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StMWi: Verleihung des Bayerischen Filmpreises – Aigner: ,,Die deutsche Filmbranche leistet großartige Arbeit”

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Bayerns Medien- und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat heute in Vertretung von Ministerpräsident Horst Seehofer den 36. Bayerischen Filmpreis vor zahlreichen Filmschaffenden aus Bayern und Deutschland im Prinzregententheater verliehen.

Medienministerin Aigner: „Kino ist ein Erlebnisraum, es bewegt die Menschen, rührt und regt an. In diesem Jahr werden humorvolle Filme ausgezeichnet, aber auch solche, die uns betroffen machen. Die Verleihung des Bayerischen Filmpreises ist zu Recht eine Top-Veranstaltung im Kinojahr und am Filmstandort München, auf die ich mich immer besonders freue.“

In diesem Jahr geht der Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten an den Kameramann und Regisseur Gernot Roll in Anerkennung seiner herausragenden Leistungen als Kameramann und Regisseur für den bayerischen und deutschen Film.

Begründung der Jury:

Gernot Roll ist der Grandseigneur unter den deutschen Kameraleuten. 60 Jahre kreatives Schaffen mit der Kamera beginnen mit einer Leidenschaft im Jugendalter und entwickeln sich schnell zu einem unverkennbaren Blick für das Motiv und die Bildgestaltung. Dabei ist Gernot Roll nicht einem bestimmten Genre verhaftet. Seine große Kunst ist die Vielfalt der Themen, die er in grandiose Bilder umsetzt, von der leichten Komödie bis hin zu ambitionierten Stoffen, wie zuletzt der Film „Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht“. In über 80 Kino- und Fernsehproduktionen als Kameramann und auch als Regisseur hat Gernot Roll herausragende künstlerische Arbeit geleistet.

Nachfolgend die Namen der Preisträger und die Begründungen der Jury

Der Produzentenpreis geht mit 200.000 Euro an Oliver Schündler und Boris Ausserer von Lucky Bird Pictures GmbH für die Produktion des Films „Elser – Er hätte die Welt verändert“.

Begründung der Jury:

Man kann nur ahnen, was der Welt erspart geblieben wäre, wenn das Attentat von Georg Elser auf Adolf Hitler im Münchner Bürgerbräukeller Erfolg gehabt hätte. Der Film „Elser“ befasst sich mit dem Mann, der es ganz alleine geplant und umgesetzt hat, mit seiner Herkunft, seinem Umfeld und den Beweggründen, die den politisch eher wenig Interessierten diese lebensgefährliche Mission haben planen und durchführen lassen. Er zeigt uns aber auch die Ohnmacht der Nazischergen, mit grausamen Verhör- und Foltermethoden diesen einfachen, aufrechten Mann aus der schwäbischen Provinz zu brechen.

Ein sorgfältig recherchiertes und brillant geschriebenes Drehbuch von Fred und Léonie-Claire Breinersdorfer, ein in jeder Nuance überzeugender Hauptdarsteller Christian Friedel und eine meisterhafte Regie von Oliver Hirschbiegel machen „Elser“ zu einem herausragenden Kinoereignis.

Der Regiepreis (dotiert mit 10.000 Euro) geht an Baran bo Odar für seinen Film „Who Am I – Kein System ist sicher“.

Begründung der Jury:

Regisseur Baran bo Odar hat es geschafft: Das deutsche Publikum akzeptierte einen Thriller „made in Germany“. Kein Wunder, denn „Who Am I“ ist elegant, komplex, voltenreich und aktuell: Die Welt von Computernerds trifft hier auf unsere. Der 36-jährige Absolvent der Münchner HFF schafft vieles gleichzeitig: Eine völlig glaubwürdige Figurenzeichnung, eine fantastische Düsterkeit des grau-grünlich nächtlichen Berlins, eine Visualisierung des eigentlich unsichtbaren Digitalen. Das ist packende, zuschauerstarke Filmkunst.

Der Preis für die beste Darstellerin (dotiert mit 10.000 Euro) wird verliehen an Katharina Marie Schubert für ihre Rolle in „Ein Geschenk der Götter“.

