Gesetzgebung

StMJ: Bayerns Justizminister berichtet im Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen zum sog. Schwabinger Kunstfund

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Bausback: “ Rechtspolitische Konsequenzen ziehen, Provenienzrecherche auf breiter Basis betreiben!“

Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback hat heute im Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen des Bayerischen Landtags zum sog. Schwabinger Kunstfund berichtet.

Zu Kritik daran, dass der Kunstfund von der Staatsanwaltschaft nicht schon früher veröffentlicht wurde, erinnert der Minister an den Ausgangspunkt des Kunstfundes – eine strafprozessuale Zwangsmaßnahme im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens:

„Dieses Verfahren ist aus gutem Grund nicht öffentlich!“

Grund für die bisherige Nichtveröffentlichung seien für die Staatsanwaltschaft vor allem kriminaltaktische Erwägungen, das Steuergeheimnis, die Unschuldsvermutung, die zivilrechtliche Eigentumsvermutung zugunsten des Beschuldigten und der Aspekt der Sicherheit der wertvollen Sammlung gewesen.

Bausback sichert zu: „Als Justizminister werde ich alles tun, um auf die Einhaltung der strafprozessualen Verfahrensrechte, die jedem Beschuldigten zustehen, zu achten, und die Klärung der Herkunft der Bilder auch als Grundlage der öffentlich- und zivilrechtlichen Restitution zu ermöglichen.“

Die Ermittlungen berührten die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte und offenbarten nicht – oder jedenfalls nicht hinreichend – aufgearbeitetes NS-Unrecht. An der Aufdeckung möglichen NS-Unrechts hätten die Bundesrepublik Deutschland aber auch mögliche Opfer ein berechtigtes Interesse. Dies müsse und werde mit höchster Sorgfalt und Transparenz geschehen.

Der Minister räumt dabei unumwunden ein: „Aus heutiger Sicht ist zu kritisieren, dass die beteiligten Stellen des Bundes und des Freistaates – und damit meine ich auch mein Haus – nicht früher und nachhaltiger darauf hingewirkt haben, dass die Sachverständige mehr Manpower zur schnelleren Aufklärung erhält.“

Bausback weiter: „Ich persönlich habe erstmals durch die Medienberichterstattung von diesem Fall erfahren. Und für mich war sofort klar: Die Provenienzrecherche muss auf breiter Basis betrieben werden, da sie nicht nur für das Strafverfahren, sondern vor allem für mögliche zivilrechtliche Restitutionen von entscheidender Bedeutung ist. Deswegen habe ich veranlasst, dass mein Haus eine Bund-Land-Besprechung durchführt mit unserem Wissenschaftsministerium, dem Bundesfinanzministerium, dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Koordinierungsstelle Magdeburg.“

Bei dieser Besprechung im Münchner Justizpalast sei ein Maßnahmenkatalog vereinbart worden. Neben der sicheren Verwahrung in staatlicher Obhut gehe es darin vor allem darum, gemeinsam eine qualifizierte Task Force von mindestens sechs Expertinnen und Experten für Provenienzrecherche unter Leitung von Frau Dr. Berggreen-Merkel einzurichten.

Der Minister weiter: „Angesichts der erkennbaren historischen Ungerechtigkeiten, insbesondere der Frage der zivilrechtlichen Verjährung, war es für mich weiter wichtig, dass die rechtspolitischen Konsequenzen geprüft und notwendige Reformvorschläge aufgezeigt werden.“

Der Schwabinger Kunstfund habe ein Problem ans Tageslicht gebracht, dass in den Jahrzehnten nach dem Ende des NS-Unrechtsstaates vom Bundesgesetzgeber nicht zufriedenstellend angepackt und generell nicht gelöst wurde.

„Mit der Beschlagnahme dieser großen Sammlung, stellen sich jetzt genau diese Fragen mit voller Wucht – und ganz konkret“, so der Justizminister heute im Landtag.

Laut Bausback gebe es nur zwei Wege, Opfer des Nationalsozialismus zu ihrem Eigentümerrecht kommen zu lassen:

„Der erste Weg wäre: Der Bundesgesetzgeber beseitigt die Einrede der Verjährung gegen zweifelhafte Vermögensübertragungen in der NS-Zeit – wie es die Justizministerkonferenz bereits im Juni 2002 gefordert hatte. Nach meiner festen Überzeugung ist es ein wichtiges politisches Signal, dass hier endlich Klarheit geschaffen wird. Es kann und darf nicht sein, dass wir den Nutznießern des NS-Raubkunst-Unrechts gestatten, sich gegenüber den jüdischen Eigentümern auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Denn durch diese Einrede werden sie endgültig ihres Eigentums beraubt. Deshalb habe ich die Zivilrechtsabteilung meines Hauses gebeten, hierzu eine Bundesratsinitiative zu erarbeiten. Ich werde diese Gesetzesinitiative alsbald der Öffentlichkeit vorstellen. Anders als die Bundesjustizministerin versuche ich nicht zu erklären, warum etwas nicht geht, sondern zu klären, was geht.“

„Der zweite Weg war und ist nach meiner Überzeugung“, so Bayerns Justizminister heute im bayerischen Landtag, „eine Einigung mit Herrn Gurlitt. Ich hoffe, dass er gesprächsbereit ist. Unser Ziel ist, einen für alle Beteiligten guten Weg zu finden, der zu guten Ergebnissen führt. Ich bin Frau Dr. Berggreen-Merkel sehr dankbar, dass sie es übernommen hat, einen Dialog mit Herrn Gurlitt zu suchen.“

Bausbacks Fazit: „Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen werden nach Recht und Gesetz zu Ende geführt. Die Provenienzrecherche wird daneben auf breiter Front zu Ergebnissen geführt werden. Der Bundesgesetzgeber wird zu entscheiden haben, wie er mit den offenkundig ungelösten Restitutionsfragen umgehen will. Bund und Land werden alles tun, um mit Herrn Gurlitt zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen, die größtmögliche Restitution einschließt.“

StMJ, PM v. 28.11.2013