Die 4. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten Wolfgang Heilek am 3. August 2016 entschieden, dass der Schutz der Totenruhe gegenüber dem Recht der Angehörigen auf Totenfürsorge grundsätzlich höher wiegt und hat die Klage einer Tochter auf Genehmigung der Umbettung der Urne der verstorbenen Mutter auf einen anderen Friedhof abgelehnt (Az. AN 4 K 16.00882).
Die in Thüringen ansässige Klägerin begehrte die Überführung der Urne von Ansbach an ihren Wohnort, um sich dort besser um das Grab ihrer Mutter kümmern zu können. Es sei zudem der Wunsch der Verstorbenen gewesen, dass die Asche im Falle eines Rückzugs in ihre Heimat mitgenommen werde. Die Klägerin selbst ist 1988 aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik Deutschland umgesiedelt. Ein Jahr später folgte ihre Mutter. Die Klägerin machte geltend, ihr Wunsch auf Umbettung der Urne sei angesichts der besonderen Umstände, die vor der politischen Wende zu der Ausreise aus der damaligen DDR geführt hätten, nachvollziehbar und entspreche auch dem Wunsch aller nahen Angehörigen.
Die beklagte Kirchenstiftung hatte die beantragte Urnen-Umbettung vor Ablauf der hier geltenden Ruhezeit von 10 Jahren mit der Begründung abgelehnt, dass nach der religiösen und sittlichen Anschauung und dem allgemeinen Pietätsempfinden ein Toter, der einmal beigesetzt worden sei, in seiner Ruhe nicht mehr gestört werden dürfe. Eine Ausnahme bilde nur der Fall, wenn ganz besondere Gründe vorlägen, hinter denen selbst die Achtung der Totenruhe zurückzutreten habe.
Das Gericht bestätigte die Auffassung der Kirchenstiftung, dass solche wichtigen Gründe hier nicht vorlägen. Für die Umbettung der Urne sei die Erlaubnis des Friedhofsträgers erforderlich. Diese sei zu Recht abgelehnt worden.
Damit gewichtete das Gericht den Schutz der Totenruhe – als Ausfluss der Menschenwürde – höher als das Bedürfnis der Angehörigen im Hinblick auf die Totenfürsorge. Der Schutz der Totenruhe genieße Verfassungsrang und entspreche dem allgemeinen Sittlichkeit- und Pietätsempfinden. Der Wille des Verstorbenen auf Überführung der sterblichen Überreste könne nur dann gegenüber der Totenruhe höher wiegen, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten nachweisbar sein klares Einverständnis mit der Umbettung erklärt habe. Dies konnte jedoch trotz Zeugenbefragung in der mündlichen Verhandlung nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Auch der Vortrag der Klägerin, ihr Recht auf Totenfürsorge sei durch den Umzug in eine ca. 270 km entfernte Stadt in Thüringen erheblich eingeschränkt, stellte für das VG Ansbach keinen wichtigen Grund dar.
Gegen das Urteil des VG Ansbach kann innerhalb eines Monats ab Zustellung des vollständigen Urteils Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden, über den der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München zu entscheiden hätte.
VG Ansbach, Pressemitteilung v. 25.08.2016 zum Urt. v. 03.08.2016, AN 4 K 16.00882