Gesetzgebung

Bundesrat: Beschlüsse der 937. Sitzung vom 16.10.2015

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Bundesrat_Fotolia_24218206_S_copyright - passKein Bundesgesetz ohne Bundesrat. Meist frühzeitig in die Gesetzgebung eingebunden und i.d.R. das letzte Organ, das inhaltlich mit einer Gesetzesänderung befasst ist, sind seine Beschlüsse ein gutes Gesetzgebungsradar sowohl hinsichtlich der Gesetze, die in Kürze verkündet werden, als auch hinsichtlich der Gesetze, die sich anderweitig im Verfahren befinden. Auf o.g. Sitzung wurden u.a. folgende Beschlüsse gefasst:

I. Gebilligte Gesetze

Der Bundesrat billigte u.a. folgende Gesetzesbeschlüsse des Bundestages:

Drittes Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes [TOP 31]

Beschluss: Zustimmung

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen seitens des Freistaats, Genese des Vorhabens): Der Entwurf eines […] Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes – Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs wurde als Länderinitiative auf der 928. Sitzung des Bundesrates am 28.11.2014 beschlossen. Auf der 930. Sitzung am 06.02.2015 wurde ein von der Bundesregierung eingebrachter Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes beraten, der wenig später in den Vermittlungsausschuss ging und dem auf der heutigen Sitzung zugestimmt wurde.

Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher [TOP 32]

Beschluss: Zustimmung

Stichworte: bundesweite Aufnahmepflicht der Länder; Verteilung der neu ankommenden unbegleiteten Minderjährigen nach dem Königsteiner Schlüssel; Anhebung des Mindestalters zur Begründung der Handlungsfähigkeit im Asylverfahren von 16 auf 18 (dadurch bekommen auch 16- und 17-Jährige für das komplexe Asylverfahren einen gesetzlichen Vertreter und werden nicht länger wie Erwachsene behandelt); Klarstellung, dass ausländische Kinder und Jugendliche Zugang zu Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe haben (sie können z.B. eine Kita oder Hort besuchen oder an Sportangeboten der Jugendarbeit teilnehmen); Inkrafttreten zum 01.11.2015.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen seitens des Freistaats, Genese des Vorhabens)

Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz [TOP 33]

Beschluss: Zustimmung

Stichworte: Umbenennung des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in Asylgesetz (AsylG); Einstufung von Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten; Erhöhung der Unterbringungsdauer in Erstaufnahmeeinrichtungen von 3 auf bis zu 6 Monate, bei Antragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten bis zum Abschluss des Asylverfahrens; Verkürzung der Möglichkeit zur vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung durch die Länder von 6 auf maximal 3 Monate, Verbot der Ankündigung der Abschiebung; Einführung zeitlich befristeter Erleichterungen im Bauplanungsrecht für die Flüchtlingsunterbringung; Beseitigung von Fehlanreizen für ungerechtfertigte Asylanträge: Ersetzung von Geld- durch Sachleistungen während der Erstaufnahme, gekürzte Leistungen für vollziehbar Ausreisepflichtige, Begrenzung der Vorauszahlung von Geldbeträgen auf höchsten einen Monat, Beschäftigungsverbot für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten; Integration von Asylbewerbern mit guter Bleibeperspektive: Öffnung der Integrationskurse, berufsbezogene Sprachförderung, Lockerung des Leiharbeitsverbots, aktive Arbeitsförderung; Verbesserung der medizinischen Versorgung: elektronische Gesundheitskarte, Impfschutz, Einbindung Asylsuchender mit ärztlicher Ausbildung in die medizinische Erstversorgung; Verschärfung der Strafbarkeit von Schleusern; strukturelle, dauerhafte und dynamische Kostenbeteiligung des Bundes, Aufstockung der Leistungen für den sozialen Wohnungsbau; Änderung der VwGO (Verwendung von Richtern auf Zeit bei den Verwaltungsgerichten zur Deckung eines nur vorübergehenden Personalbedarfs).

