Der I. Zivilsenat des BGH hat heute über die Klage eines nicht berücksichtigten Bewerbers um ein Stipendium entschieden.
Die Beklagte ist eine durch das Saarland gegründete gemeinnützige Stiftung, die Stipendien an Studierende der saarländischen Hochschulen vergibt. Sie schrieb im Jahr 2010 ein Stipendium für die Teilnahme an einem zweisprachigen Master-Studiengang des Europa-Instituts der Universität des Saarlandes mit einer zwölfmonatigen Förderung, beginnend im Oktober 2010, aus. Zugelassen waren Bewerber aus aller Welt mit juristischem oder vergleichbarem Studium mit sehr gutem Studienabschluss und sehr guten englischen oder deutschen Sprachkenntnissen. Die Bewerber sollten ein aussagekräftiges Motivationsschreiben einreichen. Die Vergabe des Stipendiums sollte in einem schriftlichen Auswahlverfahren erfolgen. Der Kläger, der die Erste Juristische Staatsprüfung mit der Gesamtnote „sehr gut“ abgelegt hatte, bewarb sich vergeblich um das Stipendium. Er absolvierte den Master-Studiengang ohne das Stipendium.
Der Kläger hat mit seiner im März 2011 erhobenen Klage zunächst von der Beklagten Auskunft über die Gründe seiner unterbliebenen Berücksichtigung bei der Stipendienvergabe verlangt. Im Februar 2012 hat er die Klage dahingehend umgestellt, dass er nunmehr in erster Linie eine neue Entscheidung der Beklagten über seine Bewerbung beansprucht. Hilfsweise hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte nicht berechtigt war, seine Bewerbung abzulehnen.
Diese Ansprüche hat das Landgericht sowohl in einem ersten Berufungsurteil als auch – nach dessen Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof des Saarlandes – in einem zweiten Berufungsurteil verneint. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die abgewiesenen Klageanträge weiter.
Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt.
Der Kläger hat als Bewerber für ein Stipendium keinen direkten Anspruch auf Stiftungsleistungen, weil die Stiftungssatzung den Kreis der Empfänger nicht festlegt, sondern die Auswahl der zu fördernden Stipendiaten dem Vorstand überlässt. Der Kläger kann auch nicht beanspruchen, dass die beklagte Stiftung erneut über seine Bewerbung entscheidet. Da die Beklagte das Stipendium bereits einem anderen Bewerber gewährt und der Kläger den geförderten Studiengang ohne das Stipendium absolviert hat und weil der Förderzeitraum abgelaufen ist, ist die Klage auf erneute Entscheidung über die Bewerbung des Klägers im Ergebnis auf eine unmögliche Leistung gerichtet. Der mit dem Stipendium verfolgte Förderzweck kann nicht mehr erreicht werden.
Soweit der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt hat, dass die Ablehnung seiner Bewerbung um das Stipendium rechtswidrig war, besteht für eine solche Klage grundsätzlich kein Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger hat bessere Rechtsschutzmöglichkeiten, weil er Schadensersatz in Form der entgangenen Stipendienleistungen oder der vergeblichen Bewerbungskosten geltend machen kann. Schadensersatzansprüche hat der Kläger jedoch nicht verfolgt.
Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung seiner Bewerbung gerichtete Klage ist auch nicht ausnahmsweise zulässig. Insbesondere besteht auf Seiten des Klägers kein Rehabilitierungsinteresse, aus dem ein Interesse an einer Feststellung abgeleitet werden könnte. Nach ihren unwiderlegten Angaben hat die Beklagte die Studienabschlüsse der Bewerber, deren Motivationsschreiben, Besonderheiten in deren Lebenslauf (Doppelstudium, Auslandsstudium, Berufserfahrung) und soziale und wirtschaftliche Aspekte bei der Stipendienvergabe berücksichtigt. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der Kläger bei der Stipendienvergabe wegen seiner Parteizugehörigkeit benachteiligt wurde. Dass der Kläger sich durch die ablehnende Entscheidung der Beklagten diskriminiert gefühlt hat, begründet ein Feststellungsinteresse ebensowenig wie der Umstand, dass der Kläger für einen Schadensersatzanspruch darlegen und beweisen müsste, dass er bei ordnungsgemäßer Vergabe das Stipendium hätte erhalten müssen und dass eine solche Beweisführung wegen des weiten Entscheidungsspielraums der Beklagten schwierig ist.
BGH, Pressemitteilung v. 15.12.2016 zum Urt. v. 15.12.2016 – I ZR 63/15