Innenminister Joachim Herrmann für personelle Verstärkung und weitere Optimierung der Sachausstattung der Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern
Angesichts der aktuellen Sicherheitslage fordert die Staatsregierung, den europaweiten Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden schnell zu intensivieren. Innenminister Joachim Herrmann sagte im Ministerrat zur aktuellen Lage und den Konsequenzen für die europäische Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung:
Zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist ein intensivierter, umfassender und beschleunigter Datenaustausch zwischen den für die Terrorismusbekämpfung zuständigen Behörden zwingend erforderlich.“
Herrmann forderte darüber hinaus einen europäischen Aktennachweis von Polizei und Sicherheitsbehörden:
Durch eine einzige Abfrage mit Familienname, Vorname und Geburtsdatum oder Fingerabdruck muss europaweit eine Trefferliste erzeugt werden, bei welchen europäischen Sicherheitsbehörden Daten über die betroffene Person gespeichert sind.“
Der Ministerrat schloss sich auch der Forderung Herrmanns an, das European Counter Terrorism Center (ECTC) zu stärken und weiter auszubauen. Das ECTC unterstützt die Mitgliedstaaten im Bereich der Strafverfolgung bei der Bekämpfung des Terrorismus und der Radikalisierung. Es koordiniert außerdem die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Die Staatsregierung drängt den Bund darüber hinaus, sich für die Einführung eines Ein- und Ausreiseregisters zum Schutz der EU-Außen- und Binnengrenzen einzusetzen.
Herrmann: „Ein geordnetes Einreise- und Registrierungsverfahren mittels eines europäischen Ein- und Ausreisesystems ist besonders im Hinblick auf die aktuelle Flüchtlingslage im Interesse der Inneren Sicherheit.“
Für derzeit unverzichtbar hält Herrmann die seit 13. September temporär von der Bundesregierung eingeführten Grenzkontrollen.
Sie müssen vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Deutschland durch die Terroristen und ihre Unterstützer als Transitland genutzt wurde, konsequent weiterentwickelt werden.“
Um Sicherheitsdefizite zu verhindern, sollen auch die Schleierfahndungsmaßnahmen der bayerischen Polizei intensiv weitergeführt werden. Herrmann stellte schließlich auch eine weitere Stärkung der bayerischen Sicherheitsbehörden in Aussicht:
Vor radikalisierten Einzeltätern, die sich inmitten einer Menschenmenge in die Luft sprengen, gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Wir sind aber auf der Hut. Wir müssen Polizei und Verfassungsschutz personell so gut ausstatten und optimal ausrüsten, dass wir gefährliche Islamisten immer besser im Blick haben können.“
Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden befinden sich unter den Flüchtlingen, die nach Bayern kommen, auch Mitglieder militanter Gruppen und terroristischer Organisationen sowie Einzelpersonen mit extremistischer Gesinnung. Polizei und Verfassungsschutzbehörden gehen entsprechenden Hinweisen in jedem Einzelfall unverzüglich nach. Auch den bayerischen Sicherheitsbehörden liegen verschiedene Hinweise auf Flüchtlinge mit möglicherweise dschihadistischem Hintergrund vor. Zwei Attentäter der Anschläge von Paris am 13. November 2015 sind im Flüchtlingsstrom unter Nutzung von falschen Personalien nach Europa eingereist. Seither gab es weitere Hinweise darauf, dass der sogenannte Islamische Staat den Flüchtlingsstrom nutzt, um IS-Mitglieder einzuschleusen.
Herrmann: „Die Gefahr der Einschleusung von Terroristen macht umfassende und konsequente Kontrollmaßnahmen sowohl an den EU-Außen- sowie an den Schengen-Binnengrenzen notwendig.“
Er gehe weiter von einer hohen abstrakten Gefährdung aus, die sich jederzeit in Form von Anschlägen oder Anschlagsdrohungen konkretisieren kann.
Herrmann: „Die mehrfachen Verlautbarungen des ‚Islamischen Staates‘ machen deutlich, dass auch Deutschland im erklärten Zielspektrum der Terrororganisationen steht, auch wenn keine konkreten Erkenntnisse über einen bevorstehenden Anschlag in Deutschland oder in Bayern bestehen.“
Wie Herrmann weiter berichtete, liegen derzeit Erkenntnisse zu 81 Islamisten aus Bayern (deutschlandweit über 800) vor, die in Richtung Syrien oder Irak gereist sind oder dies in nächster Zeit planen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hielten sich 24 Islamisten aus Bayern in Syrien oder im Irak auf, zwei weitere Personen derzeit in einem Drittstaat. 23 Personen seien wieder nach Deutschland zurückgekehrt, von ihnen seien aktuell 20 in Bayern wohnhaft, drei außerhalb Bayerns. Laut Herrmann geht von kampferfahrenen und möglicherweise traumatisierten Rückkehrern aus Kampfgebieten eine besondere Gefahr für die Sicherheit in Deutschland aus. Ihre Beobachtung stelle daher einen der Schwerpunkte der Sicherheitsbehörden dar.
Staataskanzlei, Bericht aus der Kabinettssitzung, Pressemitteilung v. 05.04.2016