Aspekt „Sichere Herkunftsstaaten
Mit dem Gesetz vom 31.10.2014 zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer wurden Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina in die Lister der sicheren Herkunftsstaaten aufgenommen (zu diesem Gesetzgebungsverfahren vgl. hier). Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz wurde nunmehr auch die Einstufung von Albanien, Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsstaaten beschlossen. Zuvor war eine entsprechende Initiative des Freistaats im Bundesrat gescheitert: Auf der 932. Sitzung am 27.03.2015 wurde beschlossen, den Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten nicht beim Bundesrat einmzubringen (vgl. zu diesem Gesetzgebungsverfahren hier). Derzeit wird auch auf europäischer Ebene an einer Liste sicherer Herkunftsstatten gearbeitet (siehe unten III.).

Zu den Änderungen im Baurecht vgl. hier.

[…] Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes [TOP 34]

Beschluss: kein Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses

Stichworte: Durch das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes (BT-Drs. 18/4654, 18/5415) wird künftig auch in Bezug auf das Bundeszentralregister der sogenannte „Ähnlichenservice“ eingeführt. Durch das vorliegende Gesetz soll der Bereich der Behörden, die die Ähnlichendatensätze abfragen dürfen, auf die Nachrichtendienste beschränkt werden.

II. Gesetzentwürfe der Bundesregierung

Es wurde u.a. zu folgenden Gesetzentwürfen der Bundesregierung Beschluss gefasst:

Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2015 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2015) [TOP 13]

Beschluss: keine Einwendungen

Stichworte: Anpassung an die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels vom 24.09.2015; Entlastung von Ländern und Kommunen 2015 von insgesamt 2 Mrd. EUR (also Erhöhung um 1 Mrd. EUR); haushaltsrechtliche Ermächtigung für die Bildung einer Rücklage zur Finanzierung von Belastungen des Bundes im Zusammenhang mit der Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen, die durch die strukturelle, dauerhafte und dynamische Beteiligung des Bundes an den Kosten der Länder und Kommunen und durch die Aufwendungen im Bundesbereich entstehen (der Rücklage werden 5 Milliarden Euro zugeführt; ab 01.01.2016 übernimmt der Bund pauschal 670 Euro pro Monat vom Zeitpunkt der Registrierung bis zum Bescheid durch das BAMF; zusammen mit weiteren finanziellen Zusagen etwa für den sozialen Wohnungsbau und die Betreuung unbegleiteter Minderjähriger sollen die Länder 2016 mit mehr als vier Milliarden Euro entlastet werden); einmalige Zuweisung an den „Energie-und Klimafonds“ (EKF) aus dem Bundeshaushalt in Höhe von 1,3 Mrd. EUR für Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich in den Kommunen und in der Industrie.

Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes [TOP 14a]

Beschluss: keine Stellungnahme

Hinweise: Der Gesetzentwurf ist textidentisch mit dem Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf BT-Drs 18/6185, der vom Deutschen Bundestag auf seiner Sitzung am 15.10.2015 als Gesetz beschlossen wurde. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz, das unter TOP 33 behandelt wurde, zu (siehe oben I.).

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulstatistikgesetzes [TOP 15]

Beschluss: Stellungnahme

Stichworte: Einführung einer Studienverlaufsstatistik, Erweiterung des Merkmalskatalogs  zum wissenschaftlichen Personal und der Aufnahme aller Promovierenden; Streichung der Stellenstatistik und der Gasthörerstatistik.

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes [TOP 16]

Beschluss: Stellungnahme

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen seitens des Freistaats, Genese des Vorhabens)

Entwurf eines […] Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes [TOP 17]

Beschluss: keine Stellungnahme

Hinweise: Der Gesetzentwurf ist textidentisch mit dem Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf BT-Drs18/6186. Der Entwurf wurde vom Deutschen Bundestag auf seiner Sitzung am 15.10.2015 als Gesetz beschlossen. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz, das unter TOP 34 behandelt wurde, zu (siehe oben I.).

