Rechtsprechung Bayern

Beschränkung der Widmung öffentlicher Veranstaltungsplätze

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Mit der Frage, ob eine solche Beschränkung rechtlich zulässig ist, haben sich das Verwaltungsgericht München (VG) im unten vermerkten Beschluss vom 3.5.2023 und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) im ebenfalls unten vermerkten Beschluss vom 25.5.2023 befasst.

Der Antragsteller, ein Zirkusunternehmen, bewarb sich bei der Stadt (Antragsgegnerin) im Januar 2023 um ein Gastspiel in dem Zeitraum Mai/Juni 2023. Der Bewerbung war u.a. eine tierschutzrechtliche Erlaubnis des Landratsamts beigefügt, in der als zugelassene Tierarten unter anderem vier rote Riesenkängurus, sechs Großkamele und zwei Zebras aufgeführt waren. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag im März 2023 mit Verweis auf die in einem Stadtratsbeschluss 2017 gefasste Beschränkung der Widmung ab.

Im April 2023 beantragte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Antragsgegnerin sei nicht berechtigt, das Mitführen von Tieren beliebiger Art auf Grundlage des Stadtratsbeschlusses zu unterbinden. Die Weigerung der Antragsgegnerin, dem Antragsteller die Flächen einschränkungslos, also ohne Beschränkung hinsichtlich der mitgeführten Tiere, zur Verfügung zu stellen, stelle einen Eingriff in die Rechte des Antragstellers dar. Der Antragsteller verfüge über eine tierschutzrechtliche Erlaubnis gemäß § 11 TierSchG, sodass er berechtigt sei, bundesweit diskriminierungsfrei öffentliche Einrichtungen wie jeder andere in Anspruch zu nehmen. Eine kommunalrechtliche Einschränkung der legitimen Nutzung, die durch die tierschutzrechtliche Erlaubnis gemäß § 11 TierSchG nach Bundesrecht eröffnet werde, scheide mangels Regelungskompetenz der Kommune aus. Darüber hinaus liege mit der Weigerung der Zurverfügungstellung öffentlich gewidmeter Flächen ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit vor.

Das VG lehnte den Antrag ab. Seinem Beschluss ist Folgendes zu entnehmen:

Bei der Ausgestaltung einer öffentlichen Einrichtung kommt der Gemeinde grundsätzlich eine Gestaltungsprärogative zu

„Modifikationen der inhaltlichen Ausgestaltung der öffentlichen Einrichtung sind gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar; derartige Regelungen müssen sich durch den Einrichtungszweck vernünftigerweise rechtfertigen lassen und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27.2.2003 – 4 CE 03.269 – juris Rn 12 m.w.N.). Wenn dies der Fall ist, kann die Widmung sowohl in persönlicher, als auch in sachlicher Hinsicht eingeschränkt werden … Auch eine nachträgliche Änderung der Widmung, insbesondere die Einschränkung einer früheren großzügigeren Verwaltungsübung, ist grundsätzlich zulässig und kann ebenfalls durch konkludentes Verhalten erfolgen, wenn ab einem gewissen Zeitpunkt allgemein so verfahren und nicht nur in Einzelfällen willkürlich von der bisherigen Praxis abgewichen wird …“

Die Beschränkung der Widmung darf nicht willkürlich sein

„Die streitgegenständliche Beschränkung der Widmung der in Rede stehenden Festplätze auf Zirkusse, die keine Wildtiere mitführen und/oder zur Schau stellen, wurde vom Stadtrat der Antragsgegnerin bereits … 2017 beschlossen und ist damit weit vor der Bewerbung des Antragstellers … 2023 um ein Gastspiel erfolgt. Es bestehen damit keine Anhaltspunkte, dass es sich um eine willkürliche Einzelfallentscheidung zulasten des Antragstellers gehandelt hätte.“

Benutzungsregelungen für öffentliche Einrichtungen sind regelmäßig Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft

„Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 1 Abs. 2 Satz 2 BV, Art. 83 Abs. 1 BV, Art. 7 Abs. 1, 57 GO ist das Bestehen der Verbandskompetenz anzunehmen, wenn es sich um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises handelt. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder zu ihnen einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen; auf die Verwaltungskraft der Gemeinde kommt es hierfür nicht an. Es liegt auf der Hand, dass diese Angelegenheiten keinen ein für allemal feststehenden Aufgabenkreis bilden; ebenso ist deutlich, dass dieser auch nicht für alle Gemeinden unerachtet etwa ihrer Einwohnerzahl, flächenmäßigen Ausdehnung und Struktur gleich sein kann …

Bei Benutzungsregelungen für öffentliche Einrichtungen dürfte es sich regelmäßig um Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft handeln, da der spezifische Ortsbezug vorhanden ist. Dies ergibt sich zum einen aus einer systematischen Gesamtschau von Art. 23 Satz 1 und Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 GO …, zum anderen gestaltet die Gemeinde durch die Regelungen zur Benutzung ihre Einrichtung nach ihren Zwecken – wie vorliegend entsprechend dem in dem Antrag des Jugendbeirats und dem hierauf folgenden Stadtratsbeschluss zum Ausdruck kommenden Willen der Bevölkerung, Zirkusse mit Wildtieren künftig nicht mehr zuzulassen – in Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgabe näher aus (vgl. Gottschalk, NVwZ 2019, 1728/ 1731). Dass vorliegend die Antragsgegnerin – wie es Nr. 1 des Stadtratsbeschlusses … entnommen werden kann – zugleich das Ziel des Tierschutzes verfolgt, steht dem nicht entgegen. Denn die Gemeinden dürfen bei der Wahrnehmung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben auch überörtliche (Neben-)Ziele verfolgen, wenn diese in einem objektiven Zusammenhang mit der jeweiligen kommunalen Aufgabe stehen und als deren konkretisierende Ausgestaltung verstanden werden können (vgl. BayVGH, Urteil vom 16.6.20211 – 4 B 20.3008 – juris LS 1, Rn. 25). Ein solcher Zusammenhang dürfte vorliegend gegeben sein, da die grundsätzliche Widmung der Festplätze für Zirkusse überwiegend dem Zweck der Unterhaltung der örtlichen Bevölkerung dient und die Antragsgegnerin mit der streitgegenständlichen Widmungsbeschränkung lediglich dem Wunsch der örtlichen Bevölkerung nach dem Inhalt des Unterhaltungsangebots – nämlich einer Zulassung nur von Zirkussen ohne Wildtiere – Rechnung getragen hat.“

[…]

Den vollständigen Beitrag entnehmen Sie der Fundstelle Bayern Heft 22/2023 Rn. 251.