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Klage gegen Flurbereinigungsplan

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Amtliche Leitsätze:

1. Ein vom Vorstand der Teilnehmergemeinschaft vor Beschluss über die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung beschlossener Flurbereinigungsplan ist materiell rechtswidrig.

2. Das Flurbereinigungsgericht ist nach § 144 Satz 1 FlurbG befugt und aufgrund des flurbereinigungsrechtlichen Beschleunigungsgebots gehalten, durch erneuten Beschluss des Flurbereinigungsplans auf Grundlage der festgestellten Ergebnisse der Wertermittlung einen den Vorgaben des § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG genügenden rechtlichen Zustand herbeizuführen.

BayVGH, Urteil vom 29.06.2023, 13 A 20.1633 (rechtskräftig)

Zum Sachverhalt:

Der Kläger ist mit einer Einlagefläche von insgesamt 19,6759 ha Teilnehmer des am 20. Juni 2005 nach §§ 1, 4 und 37 FlurbG angeordneten Verfahrens Flurneuordnung und Dorferneuerung M.-P. Er wurde durch Eintragung im Grundbuch am 30. Mai 2016 Eigentümer des Besitzstandes Grundbuchblatt 3…7/6…7 (im Folgenden Besitzstand 3…7/6…7) mit einer Einlagefläche von 17,3593 ha. Dieser Besitzstand ist Gegenstand des Klageverfahrens 13 A 20.1633. Zudem ist er seit 13. August 2020 als Rechtsnachfolger seiner Mutter auch Eigentümer des Besitzstandes Grundbuchblatt 3297/694 (im Folgenden Besitzstand 3297/694) mit einer Einlagefläche von 2,3166 ha. Dieser Besitzstand ist Gegenstand des Klageverfahrens 13 A 20.1801. Weiterer Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens ist der Vater des Klägers, dessen Besitzstand jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Klageverfahren ist. Alle drei Besitzstände werden gemeinsam bewirtschaftet. Der Kläger wendet sich in beiden vorliegenden Klageverfahren gegen den Flurbereinigungsplan Teil I.

In seiner Sitzung vom 1./2. April 2008 beschloss der Vorstand der Beklagten, der Teilnehmergemeinschaft M.-P. (TG), die Grundsätze der Wertermittlung und ergänzte diese am 20. April 2011. Nach Durchführung der Wertermittlung wurden den Teilnehmern am 29. Februar 2012 im Rahmen einer Teilnehmerversammlung die Ergebnisse der Wertermittlung nach § 32 Satz 1 FlurbG i. V. m. Art. 9 Satz 1 Gesetz zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes (AGFlurbG) bekannt gegeben und anschließend zwei Wochen zur Einsichtnahme für die Beteiligten ausgelegt. Nach erfolgter Nachschätzung erfolgte im Vorstand der Beklagten am 31. Mai 2012 ein Beschluss zur Behebung begründeter Einwendungen.

Am 11. Juni 2013 beschloss der Vorstand der Beklagten den Flurbereinigungsplan Teil l. Am 8. Oktober 2013 beschloss er sodann die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung nach § 32 Satz 3 FlurbG, Art. 9 Satz 3 AGFlurbG. Das Amt für Ländliche Entwicklung M (ALE) ordnete für das Verfahren mit Wirkung zum 4. November 2013 die vorläufige Besitzeinweisung an.

Ab dem 24. Februar 2014 wurden die festgestellten Ergebnisse der Wertermittlung einen Monat lang im Markt E öffentlich bekanntgegeben. Für beide hier streitgegenständlichen Besitzstände wurde mit Schreiben vom 19. März 2014 Widerspruch gegen die Feststellung der Wertermittlungsergebnisse eingelegt. Hinsichtlich des Besitzstands 3…7/6…7 wurde der Widerspruch gegen die Feststellung der Wertermittlungsergebnisse mit Widerspruchsbescheid des Spruchausschusses beim ALE vom 17. Juni 2020 vollständig zurückgewiesen. Beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof – Flurbereinigungsgericht – war hierzu ein Klageverfahren unter dem Aktenzeichen 13 A 20.1634 anhängig, zu dem am heutigen Tag ein Urteil ergangen ist (BayVBl. 2023, 808). In Bezug auf den Besitzstand 3297/694 wurde dem Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2020 teilweise stattgegeben, indem der Wert des nicht wieder zugeteilten Einlageflurstücks 99 um 374 Wertverhältniszahlen (WVZ) erhöht wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Ein bei Gericht unter dem Aktenzeichen 13 A 20.1800 anhängiges Klageverfahren wurde am 26. April 2022 nach Klagerücknahme eingestellt.

Die Bekanntgabe des vom Vorstand der Beklagten am 11. Juni 2013 beschlossenen Flurbereinigungsplans Teil I erfolgte am 10. März 2014, der Anhörungstermin fand am 10. April 2014 statt.

Mit Schreiben des Bevollmächtigten vom22.April 2014 wurde für beide streitgegenständlichen Besitzstände Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan Teil I erhoben. Der Vorstand der Beklagten behandelte die Widersprüche in der Sitzung vom 26. November 2014 und beschloss, dass eine Änderung der Zuteilung nicht veranlasst sei. Der Vorstandsbeschluss wurde dem Bevollmächtigten am 17. Dezember 2014 bekanntgegeben. Dieser erhielt den Widerspruch aufrecht. Am 22. November 2016 fand eine Abhilfeverhandlung beim ALE statt, in der die Sachverhalte mit der Klagepartei erörtert wurden. Zu einer Einigung kam es nicht, weil der Vorstand der Beklagten der vorgesehenen Änderung nicht zustimmte.

Mit Schreiben des Klägers vom 7. April 2017 und 22. Mai 2017 sowie Schreiben des Bevollmächtigten vom 20. Juni 2017 und 12. Juli 2017 wurden die Widersprüche gegen den Flurbereinigungsplan Teil l mit Ausführungen zu den einzelnen Abfindungsflurstücken weiter ergänzt und konkretisiert.

Am 21. Mai 2019 führte der Spruchausschuss beim ALE eine Ortsbesichtigung durch und unterbreitete mit Schreiben vom 27. Mai 2019 Vorschläge zur Erledigung der Widersprüche. Zu einer Einigung kam es in der Folge jedoch nicht.

Mit Widerspruchsbescheid des Spruchausschusses am ALE vom 17. Juni 2020, dem Kläger zugestellt am 3. Juli 2020, wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Flurbereinigungsplan Teil l hinsichtlich des Besitzstands 3…7/6…7 zurückgewiesen.

In Bezug auf den Besitzstand 3297/694 wurde der Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan Teil l mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2020, zugestellt am 25. Juli 2020 als unzulässig abgewiesen.

Für den Besitzstand 3…7/6…7 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 8. Juli 2020, bei Gericht eingegangen am 16. Juli 2020, Klage erhoben (Az. 13 A 20.1633).

Für den Besitzstand 3297/694 wurde mit Eingang bei Gericht am 6. August 2020 Klage gegen den Flurbereinigungsplan Teil I erhoben (13 A 20.1801).

[…]

Den vollständigen Beitrag entnehmen Sie den Bayerischen Verwaltungsblättern Heft 8/2024, S. 274 ff.