Art. 34 GG; § 40 VwGO; § 17a GVG; § 839 BGB (Akteneinsicht; Vorbereitung einer zivilrechtlichen Schadensersatzklage aus Amtshaftung; Verweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit)
Nichtamtliche Leitsätze:
Für einen Amtshaftungsanspruch (Art. 34 Satz 1 und 3 GG, § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Dies gilt auch für Ansprüche, die eine Klage auf Schadensersatz aus Amtshaftung vorbereiten sollen, wie etwa ein Auskunftsanspruch, mit dem sich der Geschädigte Gewissheit über das Ausmaß des erlittenen Schadens verschaffen will. Dasselbe gilt auch für andere Hilfs- oder Nebenansprüche eines auf Geldersatz gerichteten Amtshaftungsanspruchs (hier: Akteneinsicht).
VG Bayreuth, Beschluss vom 12.09.2023, B 3 K 23.631 (rechtskräftig)
Zum Sachverhalt:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Akteneinsicht in im Einzelnen aufgeführte Akten des Beklagten.
Der Kläger trägt vor, Opfer von Missbrauch durch einen seinerzeit in den Diensten des beklagten Erzbistums stehenden Pfarrer gewesen zu sein.
Im Rahmen der vorliegenden Klage und des gestellten Antrags im einstweiligen Rechtsschutz (B 3 E 23.629) beantragt der Kläger sinngemäß, dem Beklagten gegenüber anzuordnen, dem Kläger und seinem anwaltlichen Vertreter oder auch nur dem anwaltlichen Vertreter Einsicht in folgende Akten zu geben:
- alle Akten mit dem Inhalt sexueller Missbrauch durch den Pfarrer P
- Personalakten des Pfarrers P, derzeit wohnhaft in S
- die Akten zu dem vom Beklagten gegen P geführten kanonischen Strafverfahren
Zur Begründung führt die Klägerseite aus, der Beklagte weigere sich, dem Kläger beziehungsweise seinem Bevollmächtigten Einsicht in die genannten Akten zu geben. Die Akteneinsicht sei notwendig, um ein Verfahren auf Schadensersatz nach § 839 BGB, Art. 34 GG vorzubereiten, das der Kläger anstrebe und führen müsse, weil auf andere Weise mit dem beklagten Erzbistum keine Verständigung über eine Entschädigung für den Missbrauch möglich sei. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei geboten, weil bei Durchführung eines normalen Verwaltungsgerichtsverfahrens erfahrungsgemäß Zeit verginge, während der der Kläger das zivilrechtliche Verfahren nicht beginnen könne. Es sei zu vermuten, dass der Beklagte sich mit Nichtwissen verteidige. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wisse jedoch aus Gesprächen mit dem Beklagten, dass der Pfarrer P bei dem Erzbistum kein unbeschriebenes Blatt, sondern vielmehr ein bekannter Missbrauchstäter gewesen sei.
In einer derart sensiblen Angelegenheit wolle der Prozessbevollmächtigte keine zivilrechtliche Klage erheben, in der er sich zum Beweis auf die Vorlage von Dokumenten durch die Beklagtenseite nach § 421 ZPO beziehen müsse. Das Urteil des Landgerichts Köln vom 13. Juni 2023 – auf das der Klägerbevollmächtigte auch an anderer Stelle Bezug nimmt und das er der Klage- und Antragsschrift als Anlage 1 beigefügt hat – zeige deutlich, dass dann die Gefahr unsubstanziierten Vortrags bestehe, die er nicht eingehen wolle. Vorsorglich werde eine Klage erhoben, falls das Gericht die Eilbedürftigkeit nicht bejahen sollte.
Mit Schreiben des Gerichts vom 23. August 2023 wurde unter Darlegung der vorläufigen Rechtsauffassung der Kammer auf die in Betracht kommende Rechtswegzuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit hingewiesen und bezüglich einer Verweisung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Beitrag entnommen aus Bayerische Verwaltungsblätter 13/2024, S. 462.