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Bayerischer Landkreistag: Vorstand des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages und Präsidium des Bayerischen Landkreistages beraten über die Konsequenzen der Flüchtlingskrise

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Die Vorsitzenden der beiden Landkreistage, Landrat Christian Bernreiter und Landrat Reinhard Sager nehmen mit Erleichterung den vorläufigen Rückgang des Flüchtlingsstroms in die Bundesrepublik zur Kenntnis. Ihrer Ansicht nach führt diese Atempause zwar zu einer
gewissen Normalisierung bei der Organisation und Unterbringung der Flüchtlinge. Dies bedeutet nach Meinung der Landräte allerdings noch keineswegs das Ende der Anstrengungen für die Landkreise bei der Flüchtlingsunterbringung und -integration.

Sager und Bernreiter verweisen im Namen ihrer Verbände darauf, dass die Ursache für die sich beruhigende Situation im Verhalten einiger europäischer Staaten liege, die eine Rückkehr zur rechtskonformen Anwendung europäischer Normen anstreben. Sie fordern die Bundesregierung und insbesondere die Bundeskanzlerin auf, schnellstmöglich zu einem abgestimmten und einheitlichen Rechtsregime auf europäischer Ebene zurückzukehren.

Nach Auffassung der beiden Landkreistage kann es aber nicht alleinige Aufgabe der Bundesrepublik sein, die Flüchtlingsprobleme in Europa zu lösen.

Die Verantwortlichen in den Kreisen, Städten und Gemeinden benötigen vor Ort dringend Klarheit über die zukünftige Entwicklung der Flüchtlingsfrage. Nur wenn der Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland auf Dauer geregelt reduziert wird, wird es gelingen, die Flüchtlinge, die für längere Zeit in Deutschland bleiben, in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Die Landräte beider Landkreistage sehen dem Entwurf eines Bundesintegrationsgesetzes mit großer Erwartung entgegen. Sie befürworten den Ansatz des Förderns und gleichzeitigen Forderns von Integrationsmaßnahmen.

Eine Wohnsitzauflage für Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge ist dabei nach Auffassung von Landrat Sager und Landrat Bernreiter ein wichtiger und notwendiger Baustein für eine gelingende Integration. Die Landkreise und kreisangehörigen Gemeinden brauchen verlässliche Grundlagen, etwa für die Bereitstellung von Wohnraum oder die Integration in Arbeit. Die derzeit bestehende örtliche Fluktuation erschwert es den Landkreisen nach wie vor, sich bestmöglich um die Menschen zu kümmern. Von daher sollte mittels einer Wohnsitzauflage zugleich auch eine ausgewogenere Verteilung innerhalb der Länder angestrebt werden.

In diesem Zusammenhang haben die Kreisvertreter aus Bayern und Schleswig-Holstein in der Diskussion um die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums für Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge ihre Länder aufgefordert, durch die Ertüchtigung von Leerstand für zusätzliche Entlastung auf den Wohnungsmärkten zu sorgen. Wohnen ist seit jeher für die Kreise ein elementarer Baustein der Daseinsvorsorge. Die Vorsitzenden der Landkreistage, Landrat Sager und Landrat Bernreiter, verweisen aufgrund der immensen Zuwanderung in den Kommunen darauf, dass es aktueller und dringender denn je sei, Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zur Verfügung zu stellen, um von vornherein Spannungen in unserer Gesellschaft zu vermeiden. Zusätzliche Wohnungen seien zudem nicht nur in den Ballungszentren erforderlich, sondern auch in der Fläche. In Bayern bestehen Hoffnungen durch verschiedene Programme eines staatlichen Wohnungspaktes den Neubau von Wohnungen im niedrigeren Preissektor voran zu treiben.

Bis diese Programme greifen, werden noch Jahre vergehen, so dass in der Übergangsphase viele Bleibeberechtigte in den Asylunterkünften verbleiben müssen. Dass die Landkreise bei sozialer Bedürftigkeit des Anerkannten über das SGB II dabei auf rund 65 Prozent der Unterkunftskosten sitzen bleiben, ist kein akzeptabler Zustand. Der Bund ist vielmehr aufgefordert, die Kosten der Unterkunft vollständig zu übernehmen.

Die Kreise in Schleswig-Holstein fordern eine stärkere Koordinierung zwischen den Kreisen und den jeweiligen Ländern, weil insbesondere in den Tourismuskommunen aus wirtschaftlichen Gründen Unterbringungskapazitäten begrenzt seien. Darüber hinaus sehen sie auch eine stärkere, koordinierende Aufgabe in der Zusammenarbeit mit den Gemeinden und Städten sowie mit dem Land und den kommunalen Wohnungsbauunternehmen.

Damit die Menschen längerfristig im ländlichen Raum bleiben, brauchen sie dort neben Wohnraum vor allem Ausbildung und Arbeit. Die Landkreise können bei diesen Themen den Integrationsprozess lediglich koordinierend und unterstützend begleiten. Die primären Verantwortlichkeiten liegen bei den Aufgabenträgern Bund, Länder und Gemeinden. Insoweit stellen beide Landkreistage fest, dass die koordinierenden Strukturen vor Ort variieren werden. Von maßgeblicher Bedeutung ist allerdings, dass eine Verschwendung von Ressourcen durch nicht abgestimmte Parallelstrukturen vermieden wird. Dies ist gleichzeitig ein Appell an den Bund durch sein Integrationsgesetz ein Paket zu schnüren, das klare Zuständigkeiten und Strukturen schafft.

Abschließend stellten die Teilnehmer der Tagung gemeinsam fest, dass es sich bei der anstehenden Aufgabe der Flüchtlingsintegration um eine zentrale gesamtgesellschaftliche Aufgabe für die nächsten Jahre handele. Der Bund und die Länder stehen in der Pflicht, die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine gelingende Integration zu schaffen und die finanziellen Mittel dafür bereit zu stellen.

Bayerischer Landkreistag & Schleswig-Holsteinischer Landkreistag, gemeinsame Pressemitteilung v. 18.04.2016