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BayVGH: Aufhebung des geschützten Landschaftsbestandsteils „Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst“ im Steigerwald ist rechtens

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Mit Urteil vom 28.07.2016, zu dem die schriftlichen Urteilsgründe jetzt vorliegen, hat der BayVGH die Normenkontrollanträge des Bunds Naturschutz in Bayern e.V. und des Landesbunds für Vogelschutz in Bayern e.V. gegen die Aufhebung des geschützten Landschaftsbestandsteils „Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst“ abgelehnt.

Nach Auffassung des BayVGH steht den Antragstellern als anerkannten Naturschutzvereinigungen zwar eine aus dem Europarecht abgeleitete Befugnis zu, die Wirksamkeit der in Streit stehenden Verordnung gerichtlich kontrollieren zu lassen. Die Aufhebung der Verordnung, mit welcher der geschützte Landschaftsbestandteil ausgewiesen wurde, sei aber rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Regierung von Oberfranken sei befugt gewesen, die vom ursprünglich zuständigen Landratsamt Bamberg erlassene Verordnung zur Ausweisung des 775 Hektar großen geschützten Landschaftsbestandteils aufzuheben. Durch Änderung des BayNatSchG im April 2015 sei die Zuständigkeit für den Erlass und die Aufhebung von Rechtsverordnungen über geschützte Landschaftsbestandteile mit einer Größe von mehr als 10 Hektar von den Kreisverwaltungsbehörden auf die Regierungen übergangen. Diese Zuständigkeitsverlagerung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die aufgehobene Verordnung des Landratsamts war nach Auffassung des Gerichts rechtswidrig und damit nichtig. Für die Unterschutzstellung des betreffenden Gebiets fehle es an einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Bei der im BNatSchG angelegten Schutzkategorie des „geschützten Landschaftsbestandteils“ handle es sich – unabhängig von der Flächenhaftigkeit des Schutzobjekts – um eine Kategorie des sog. Objektschutzes. An der deshalb erforderlichen optischen Abgrenzbarkeit der unter Schutz gestellten Waldfläche zu der sie umgebenden Landschaft fehlt es nach den Feststellungen des Gerichts, das sich im Vorfeld der mündlichen Verhandlung ein Bild von den Verhältnissen vor Ort gemacht hat. Trotz des vorhandenen großen Buchenbestands bestehe der streitgegenständliche Landschaftsbestandteil im Wesentlichen diesseits und jenseits seiner Außengrenzen aus Mischwald. Der geschützte Landschaftsbestandteil hebe sich nicht erkennbar von seiner Umgebung ab. Bereits aus diesem Grund habe „Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst“ – ungeachtet seiner zweifelsfrei bestehenden Schutzwürdigkeit – nicht als geschützter Landschaftsbestandteil i.S.d. BNatSchG ausgewiesen werden können. Ungeachtet dessen sei das Gebiet weiterhin als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) und als Vogelschutzgebiet geschützt.

Gegen die Entscheidung kann beim BVerwG in Leipzig innerhalb eines Monats Revision eingelegt werden. Der BayVGH hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

BayVGH, Pressemitteilung v. 18.10.2016 zum Urt. v. 28.07.2016, 14 N 15.1870 (Volltext, PDF)

Redaktioneller Hinweis

Das Gericht hat folgende Leitsätze formuliert:

  1. In unionskonformer Auslegung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO haben anerkannte Naturschutzvereinigungen eine prokuratorische Rechtsstellung inne, unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen des objektiven Unionsumweltrechts, wie Art. 4 Abs. 4 FFH-RL mit seiner Unterschutzstellungspflicht, zu ihrem eigenen Anliegen zu machen (in Fortführung von BVerwG, Urt. v. 05.09.2013 – 7 C 21.12 – BVerwGE 147, 312).
  2. Die Zuständigkeitsregelung des Art. 51 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c BayNatSchG (sog. Lex Steigerwald) verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
  3. Beim geschützten Landschaftsbestandteil handelt es sich auch bei einer Flächenhaftigkeit des Schutzobjekts um eine Kategorie des Objektschutzes mit der Folge, dass sich der Landschaftsbestandteil optisch zur umgebenden Landschaft abgrenzen muss.
  4. Ob die erforderliche Abgrenzbarkeit gegeben ist, beurteilt sich anhand der tatsächlichen Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Ausweisung des Schutzobjekts durch Rechtsverordnung.