Gesetzgebung

Staatskanzlei: Zum Bundesrat am 13. Mai 2016

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Bundesratsminister Marcel Huber: „Innovationspotentiale freisetzen, steuerliche Forschungsprämie für den Mittelstand einführen / Dublin-Verordnung um europaweiten Verteilmechanismus ergänzen, aber keine EU-Asylbehörde mit eigener Entscheidungskompetenz einführen / Reform des Sexualstrafrechts noch umfassender angehen“

Zur Initiative zur Einführung einer Forschungsprämie für den Mittelstand (TOP 31)

Bayern startet gemeinsam mit Niedersachsen eine Initiative zur steuerlichen Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen. Bayerns Bundesratsminister Dr. Marcel Huber:

Forschung und Entwicklung sind für einen Hochtechnologiestandort wie Deutschland von entscheidender Bedeutung. Wir brauchen dauerhaft eine hohe Innovationsdynamik, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Dazu passt nicht, dass wir als fast einziges Land in Europa keine steuerliche Forschungsförderung haben. Das ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen von Nachteil. Deshalb wollen wir eine Forschungsprämie einführen und den Mittelstand bei Investitionen in Zukunftstechnologien steuerlich begünstigen.“

Die internen Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen der Wirtschaft sind zuletzt zwar deutlich gestiegen. Der ganz überwiegende Anteil entfällt dabei jedoch auf große Unternehmen. Kleine und mittlere Betriebe hinken in diesem Bereich erheblich hinterher. Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission Forschung und Innovation hat in ihrem Jahresgutachten 2016 die größten Innovationshemmnisse für den Mittelstand beleuchtet und dabei Finanzierungsrestriktionen als einen der Hauptgründe für den Rückgang der Innovationstätigkeit im Mittelstand identifiziert.

Huber: „Als deutlichen Anreiz zu mehr Investitionen sollen kleine und mittlere Unternehmen einen steuerlichen Zuschuss in Höhe von zehn Prozent der Personalkosten in ihren Forschungs- und Entwicklungsbereichen erhalten. Das wäre ein maßgeblicher Beitrag und zeigt, wie wichtig uns die Förderung neuer Technologien auch für kleine und mittlere Betriebe ist.“

Für das Förderprogramm ist bundesweit ein Finanzierungsvolumen von rund einer halben Milliarde Euro im Jahr vorgesehen. Auf den bayerischen Staatshaushalt entfielen davon 60 Millionen Euro.

Die Forschungsprämie wird Innovationspotentiale im Mittelstand freisetzen und einen nachhaltigen Schub für mehr Wachstum und damit für die Arbeitsplätze der Zukunft geben“, ergänzte der Minister.

Zur Mitteilung der EU-Kommission zur Reformierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (TOP 22)

Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise bedarf es einer gerechteren Lastenverteilung in Europa. Dies erfordert dringend Rechtsänderungen. Bayern begrüßt deshalb, dass die EU-Kommission in der letzten Woche im Zusammenhang mit einem Verordnungsentwurf zur Überarbeitung des Dublin-Verfahrens ihre Mitteilung zur Reform des EU-Asylsystems in die richtige Richtung konkretisiert hat.

Bundesratsminister Huber: „Es liegt auf der Hand, dass die nach dem geltenden Recht für die Durchführung der Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaaten, insbesondere Griechenland und Italien, bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme unterstützt werden müssen. Hierzu ist die Dublin-Verordnung um einen europaweiten Verteilmechanismus für besondere Belastungssituationen zu ergänzen. Außerdem ist das Dublin-Überstellungsverfahren insgesamt zu vereinfachen und wirkungsvoller zu gestalten. Die Bestrebungen zur Beschleunigung von Asylverfahren sind sinnvoll. Bei dieser Gelegenheit müssen fehlerhafte Zuzugsanreize unionsweit verbindlich beseitigt werden“, ergänzte der Minister.

