Gesetzgebung

Bundesrat: 934. Sitzung vom 12.06.2015 – gefasste Beschlüsse nebst Abstimmungsverhalten des Freistaates Bayern

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Bundesrat BerlinKein Bundesgesetz ohne Bundesrat. Meist frühzeitig in die Gesetzgebung eingebunden und i.d.R. das letzte Organ, das inhaltlich mit einer Gesetzesänderung befasst ist, sind seine Beschlüsse ein gutes Gesetzgebungsradar sowohl hinsichtlich der Gesetze, die in Kürze verkündet werden, als auch hinsichtlich der Gesetze, die sich anderweitig im Verfahren befinden. Auf o.g. Sitzung wurden u.a. folgende Beschlüsse gefasst:

I. Gebilligte Gesetze

Der Bundesrat billigte u.a. folgende Gesetzesbeschlüsse des Bundestages:

  • Gesetz zur Tarifeinheit (Tarifeinheitsgesetz) [TOP 2] Stichworte: Arbeitskämpfe konkurrierender Gewerkschaften im selben Unternehmen; Grundsatz der Tarifeinheit als subsidiäre Kollissionsregel; Mehrheitsprinzip.
  • Gesetzes zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern [TOP 5] Stichworte: Errichtung eines Sondervermögens des Bundes zur Förderung von Investitionen struktur- und finanzschwacher Kommunen; weitere finanzielle Entlastungen von Ländern und Kommunen, u.a. bei der Unterbringung von Asylbewerbern, durch höhere Anteile an den Umsatzsteuereinnahmen und höheren Bundesanteil bei Hartz-IV-Leistungen; Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ (KInvFErrG) als Art. 1, Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen (Kommunalinvestitionsförderungsgesetz – KinvFG) als Art. 2.
  • Kleinanlegerschutzgesetz [TOP 6]

    Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen seitens des Freistaats, Genese des Vorhabens)

  • Neuntes Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (9. BVerfGGÄndG) [TOP 7] Stichworte: Wahl der vom Bundestag zu bestimmenden Richterinnen und Richter künftig direkt durch das Plenum und nicht mehr indirekt durch den Wahlausschuss (die durch den Bundesrat zu bestimmenden Mitglieder des BVerfG werden bereits direkt gewählt, vgl. Art. 7 BVerfGG; vgl. zur direkten Wahl auch Art. 94 GG); Wahl jedoch aufgrund der Wahlvorschläge des Wahlausschusses (Vorschläge müssen mit mindestens 8 von 12 Stimmen beschlossen werden); Wahl im Plenum ohne Aussprache; zum Richter ist gewählt, wer eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt.
  • Zweites Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes [TOP 10] Stichworte: Ausweitung der Besonderen Ausgleichsregelung; weiterhin anteilige Direktvermarktung entsprechend der Praxis nach dem EEG 2012.
  • Erstes Gesetz zur Änderung des Informationsweiterverwendungsgesetzes [TOP 11] Stichworte: Umsetzung der geänderten RL 2003/98/EG über die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors (PSI-Richtlinie).

II. Landesinitiativen

Es wurden u.a. folgende Landesinitiativen behandelt:

III. Gesetzentwürfe der Bundesregierung

Der Bundesrat hat u.a. zu folgenden Gesetzentwürfen der Bundesregierung Beschluss gefasst:

  • Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland (Hospiz- und Palliativgesetz – HPG) [TOP 17] Stichworte: Palliativversorgung als Regelversorgung der GKV; bessere finanzielle Ausstattung stationärer Kinder- und Erwachsenenhospize; neben Personalkosten nun auch Berücksichtigung von Sachkosten bei den Zuschüssen für ambulante Hospizdienste (z.B. Fahrkosten der Ehrenamtler).
    Beschluss: Stellungnahme.
  • Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes und anderer Gesetze [TOP 18] Stichworte: Anerkennung von im Ausland erworbenen Ausbildungsnachweisen für Berufe,die   im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegen; europäischer Berufsausweis für bestimmte Berufsgruppen; Vorwarnmechanismus für gefälschte Berufsqualifikationsnachweise.
    Beschluss: Stellungnahme.
  • Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten [TOP 19] Stichworte: Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung; Änderung StPO; Änderung TKG; Verpflichtung der TK-Anbieter zur zeitlich befristeten Speicherung von Verkehrsdaten (Rufnummern der an einem Telefongespräch beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer des Anrufs sowie IP-Adressen einschließlich Zeitpunkt und Dauer der Vergabe der IP-Adressen für zehn Wochen; Standortdaten bei Handy-Gesprächen für vier Wochen; keine Speicherung der Kommunikationsinhalte, aufgerufenen Internetseiten sowie der Daten zum E-Mail-Verkehr); Sicherheit der gespeicherten Daten (Datenspeicherung ausschließlich im Inland; besonders sicheres Verschlüsselungsverfahren; Speicherung in gesonderten, vom Internet entkoppelten Speichersystemen mit hohem Schutz vor dem Zugriff aus dem Internet; 4-Augen-Prinzip beim Datenzugriff); Datenabruf (Strafverfolgungsbehörden: Verfolgung bestimmter besonders schwerer Straftaten, die auch im Einzelfall schwer wiegen müssen; Länder: zur Gefahrenabwehr, wenn eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für den Bestand des Bundes oder des Landes besteht und eine entsprechende landesgesetzliche Eingriffsermächtigung vorhanden; Datenabruf grundsätzlich nur mit Erlaubnis des Richters; Unterrichtung der Betroffenen vom Datenabruf; kein Datenabruf bei den nach § 53 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Personen – insbesondere Geistlichen, Rechtsanwälten, Ärzten, Journalisten); neuer Sraftatbestand der Datenhehlerei (neuer § 202d StGB).
    Beschluss: keine Stellungnahme.

    Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen seitens des Freistaats, Genese des Vorhabens

    Zur Entwicklung zum Thema „Vorratsdatenspeicherung“ über das konkrete Gesetzgebungsverfahren hinaus: vgl. hier.

IV. EU-Vorlagen

  • EU-Justizbarometer 2015 [TOP 32] Stichworte: Das Justizbarometer soll objektive, zuverlässige und vergleichbare Daten über  Qualität, Leistungsfähigkeit und Unabhängigkeit der Justizsysteme liefern. So möchte die  Kommission die Mitgliedstaaten unterstützen, ihre Justizsysteme leistungsfähiger zu machen. Der Bundesrat äußert sich auch im Jahre 2015 skeptisch („keine belastbare Grundlage für einen verwertbaren Vergleich der nationalen Justizsysteme“).
    Beschluss: Stellungnahme.

V. Rechtsverordnungen

  • Erste Verordnung zur Änderung der Gorleben-Veränderungssperren-Verordnung [TOP 40] Stichworte: Verlängerung der Veränderungssperre, um den Salzstock Gorleben gegen mögliche nachteilige Veränderungen durch Eingriffe Dritter zu sichern, die eine spätere  Standorterkundung zur Endlagerung radioaktiver Abfälle erschweren oder unmöglich machen würden (geplante Verlängerung der Veränderungssperre: 10 Jahre; Bundesrat fordert Änderungen und max. Verlängerung bis 31.03.2017).
    Beschluss: Zustimmung mit Änderungen/Entschließung

VI. Nützliche Links mit weiteren Informationen

Die verlinkten Tagesordnungspunkte (TOP) führen zur Sitzungswebsite des Bundesrates. Dort sind u.a. die Stellungnahmen des Bundesrates abrufbar und die wesentlichen Inhalte des behandelten Tagesordnungspunkts meist zusammengefasst („Erläuterungen zum Tagesordnungspunkt“). Darüber hinaus findet sich dort ein Link zum DIP (Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge): Dort ist der aktuelle Stand und Gang des Verfahrens dokumentiert.

Eine konzise Zusammenfassung der Bundesrats-Beschlüsse und Stellungnahmen zu wesentlichen Tagesordnungspunkten enthält zudem die Rubrik „Plenum kompakt“.

Ass. iur. Klaus Kohnen; Foto: (c) Aleix Cortadellas – Fotolia.com

Update v. 05.02.2016

Eine Übersicht über das Abstimmungsverhalten des Freistaates Bayern nebst dem Gesamtergebnis der Abstimmung findet sich hier (PDF, 347 KB).