Gesetzgebung

Landtag: Erste Lesung zum Bayerischen Teilhabegesetz

Es soll am 01.01.2018 in Kraft treten und Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmteres Leben ermöglichen – das Bundesteilhabegesetz. Mit ihm sind größere Sozialreformen verbunden, denn es schafft für Menschen mit Behinderung ein eigenständiges Recht auf Leistungen. Damit entfallen die bisherigen Unterstützungsangebote über die Sozialhilfe. Zur landesrechtlichen Umsetzung des Bundesgesetzes hat die Staatsregierung dazu nun in Erster Lesung einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht.

Im Freistaat sollen Menschen mit Behinderung künftig ihre Leistungen „aus einer Hand“ über die Bezirke erhalten. Alle Belange, wie Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege sowie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden dort gebündelt. Diskussionen und Streitigkeiten der kommunalen Spitzenverbände um Zuständigkeiten gehörten damit der Vergangenheit an, freute sich Bayerns Sozialministerin Emilia Müller bei der Vorstellung des Bayerischen Teilhabegesetzes im Landtag.

Bayern will seinen landesgesetzlichen Spielraum auch dafür nutzen, um Menschen mit Behinderung bessere Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu geben. So soll das sog. ‚Budget für Arbeit‘ in Bayern um 20% besser ausgestattet werden als vom Bund vorgesehen. Dieses Budget entlastet Arbeitgeber, die einen Menschen mit Behinderung anstellen. Sie erhalten einen finanziellen Ausgleich zum Beispiel für einen höheren Betreuungsaufwand am Arbeitsplatz.

„Wir heben den möglichen Förderbetrag beim Budget für Arbeit deutlich an. Damit schaffen wir eine für Arbeitgeber attraktive Finanzierung“, erläuterte die Ministerin.

Vertreter der Oppositionsfraktionen würdigten den Paradigmenwechsel, der mit dem Teilhabegesetz eingeleitet wird.

„Es ist gut und überfällig, dass in den Mittelpunkt gerückt wird, Menschen mit Behinderungen nicht länger zu benachteiligen“, betonte Ilona Deckwerth (SPD).

Nachbesserungsbedarf sieht die Opposition aber insbesondere bei der finanziellen Ausstattung:

„Dass mit diesem Gesetz keine nennenswerten Mehrausgaben für den Staatshaushalt vorgesehen sind, geht an der Lebenswirklichkeit vorbei“, befand die SPD-Politikerin.

Auch Gabi Schmidt (FREIE WÄHLER) und Kerstin Celina (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) forderten eine „deutliche Erhöhung des ‚Budgets für Arbeit‘“, da sonst das Modell unattraktiv bleibe.

Das Gesetz zur landesrechtlichen Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes wurde im Rahmen eines umfassenden Beteiligungsprozesses von Januar bis April 2017 erarbeitet. Im Landtag wird sich nun in den nächsten Wochen der Sozialausschuss federführend mit dem Thema auseinandersetzen.

Bayerischer Landtag, Aktuelles – Sitzungen – Aus dem Plenum v. 17.10.2017 (von Katja Helmö)

Redaktionelle Hinweise

  • Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs: hier.
  • Verfahrensverlauf, ggfls. Beiträge und amtliche bzw. kommunale Stellungnahmen auf einen Blick: hier.
  • Gesetzentwurf (Vorgangsmappe des Landtags): hier.
  • Gesetzgebungsübersicht für den Freistaat Bayern: hier.

Stichworte zum Gesetzentwurf: landesrechtliche Umsetzung des BTHG (da das BTHG für die umzusetzenden Regelungen unterschiedliche Inkrafttretenszeitpunkte vorsieht, müssen auch die Regelungen im Landesrecht gestaffelt in Kraft treten; dies hat zur Folge, dass die landesrechtlichen Änderungen in zwei Gesetzesvorhaben – BayTHG I: Inkrafttreten Januar 2018; BayTHG II: Inkrafttreten Januar 2020 – unterteilt werden müssen; in das parlamentarische Verfahren eingebracht werden darf zunächst nur das BayTHG I; das Gesetzgebungsverfahren für das BayTHG II soll im Jahr 2019 folgen); Nutzung landesrechtlicher Regelungsspielräume (z.B. höheres „Budget für Arbeit“, das als echte Alternative zu der Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen ausgestaltet werden soll, oder anlasslose Qualitätsprüfungen durch die Kostenträger im Rahmen der Eingliederungshilfe); weitgehende Bündelung von Zuständigkeiten bei den Bezirken (Leistungen der Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege und zur Sicherung des Lebensunterhalts); Pflicht der Sozialhilfeträger, für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich untereinander Kooperationsvereinbarungen abzuschließen; Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen („Nicht ohne uns über uns“); Vergütung bei den interdisziplinären Frühförderstellen; maximaler Zahlbetrag beim Budget für Arbeit; Erarbeitung des Instruments zur Bedarfsermittlung; Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen; Besetzung der Schiedsstelle/Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen; Umbenennung Integrationsamt in Inklusionsamt.