Rechtsprechung Bayern

Niederschlagswasserbeseitigung als abwägungsrelevanter Belang

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Amtliche Leitsätze:

1. Ein Verstoß gegen Art. 26 Abs. 2 GO liegt vor, wenn eine Planfassung eines Bebauungsplans ausgefertigt wird, die inhaltlich nicht mit der vom Satzungsbeschluss umfassten Planfassung übereinstimmt.

2. Eine Bekanntmachung ist fehlerhaft, wenn eine gemeindliche Satzung verkündet wird, die inhaltlich nicht vom Satzungsbeschluss gedeckt ist und so nicht vom Gemeinderat beschlossen wurde.

BayVGH, Urteil vom 26.09.2022, 15 N 21.3023 (rechtskräftig)

Zum Sachverhalt:

Die Antragsteller wenden sich gegen den im beschleunigten Verfahren gemäß § 13b BauGB aufgestellten und am 2. August 2021 erneut bekannt gemachten Bebauungsplan mit integrierter Grünordnung Baugebiet „B“ der Antragsgegnerin.

Die Antragsteller sind (in Gütergemeinschaft) Eigentümer der nordwestlich außerhalb des Geltungsbereichs des streitgegenständlichen Bebauungsplans gelegenen Grundstücke Flurnummern 1 und 2 der Gemarkung B (im Folgenden genannte Flurnummern betreffen dieselbe Gemarkung) mit insgesamt sechs Fischteichen, für deren Anlage/Nutzung dem Antragsteller zu 1 wasserrechtliche Gestattungen des Landratsamts Regensburg erteilt wurden (Plangenehmigung vom 18. Juni 1993, Änderungsbescheide vom 10. Juli 1997 und vom 4. Mai 2012).

Der streitgegenständliche Bebauungsplan setzt am nördlichen Ortsrand des zentralen Bereichs des Hauptortsteils der Antragsgegnerin ein allgemeines Wohngebiet mit Einzelhäusern in offener Bauweise fest, das durch eine „Perlschnur“-Festsetzung in ein nördliches Teilgebiet 1 und ein südliches Teilgebiet 2 aufgeteilt ist. Gestaltungsfestsetzungen und Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung sehen für Gebäude unterschiedliche Variationen von Bautypen mit differierenden maximalen Wand- und Firsthöhen vor.

Die Antragsteller erhoben im Verfahrensabschnitt der Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB mit Schreiben vom 25. August 2020 diverse Einwendungen, wobei sie auf ihre Betroffenheit insbesondere bei Starkregenereignissen als Unterlieger mit Blick auf ihre Fischteiche und ihr privates Verrohrungssystem hinwiesen.

In seiner Sitzung am 9. Dezember 2020 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin sodann den Bebauungs- und Grünordnungsplan „B“ in der „Fassung vom 11.11.2020 als Satzung“. Im Planungsordner befindet sich eine vom Ersten Bürgermeister am 16. Dezember 2020 unterschriebene Bekanntmachungsverfügung, auf deren Rückseite mit Unterschrift eines Gemeindemitarbeiters oder einer Gemeindemitarbeiterin vom 16. Dezember 2020 die ortsübliche Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses durch Amtstafelanschlag für den folgenden Tag (17.12.2020) bestätigt wird. Im unmittelbaren Anschluss ist im Planungsordner eine vom Ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin am 16. Dezember 2020 ausgefertigte Fassung des Bebauungsplans mit der Angabe „Planfassung 11.11.2020“ (mit angegebenen Wandhöhen von 6,75 m beziehungsweise 9,375 m) abgeheftet. Diese enthält auf der ersten Seite der Ringheftung ohne Datumsangabe und Angabe der korrigierenden Person den – offensichtlich nachträglich – handschriftlich ausgebrachten Vermerk in roter Schrift „UNGÜLTIG – falsche Höhenangaben –“.

Mit E-Mail vom 25. Januar 2021 teilte das beauftragte Planungsbüro der Antragsgegnerin mit, dass „soeben im Bebauungsplan ein Fehler aufgefallen sei“; im Planteil seien die Wandhöhen falsch dargestellt. Mit Schreiben vom 28. Januar 2021 übermittelte das Ingenieurbüro der Antragsgegnerin eine neue Fassung des Bebauungsplans („Planfassung 27.01.2021“) mit angegebenen festgesetzten Wandhöhen von 4,50 m und 6,25 m. Es habe sich „in der Beschlussfassung im Planteil ein redaktioneller Fehler eingeschlichen“. Die Wandhöhen seien falsch dargestellt gewesen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange sei aber mit den richtigen Wandhöhen erfolgt. Die Wandhöhen seien im Planteil nun wieder auf 4,50 m beziehungsweise 6,25 m korrigiert worden. Diese neue Planfassung wurde vom Ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin unter dem 1. Februar 2021 erneut ausgefertigt. Dieses ausgefertigte Exemplar („Planfassung 27.01.2021“) mit Unterschrift des Ersten Bürgermeisters enthält den Hinweis, dass der Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan bereits am 17. Dezember 2020 ortsüblich bekannt gemacht worden sei. Auf der ersten Seite der Ringheftung dieser ausgefertigten Fassung des Bebauungsplans ist ebenfalls ohne Datumsangabe und ohne Angabe der korrigierenden Person handschriftlich in roter Schrift vermerkt: „– UNGÜLTIG –“.

Im Anschluss wurde eine erneute Fassung des Bebauungsplans erstellt, bei der die festgesetzten Wandhöhen laut Nr. 6 der planlichen Festsetzungen mit 4,50 m und 6,25 m angegeben sind und die auf der ersten (= Eingangs-)Seite der Ringheftung des Bebauungsplans das Fassungsdatum „11.11.2020“ trägt. Diese Fassung des Bebauungsplans wurde unter dem 30. Juli 2021 vom Ersten Bürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt, wobei der Ausfertigungsvermerk folgenden Zusatztext enthält: „Aufgrund redaktioneller Druckfehler nach dem Satzungsbeschluss wurde der Bebauungs- und Grünordnungsplan in der Fassung vom 11.11.2020 korrigiert und neu ausgefertigt“. Am 2. August 2021 wurde der Satzungsbeschluss vom 9. Dezember 2020 erneut bekannt gemacht. Der Bekanntmachungstext enthält ebenfalls die Erklärung, dass der Bebauungsplan „in der Fassung vom 11.11.2020“ aufgrund „redaktioneller Druckfehler nach dem Satzungsbeschluss (…) korrigiert und neu ausgefertigt“ worden sei. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 214 Abs. 4 BauGB solle der Bebauungsplan mit der erneuten Bekanntmachung „rückwirkend zum 17. Dezember 2020 in Kraft“ treten.

Mit ihrem am 8. Dezember 2021 erhobenen Normenkontrollantrag machen die Antragsteller unter ergänzendem Verweis auf ein Rügeschreiben ihrer Bevollmächtigten an die Antragsgegnerin vom 14. September 2021 die Unwirksamkeit des Bebauungsplans geltend.

[…]

Den vollständigen Beitrag entnehmen Sie den Bayerischen Verwaltungsblättern Heft 22/2023, S. 773 ff.