Aktuelles

StMJ: Bayern und Baden-Württemberg veranstalten gemeinsame Fachtagung zum Umgang mit Islamisten im Justizvollzug

©pixelkorn - stock.adobe.com

Bausback: „Bekämpfung des islamistischen Extremismus im Justizvollzug gemeinsam angehen!“ / Baden-Württembergs Ministerialdirektorin Gallner: „Drahtseilakt für den Justizvollzug“

Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback und die Ministerialdirektorin des baden-württembergischen Justizministeriums Inken Gallner haben heute in München zu einer gemeinsamen Fachtagung zum Umgang mit Salafisten/Islamisten im Justizvollzug geladen.

Bausback bei diesem Anlass: „Dass Islamisten gezielt versuchen, im Justizvollzug potentielle Kandidaten für den Dschihad anzuwerben, ist kein neues Phänomen. Bayern tut bereits viel, um Radikalisierungsversuchen im Vollzug bestmöglich zu begegnen. Aber das Thema ist zu ernst, um sich zurück zu lehnen. Wir müssen uns austauschen, voneinander lernen, zusammenarbeiten – über Behördenstrukturen und Ländergrenzen hinweg. Deshalb habe ich bereits im Herbst letzten Jahres die Weichen für diese gemeinsame Fachtagung mit Baden-Württemberg gestellt. Unverzichtbar ist hier insbesondere der Blick über den ‚Tellerrand‘ – deswegen ist es so wertvoll, dass sich heute nicht nur Fachleute des Justizvollzugs aus zwei Bundesländern treffen, sondern auch Vertreter des Generalbundesanwalts, des Landeskriminalamts sowie des Landesamts für Verfassungsschutz. Denn nur gemeinsam können wir uns möglichst effektiv den neuen Herausforderungen stellen.“

Bausback betont, dass die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus nicht nur die Sicherheits- und Ermittlungsbehörden angehe, sondern vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei.

„Mit Blick auf die sogenannten Syrienheimkehrer und das Phänomen der Salafisten sind die Justizvollzugsanstalten allerdings in besonderer Weise betroffen. Denn in der Haft treffen ideologisierte Dschihadisten häufiger auf eine anfällige Klientel.“

Die beste Lösung könne aber nicht in einer generellen Isolierung entsprechender Islamisten oder in deren Zusammenlegung abgesondert von anderen Gefangenen liegen.

„Gerade hier ist Resozialisierung gefragt, das muss auch hier oberstes Ziel sein – die barbarische demokratiefeindliche Ideologie auch bei deren Anhängern konsequent zu bekämpfen“, so Bayerns Justizminister abschließend.

Die Ministerialdirektorin des baden-württembergischen Justizministeriums Inken Gallner sprach von einem „regelrechten Drahtseilakt“, den der Justizvollzug zu bewältigen habe.

„Einerseits müssen wir eine Radikalisierung unter Gefangenen zuverlässig erkennen und wirkungsvoll unterbinden. Auf der anderen Seite dürfen wir nicht den Fehler begehen, alle Gefangenen muslimischen Glaubens unter Generalverdacht zu stellen“, sagte die Ministerialdirektorin.

Der gemeinsame fachliche Austausch sei wichtig, um die bestehenden Instrumentarien weiterentwickeln und sinnvoll ergänzen zu können.

Hintergrund

Bayern hat in der Vergangenheit bereits umfassende Maßnahmen ergriffen, um den Informationsfluss zwischen den zuständigen Stellen zu verbessern sowie etwaige Radikalisierungstendenzen von Gefangenen rechtzeitig zu erkennen und diesen möglichst wirksam zu begegnen. Zu nennen sind hier insbesondere eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei, dem Landesamt für Verfassungsschutz sowie den Gerichten und Staatsanwaltschaften. Auch erhalten die Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalten regelmäßig Handlungsempfehlungen, die von einer von Justiz und Polizei infolge der islamistischen Terroranschläge Anfang der 2000er ins Leben gerufenen Projektgruppe zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet des islamistischen Terrorismus erarbeitet und aktualisiert werden. Das Erkennen und der Umgang mit Extremismus und Radikalismus jeder Art, vor allem jedoch auch des Islamismus und Salafismus, wird ferner im Rahmen der Ausbildung der Justizvollzugsbeamten sowie im Rahmen regelmäßiger Dienstbesprechungen und Fortbildungsveranstaltungen thematisiert und an praxisnahen Beispielen erörtert. Darüber hinaus findet eine engmaschige Überwachung der Außenkontakte und der Kontakte innerhalb der Justizvollzugsanstalten bei einschlägig in Erscheinung getretenen Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten statt.

Um Betroffene bestmöglich zu resozialisieren und einer Beeinflussung anderer Gefangener durch Islamisten entgegenzuwirken, kommt den verschiedenen allgemeinen Behandlungs- und Betreuungsangeboten für Strafgefangene ein besonderer Stellenwert zu (sozialpädagogische, pädagogische, psychologische sowie auch seelsorgerischen Behandlungsangebote) genauso wie verschiedenen spezifischen Programmen, die im Speziellen auf eine Behandlung extremistischer Straftäter abzielen, wobei ein Fokus dabei auf den jugendlichen Inhaftierten liegt, da diese in besonderem Maße für extremistisches Gedankengut – gleich welcher Art – anfällig sein können.

Auch in Baden-Württemberg ist das Erkennen islamistischer Tendenzen sowohl regelmäßiger Bestandteil der Ausbildung des Vollzugsdienstes als auch Gegenstand der Fortbildung. Unterstützung erfährt der Justizvollzug dabei insbesondere durch das Landesamt für Verfassungsschutz. Mit subkulturellen Phänomenen im Allgemeinen wie auch mit extremistischen Tendenzen jeder Richtung befassen sich in den Justizvollzugsanstalten des Landes sogenannte Strukturbeobachter. Deren Erkenntnisse fließen in weitere Entscheidungen zur Unterbringung oder zur Anordnung von Sicherungsmaßnahmen ein, ihre Erfahrungen werden in einem anstaltsübergreifenden Arbeitskreis zusammengeführt. Schließlich ist auch der Austausch von sicherheitsrelevanten Informationen mit Staatsanwaltschaften, Gerichten und Sicherheitsbehörden (hier insbesondere den Polizeibehörden und dem Landesamt für Verfassungsschutz) gewährleistet.

StMJ, Pressemitteilung v. 02.03.2015