Im Weiteren fordert die Staatsregierung jedoch umfassende Korrekturen an den ersten Überlegungen der EU-Kommission. Bayern lehnt insbesondere den in der Mitteilung enthaltenen Vorschlag, anstelle von nationalen Behörden langfristig EU-Asylbehörden mit eigener Entscheidungskompetenz zu schaffen, durchweg ab.

Huber: „Hier schießt die Kommission eindeutig über das Ziel hinaus. Eine solche Zuständigkeitsverlagerung würde die nationale Souveränität in einem wesentlichen Politikfeld weitgehend einschränken. Damit würden künftig ausschließlich EU-Behörden darüber entscheiden, welche und wie viele Personen in Deutschland asylberechtigt sind und sich aufhalten dürfen. Derartig sensible Fragen können keinesfalls der EU überlassen werden.“

Angesichts der aktuellen Lage erteilte Huber auch den Plänen der Kommission über Wege für mehr legale Zuwanderung eine klare Absage:

Die aktuellen Flüchtlingszahlen haben Bayern und Deutschland in den zurückliegenden Monaten an die Belastungs- und Leistungsgrenzen geführt. Solange diese Entwicklung nicht verlässlich und nachhaltig zurückgeht, ist es völlig verfehlt, über Maßnahmen nachzudenken, die nicht zu einer zahlenmäßigen Entlastung führen, sondern ein Mehr an Zuzug bedeuten.“

[Red. Hinweis: Zur Meldungen im Kontext „Reform des europäischen Asylsystems“ vgl. hier.]

Zum Gesetzentwurf zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (TOP 17)

Bayern unterstützt das Anliegen des Gesetzentwurfs, den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung zu verbessern.

Huber: „Das geltende Recht weist gravierende Strafbarkeitslücken und Wertungswidersprüche auf. Hiergegen muss nach Auffassung der Staatsregierung allerdings noch umfassender vorgegangen werden, als die Bundesregierung dies vorschlägt.“

Die aktuelle Diskussion zeigt, dass ein erhebliches öffentliches Interesse und Bedürfnis nach einer weitergehenden Reform des Sexualstrafrechts besteht.

Die Staatsregierung steht dabei auch der Ausdehnung einer Strafbarkeit auf alle nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen im Sinne einer ‘Nein-heißt-Nein‘-Lösung offen gegenüber“, erklärte der Minister.

Darüber hinaus sieht Bayern Schutzlücken bei sexuell motivierten körperlichen Berührungen mit Belästigungscharakter.

Auch das sogenannte ‘Grapschen‘ ist demütigend und verletzt die Opfer in ihrer Persönlichkeits- und Intimsphäre. Solches Verhalten ist keine bloße Unanständigkeit, sondern strafwürdig und muss als Eingriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung strafrechtlich verfolgt werden können“, erklärte der Minister.

Als Defizit des Gesetzentwurfs erachtet Bayern die vorgesehene Streichung des besonders schweren Falls der Nötigung zu einer sexuellen Handlung. Bayerns Bundesratsminister:

Gerade im Bereich der Kommunikation über das Internet kommt es häufig vor, dass Opfer mit nachteiligen und kompromittierenden Handlungen bedroht werden, wenn sie nicht pornografische Bilder von sich fertigen und übermitteln. Das Strafrecht muss weiterhin eine klare und scharfe Antwort auf derartige Taten haben.“

Als Konsequenz zu den Ereignissen während der letzten Silvesternacht in Köln will Bayern zudem sexuelle Übergriffe, die aus Gruppen heraus oder durch Gruppen begangen werden, mit strafrechtlichen Mitteln besser erfassen und angemessen ahnden.

Huber: „Derartige Situationen sind für die Betroffenen besonders gefährlich. Durch die Übermacht einer Personenmehrheit und durch die für Gruppen typische Eigendynamik verschlechtert sich ihre Lage deutlich. Wir sollten deshalb über eine neue Regelung nachdenken, die das Unrecht solcher Taten spezifisch abbildet.“

[Red. Hinweis: Zu Meldungen und Stellungnahmen im Kontext dieses Gesetzgebungsvorhabens vgl. hier.]

Staatskanzlei, Pressemitteilung v. 12.05.2016