Begründung der Jury:

Anna verliert ihr Engagement als Schauspielerin am Stadttheater, was für sie einer Katastrophe gleich kommt. Eine Arbeitsvermittlerin des Jobcenters verdonnert sie dazu, einen Schauspielkurs für Hartz-IV-Empfänger zu leiten. Was zunächst wie die schwer erträgliche Demütigung einer Künstlerin erscheint, erweist sich für Anna paradoxerweise als „Ein Geschenk der Götter“: Sie schafft es, sich in ihrer Krise neu zu erfinden, gewinnt an Stärke und infolgedessen öffnen sich neue Perspektiven sowohl beruflich, als auch privat.

Katharina Marie Schubert spielt Anna in der herzerwärmenden Komödie von Oliver Haffner mit leiser Hartnäckigkeit. In jedem Moment ihrer Darstellung überzeugend, verleiht sie ihrer Figur Würde und Charisma. Hinter ihrem Lächeln sieht und spürt der Zuschauer eine große Bandbreite von Gefühlen. Er wird berührt, er liebt sie. Lachen und Weinen liegen, dank Katharina Marie Schubert, hier nah beieinander.

Den Preis als bester Darsteller (dotiert mit 10.000 Euro) erhält Alexander Fehling für seine Rolle in „Im Labyrinth des Schweigens“.

Begründung der Jury:

Zwei Dinge gelingen Alexander Fehling im Film „Labyrinth des Schweigens“ perfekt: Er nimmt uns Zuschauer für sich ein, ohne sich anzubiedern. Von Anfang an lieben wir diesen sympathischen jungen Staatsanwalt zwar, er erscheint uns aber ein wenig zu nett, zu glatt. Doch dann setzt Fehling subtil sein ganzes schauspielerisches Können darauf: Wir erleben ganz langsam eine feine Veränderung. Denn dieser Durchschnittstyp entwickelt im Angesicht von Verdrängung und Konfrontation mit einem Gesellschaftstabu – dem Holocaust – stellvertretend für uns Gerechtigkeitssinn und Zivilcourage. Aus Fassungslosigkeit wird Wut und aufklärerische Energie. Fehling zeigt das elegant und subtil. Die wachen Augen eines dynamischen jungen Mannes bekommen etwas Gehetztes, man merkt, wie ihm die Konfrontation mit der deutschen Vergangenheit und der Mauer aus Schweigen physisch immer mehr zusetzt. Aber gleichzeitig gewinnt er eine immer stärkere Überzeugung das Richtige zu tun, die ihn stärkt. Selten wächst ein Schauspieler so mit uns Zuschauern zusammen und wir Zuschauer wachsen mit ihm – und moralisch über uns hinaus.

Den Drehbuchpreis (dotiert mit insgesamt 10.000 Euro) erhalten Sarah Nemitz, Lutz Hübner und Oliver Ziegenbalg für den Film „Frau Müller muss weg“.

Begründung der Jury:

„Frau Müller muss weg“, so lautet der Konsens zwischen den Eltern. Das eigene Kind muss aufs Gymnasium, koste es, was es wolle. Nur macht Frau Müller nicht mit und legt stattdessen die Versäumnisse der Eltern offen, bevor sie ohne weitere Worte das Klassenzimmer verlässt.

Eine Schlacht beginnt, in der Keiner ungeschoren davon kommt.

Das Drehbuch, welches auf dem gleichnamigen Theaterstück von Lutz Hübner und Sarah Nemitz basiert und von beiden gemeinsam mit Oliver Ziegenbalg geschrieben wurde, überzeugt durch unglaublichen Wortwitz, geniale Figurenführung, hohes Tempo und wunderbare Wendungen!

Den Preis für Bildgestaltung (dotiert mit 10.000 Euro) bekommt Christian Stangassinger für den Film „Wir waren Könige“.

Begründung der Jury:

Christian Stangassinger setzt das im Vorstadtmilieu spielende Polizei-Drama in atmosphärisch dichten Bildern und mit sicherem Gespür für die innere Zerrissenheit der Protagonisten auf beiden Seiten gekonnt um.

