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Landtag: Ausschuss Öffentlicher Dienst – Übergang zur Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen

Durch die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs spart sich Bayern laut Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ab 2020 jährlich € 1,3 Mrd. Im Gegenzug mussten die Länder die Zuständigkeit für Planung und Bau von Autobahnen vollständig an den Bund abgeben. Das bereitet dem Personal der Obersten Baubehörde im Bayerischen Verkehrsministerium Sorgen – zu Unrecht, meint Ministerialdirigent Gerhard Reichel.

„Das Personal ist total verunsichert“, berichtete die Vorsitzende des Hauptpersonalrats der Obersten Baubehörde, Heike Badenhop-Hund.

Viele würden bereits versuchen, bei anderen Bauämtern oder privaten Arbeitgebern unterzukommen.

„Dabei haben wir sowieso schon zu wenig Personal“, ergänzte sie.

Wenn sich die Situation nicht bald ändere, könnte die Autobahndirektionen ihre Arbeit nicht mehr erfüllen.

Bei der bayerischen Staatsbauverwaltung sind neben der Obersten Baubehörde 22 staatliche Bauämter, sieben Bauabteilungen an den Regierungen und die zwei Autobahndirektionen in Nürnberg und München angesiedelt. Fast ein Viertel der 10.000 Mitarbeiter ist von den Umstrukturierungsmaßnahmen betroffen. Insgesamt betreuen die Autobahndirektionen Nord- und Südbayern jeweils rund 10% der deutschen Autobahnkilometer.

Ministerialdirigent Reichel räumt zwar ein, dass sich die Oberste Baubehörde diese Entwicklung fachlich nicht zwingend gewünscht hätte.

„Die Belange der Beschäftigten sind aber sichergestellt“, betont er.

Die Infrastrukturgesellschaft und ihre Tochtergesellschaften seien in unveräußerlichen Eigentum des Bundes, eine mittelbare oder unmittelbare Beteiligung privater Unternehmen sei ausgeschlossen und eine öffentlich-private Partnerschaft für das Gesamtnetz und „wesentliche Teilnetze“ nicht möglich.

Reichel hofft auf eine Eins-zu-Eins-Umsetzung der bayerischen Strukturen im Bund.

„Bayern war die Blaupause für dieses Modell“, erklärte er.

Die Infrastrukturgesellschaft soll ab 01.01.2020 erste Aufgaben von den Ländern übernehmen, spätestens ein Jahr später soll die Verwaltung der Bundesautobahnen ausschließlich durch sie erfolgen. Für Angestellte und Beamte gebe es Garantien für Arbeitsplatz, Status und Ort. Laut Reichel übernimmt der Bund auch alle wechselbereiten Beamten, Arbeitnehmer und Auszubildende.

„Es wird keine Rosinenpickerei geben.“

Die Verwaltung der Bundesstraßen bleibt auch zukünftig bei den staatlichen Bauämtern. Zwar könnten die Länder auf Antrag auch Bundesstraßen dem Bund überlassen.

„Der bayerische Verkehrsminister hat aber klar gemacht: Unsere Bundesstraßen bleiben in Bayern.“

Gleiches gelte für Planfeststellung und Plangenehmigung.

Der Ausschussvorsitzende Tobias Reis (CSU) zeigte sich mit dem Bericht zufrieden, die Fraktionen von SPD und FREIE WÄHLER erklärten ihre Dringlichkeitsanträge für mehr Rechtssicherheit für die Beschäftigten für erledigt. Markus Ganserer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mahnte, die Fremdvergabe von Planungsaufträgen zu reduzieren. Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Peter Meyer (FREIE WÄHLER) verlangte, dass dem Ausschuss während der gesamten Übergangszeit regelmäßig Bericht erstattet wird.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus den Ausschüssen v. 04.07.2017 (von David Lohmann)

Redaktionelle Anmerkung

Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen umfasst zwei Gesetze, die der Bundestag am 01.07.2017 beschlossen hat (vgl. hier): Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g) und Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften. Der Bundesrat hat beiden Vorhaben auf seiner 958 Sitzung am 02.06.2017 zugestimmt (vgl. TOP 51a und 51b).

Infrastrukturgesellschaft

Hinsichtlich der öffentlich breit diskutierten Gründung einer Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen (Stichwort „Autobahnprivatisierung“) wurden die verfassungsrechtlichen Weichen durch Änderungen von Art. 90, 143e GG gestellt: Durch Änderung von Art. 90 GG wird die Verwaltung der Bundesautobahnen in Bundesverwaltung überführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. In Art. 143e GG werden dem Bund die erforderlichen Kompetenzen zur Gewährleistung des Übergangs von der Bundesauftragsverwaltung zur Bundesverwaltung im Bereich der Bundesautobahnen eingeräumt.

Das Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften beinhaltet in der Folge das Gesetz über die Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen (Artikel 13) und in Art. 14 das Gesetz zur Errichtung eines Fernstraßen-Bundesamtes und in den Art. 15-22 weitere notwendige Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der Infrastrukturgesellschaft.

Der neue Wortlaut des Art. 90 GG in der vom Bundestag beschlossenen und vom Bundesrat gebilligten Fassung (ein Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses der Länder Brandenburg, Berlin und Thüringen fand keine Mehrheit) lautet (Änderungen im Gesetzestext durchgestrichen bzw. gefettet; sofern gefetteter Text durchgestrichen bzw. kursiviert ist, gibt dies Auskunft zu den Änderungen der endgültig beschlossenen Fassung gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf):

Art. 90 GG – neu –

(1) Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichsautobahnen und Reichsstraßen.
(1) Der Bund ist bleibt Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich.
(2) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwalten die Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes.
(2) Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. Eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Dritter an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ist ausgeschlossen. Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(2) (3) Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften verwalten die Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrage des Bundes.
(3) (4) Auf Antrag eines Landes kann der Bund Bundesautobahnen und sonstige die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs, soweit sie im Gebiet dieses Landes liegen, in bundeseigene Verwaltung Bundesverwaltung übernehmen.

Ass. iur. Klaus Kohnen