Das BVerwG in Leipzig hat heute entschieden, dass Gemeinden Sondergebiete festsetzen dürfen, die als bauliche Nutzung eine ständige Wohnnutzung und Ferienwohnungen in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang vorsehen.
Im Verfahren BVerwG 4 C 5.16 verlangte eine Eigentümerin, die Nutzung ihrer Wohnung auf Sylt als Ferienwohnung zu gestatten. Die nach erfolglosem Antrags- und Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das VG Schleswig ab. Der Nutzungsänderung stehe ein 2012 erlassener Bebauungsplan entgegen. Dieser setze ein Sondergebiet nach § 11 BauNVO fest und verlange, jedenfalls eine Wohnung pro Gebäude zum dauernden Wohnen zu nutzen. Die Erfüllung dieser Voraussetzung sei nicht gesichert. Der Bebauungsplan sei auch wirksam. Die Baunutzungsverordnung verbiete nicht, das dauernde Wohnen und die Nutzung von Ferienwohnungen in einem Sondergebiet wie geschehen zu kombinieren.
AnzeigeIn dem Verfahren BVerwG 4 CN 6.17 wandte sich ein Grundstückseigentümer gegen einen Bebauungsplan der Stadt Norderney aus dem Jahr 2014. Dieser setzt ein sonstiges Sondergebiet fest, das überwiegend der Unterbringung von Anlagen und Einrichtungen des Dauerwohnens sowie weiterhin untergeordnet der Fremdenbeherbergung dienen soll. Er verlangt, je Wohngebäude mindestens eine Wohnung zum dauerhaften Aufenthalt vorzusehen und begrenzt die Anzahl der Ferienappartements auf zwei je Wohngebäude. Den dagegen erhobenen Normenkontrollantrag lehnte das OVG Lüneburg ab.
Die Revisionen blieben erfolglos. Maßgebend waren jeweils Fassungen der BauNVO vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 04.05.2017 (BGBl. I S. 1057). Das BVerwG hielt die Bebauungspläne für wirksam. Die Festsetzungen schaffen Gebiete, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Ihr Festsetzungsgehalt lässt sich keinem der dort geregelten Gebietstypen zuordnen, wie ein Vergleich mit den allgemeinen Zwecksetzungen dieser Baugebiete ergibt. Dauerwohnen und Ferienwohnungen sind jedenfalls nicht unvereinbar, wenn diese Nutzungen in einem räumlich- funktionalen Zusammenhang stehen, etwa „unter einem Dach“ ausgeübt werden. Aus § 10 Abs. 4 BauNVO folgt nichts anderes. Die im Jahr 1977 geschaffene Vorschrift bietet eine Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Ferienhausgebieten, beabsichtigte aber nicht, die schon damals bekannte Vermietung von Ferienwohnungen in gewachsenen Wohnlagen zu untersagen und Sondergebieten für die Erholung vorzubehalten.
BVerwG, Pressemitteilung v. 18.10.2017 zu den Urt. v. 18.10.2017 – BVerwG 4 C 5.16 und BVerwG 4 CN 6.17