Die wachsende Bedrohlichkeit der Situation für alle Beteiligten vermittelt der Bildgestalter durch eine kongeniale Bewegungsdramaturgie und ein unaufdringliches und der Dramatik angemessenes Lichtdesign.

Als Absolvent der HFF München legt Christian Stangassinger mit seinem Langfilm-Debüt eine überzeugende Visualisierung vor, in der er sein professionelles Können eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Der Dokumentarfilmpreis (dotiert mit 10.000 Euro) geht an Nadav Schirman (Regie und Drehbuch) für seinen Film „The Green Prince“.

Begründung der Jury:

Regisseur Nadav Schirman erzählt in seinem Dokumentarfilm „The Green Prince“ spannend wie in einem Thriller die komplexe Beziehung zwischen einem palästinensischen Informanten und seinem Kontaktmann vom israelischen Inlandsgeheimdienst. Der Regisseur konzentriert sich dabei fast ausschließlich auf seine beiden Protagonisten, die in einem engen, der Verhör-Atmosphäre nachempfundenen Raum, Rede und Antwort stehen. Er inszeniert den Dialog zwischen den ehemaligen Kontrahenten zu einem fesselnden emotionalen Geständnis. Nadav Schirman entlockt sowohl dem Sohn eines bedeutenden Hamas-Führers, als auch dem Kontaktmann des Geheimdienstes tiefe Einblicke in die psychologischen Hintergründe von Loyalität und Verrat. So nahe durfte der Zuschauer dem Drama der israelisch-palästinensischen Auseinandersetzungen noch selten kommen.

Der Preis für die beste Nachwuchsdarstellerin (dotiert mit 10.000 Euro) wird verliehen an Jasna Fritzi Bauer für ihre Rolle in dem Film „About a Girl“.

Begründung der Jury:

Jasna Fritzi Bauer ist Charleen in Mark Monheims Komödie „About a Girl“. Ihr gelingt mühelos die ganze Klaviatur an Gefühlen dieser pubertierenden jungen Frau, intensiv und glaubwürdig, besonders auch in den stillen Momenten. All das spielt sie ohne sentimentale Betonung oder dramatische Ausbrüche.

Das ist Könnerschaft auf hohem Niveau, authentisch und anrührend zugleich – eine schöne Reflexion auf die Phase des Erwachsenwerdens, für die es den Bayerischen Filmpreis für die Nachwuchs-Darstellerin Jasna Fritzi Bauer gibt.

Der Preis für den besten Nachwuchsdarsteller (dotiert mit 10.000 Euro) wird verliehen an Louis Hofmann für seine Rolle in dem Film „Freistatt“.

Begründung der Jury:

Deutschland Ende der 60er Jahre – die Zeit, in der Kinder und Jugendliche in Heimen oftmals schutzlos brutalen Erziehungsmethoden ausgeliefert sind. Jugendliche wie der in dem Film „Freistatt“ von Louis Hofmann dargestellte Wolfgang, die im Gegenteil Unterstützung und Zuneigung bräuchten.

Louis Hofmann spielt mit packender Eindringlichkeit und Überzeugungskraft Wolfgangs Suche nach Liebe und Menschlichkeit, seinen unbeugsamen Widerstand gegen Erniedrigung und Gewalt in dem Heim und schließlich die eigene Verrohung. Sowohl in einer in allen Facetten feinfühligen Darstellung als auch in erschütternder Realitätsnähe zeigt der junge Louis Hofmann eine durchgehend ausgereifte und großartige schauspielerische Leistung.

Der Nachwuchsregiepreis (dotiert mit 10.000 Euro) geht an Tomasz Emil Rudzik für seinen Film „Agnieszka“.

Begründung der Jury:

In seinem Kinodebüt „Agnieszka“ erzählt Tomasz Rudzik die moderne Liebesgeschichte einer jungen Frau, deren Weg sie aus einem polnischen Gefängnis in eine deutsche Escort-Agentur für Dominas führt. Dabei setzt der Film nicht auf Brutalität; in diesem Milieu veräußerlicht sich vielmehr das Innenleben seiner Protagonistin, die in ihrer physischen Präsenz vor nichts Angst hat, außer vor Emotionen und Nähe.