III. EU-Vorlagen

Es wurden u.a. folgende EU-Vorlagen behandelt:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines Umsiedlungsmechanismus für Krisensituationen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist [TOP 22a]

Beschluss: Stellungnahme

Stichworte: EU-Migrations-Agenda; Aufnahme eines Umsiedlungsmechanismus in die Dublin-III-Verordnung als dauerhafter Rahmen für Umsiedlungsmaßnahmen; die entsprechenden Maßnahmen sollen nur in spezifischen Krisensituationen in einem bestimmten Mitgliedstaat  angewandt werden und von vornherein zeitlich befristet sein.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen seitens des Freistaats, Genese des Vorhabens)

Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zugunsten von Italien, Griechenland und Ungarn [TOP 22b]

Beschluss: Stellungnahme

Stichworte: EU-Migrations-Agenda; Aktivierung der Notfallklausel nach Art. 78 Abs. 3  AEUV; Umsiedlung von 120.000 Asylsuchenden aus Italien, Griechenland sowie anderen möglicherweise besonders betroffenen Mitgliedstaaten.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen seitens des Freistaats, Genese des Vorhabens)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Erstellung einer gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten für die Zwecke der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und zur Änderung der Richtlinie 2013/32/EU [TOP a]

Beschluss: Kenntnisnahme gem. § 35 GO BR

Stichworte: EU-Migrations-Agenda; Asylverfahrensrichtlinie

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen seitens des Freistaats, Genese des Vorhabens)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: EU-Aktionsplan für die Rückkehr [TOP b]

Beschluss: Kenntnisnahme gem. § 35 GO BR

Stichworte: EU-Migrations-Agenda; europäisches Rückkehrprogramm; Verringerung irrigulärer Migration (2014 haben laut Mitteilung weniger als 40% der ausgewiesenen irregulären Migranten  die EU tatsächlich verlassen); Förderung der Rückkehr irregulärer Migranten.

Weitere Informationen (z.B. Stellungnahmen seitens des Freistaats, Genese des Vorhabens)

IV. Rechtsverordnungen

Es wurde u.a. zu folgenden Verordnungen Beschluss gefasst:

Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz [TOP 14b]

Beschluss: Zustimmung

Stichworte: frühzeitige Integration von Asylbewerbern mit Bleibeperspektive; Ermöglichung legaler Migration für Angehörige aus dem Westbalkan; Änderungen in der Beschäftigungsverordnung, der Integrationskursverordnung, der Energieeinsparverordnung  und in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte.

Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch für das Jahr 2016 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2016 – RBSFV 2016) [TOP 25]

Beschluss: Zustimmung

Stichworte: Erhöhung der Leistungen (alleinstehende „Hartz  IV“-Empfänger von 399 Euro auf 404 Euro, entspricht einer Erhöhung von ca. 1,24 %). SGB XII ist hinsichtlich Leistungshöhe Referenzsystem für SGB II; Erhöhung wirkt sich auch auf AsylbLG aus. Insgesamt betroffen sind Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel SGB XII, der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII, Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II, nach dem AsylbLG und der Kriegsopferfürsorge.

V. Nützliche Links mit weiteren Informationen

Die verlinkten Tagesordnungspunkte (TOP) führen zur Sitzungswebsite des Bundesrates. Dort sind u.a. die Stellungnahmen des Bundesrates abrufbar und die wesentlichen Inhalte des behandelten Tagesordnungspunkts meist zusammengefasst („Erläuterungen zum Tagesordnungspunkt“). Darüber hinaus findet sich dort ein Link zum DIP (Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge): Dort ist der aktuelle Stand und Gang des Verfahrens dokumentiert.

Eine konzise Zusammenfassung der Bundesrats-Beschlüsse und Stellungnahmen zu wesentlichen Tagesordnungspunkten enthält zudem die Rubrik „Plenum kompakt“.

Eine Übersicht über das Abstimmungsverhalten des Freistaates Bayern nebst dem Gesamtergebnis der Abstimmung findet sich hier (PDF, 298 KB).

Ass. iur. Klaus Kohnen; Foto: (c) Aleix Cortadellas – Fotolia.com