vergütung ist der öffentliche Auftraggeber gem. § 77 Abs. 2 VgV vergaberechtlich verpflichtet. Der BGH hat in seinem Urteil vom 19.4.2016 – X ZR 77/14 klargestellt, dass Rechtsgrundlage für die Vergütungsforderung eines Architekten für im Vergabeverfahren erbrachte Planungsleistungen nur die Festsetzung einer angemessenen Vergütung durch den Auftraggeber darstellen kann, da es an einem bereits geschlossenen Architektenvertrag fehlt.“

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Den vollständigen Beitrag lesen Sie in Fundstelle Bayern Heft 21/2023, Rn. 249.