Dies gelingt Rudzik in starken Bildern, ohne überflüssige Info-Dialoge und mit überzeugender Führung seiner Darsteller, allen voran Karolina Gorczyca in der Titelrolle.

„Agnieszka“ ist ein kraftvolles Debüt, für das Tomasz Rudzik den Bayerischen Filmpreis für Nachwuchsregie erhält.

Den Preis für den besten Kinderfilm (dotiert mit 10.000 Euro) erhält Neele Leana Vollmar (Regie) für „Rico, Oskar und die Tieferschatten“.

Begründung der Jury:

Neele Leana Vollmar hat Andreas Steinhöfels Kinderroman mit großer Einfühlung für die Figuren für die Leinwand adaptiert und damit schon jetzt einen Klassiker des Gegenwarts-Kinderfilms geschaffen. Das gelingt, weil der Film die Sichtweisen, Bedürfnisse, Erwartungen und Ängste seiner jungen Protagonisten und damit auch Zuschauer ernst nimmt. Das krimihafte Abenteuer des leicht verschroben wirkenden, „tiefbegabten“ Rico und des lebensängstlichen, aber hochbegabten Oskar hält eine wunderbare Balance aus Spannung und Unterhaltung.

Dem Film gelingt eine lebensnahe, witzig überspitze Figurenzeichnung, Gefühle und Handlungen sind intelligent motiviert. Zusammen mit dem Talent der Jungdarsteller Anton Petzold (Rico) und Juri Winkler (Oskar) wird alles zu einem amüsanten, sympathischen, authentischen und wunderbar kindgerechten Filmabenteuer.

Den Preis für den besten Animationsfilm (dotiert mit 10.000 Euro) bekommen Patrick Elmendorff und Thorsten Wegener von Studio 100 Media GmbH für den Film „Die Biene Maja – Der Kinofilm“.

Begründung der Jury:

Die Neuverfilmung des hundertjährigen Kinderbuchklassikers „Die Biene Maja“ war ein Wagnis und eine überaus lohnende Aufgabe zugleich. Nun kommt er frisch und unterhaltsam als Animationsfilm in 3D daher und beschreitet dabei neue Wege, ohne den Geist der Geschichte zu verlassen. Liebenswerte Charaktere, spritzige, manchmal freche Texte, prominente Sprecher für die kleinen Helden der Blumenwiese und nicht zuletzt pfiffige Musik mit Songs, die im Ohr bleiben, machen diesen Film zu einem wunderbaren Kinoerlebnis nicht nur für Kinder. Die humorvoll inszenierte Geschichte, bereichert durch einige neue Figuren, ist spannend und unterhaltend, aber immer kindgerecht erzählt und macht dabei auch den Erwachsenen Spaß. Ein rundum gelungenes Werk für die ganze Familie!

Der Preis der Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken (VGF), dotiert mit 60.000 Euro, wird verliehen an Jan Krüger und René Römert von Port au Prince Film & Kultur Produktion GmbH für den Film „Jack“.

Begründung der Jury:

Ein Film, der ans Herz geht, der berührt, der erschüttert: Ein zehnjähriger Junge zieht mit seinem kleinem Bruder durch Berlin, auf der Suche nach ihrer Mutter. Als Kind übernimmt er Verantwortung in einer Welt, in der die Erwachsenen versagen. Solch einen Film, der sich jenseits des Mainstreams bewegt, als Produzent anzugehen, erfordert Mut. Und der wird belohnt, weil es dem Regisseur Edward Berger gelingt, aus dem Drehbuch, das er gemeinsam mit Nele Mueller-Stöfen geschrieben hat, einen stilsicheren, niemals weinerlichen Film zu inszenieren. In den Kinderdarstellern Ivo Pietzcker und Georg Arms haben sie zwei großartige kleine Schauspieler gefunden, die uns durch den gesamten Film tragen und an denen unser Herz hängt.

StMWi, Pressemitteilung v. 16.01.2015