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Deutscher Städtetag: Gemeindefinanzbericht 2017 veröffentlicht

Die Städte fordern von einer neuen Bundesregierung Lösungen, um wachsende Unterschiede zwischen strukturschwachen und wirtschaftsstarken Städten und Regionen abzubauen, regionale Chancengleichheit herzustellen und den Abbau von Altschulden zu ermöglichen. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sagte heute anlässlich der Veröffentlichung des Gemeindefinanzberichts 2017 des Deutschen Städtetages mit dem Titel „Gleichwertige Lebensverhältnisse von Aachen bis Zwickau“:

„Wir wollen, dass unsere Städte Chancen für alle Menschen bieten, die in ihnen wohnen. Egal, ob in Ost, West, Nord oder Süd. Bund und Länder müssen dafür sorgen, dass die Städte finanziell so ausgestattet sind, ihre Aufgaben erfüllen zu können und dass die Infrastruktur nicht verfällt. Dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse fühlen sich auch Bund und Länder verpflichtet. Jetzt ist es an der Zeit, den Sonntagsreden konkrete Taten folgen zu lassen. Deshalb fordern wir von einer neuen Regierungskoalition den Ausbau der Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftsstruktur zu einem leistungsfähigen gesamtdeutschen Regionalfördersystem, das Entwicklungschancen für alle Städte bietet und das Wachstum in den strukturschwachen Regionen stärkt. Die Mittel von derzeit jährlich € 320 Mio. für die wirtschaftsnahe kommunale Infrastruktur müssen entscheidend aufgestockt werden, damit zurückgefallene Kommunen und Regionen wirklich aufholen können.“

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Die regionalen Unterschiede haben in den vergangenen Jahrzehnten vielfach zugenommen. Gleichzeitig zeige die Entwicklung in einigen Regionen in Ostdeutschland, dass sich durch Investitionen in die örtliche Infrastruktur die Chancen auf Anschluss an die allgemeine Entwicklung verbessern können. Diese Chance müsse allen strukturschwachen Regionen in Ost und West gewährt werden.

Der Deutsche Städtetag zeigt sich besorgt angesichts des Risikos, das sich aus den immens hohen Altschuldenbeständen vor allem in strukturschwachen Kommunen ergibt. Bei wieder steigenden Zinsen sei das kaum beherrschbar. Davon betroffene Städte können ihr Altschuldenproblem nicht allein und aus eigener Kraft lösen. Diese Städte sollten Unterstützung von Bund und Ländern erhalten, erläutert die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Verena Göppert:

„Die Lösung der Altschuldenproblematik gehört jetzt auf die Agenda. Kommunen mit Kassenkrediten in Höhe von mehreren Tausend Euro je Einwohner können bei steigenden Zinsen in eine finanzpolitische Katastrophe laufen. Hier ist der Bund gefordert, zusammen mit den jeweiligen Ländern in der neuen Legislaturperiode eine Lösung des Altschuldenproblems anzugehen. Erstens sind die Bedingungen für eine Lösung derzeit angesichts von Haushaltsüberschüssen bei Bund und Ländern sowie der niedrigen Zinsen so gut wie nie zuvor. Zweitens es ist nicht vorhersehbar, wie lange das derzeitig historisch niedrige Zinsniveau noch anhält. Dabei ist klar, dass Entschuldungshilfen auch mit Konsolidierungsauflagen für die betroffenen Städte verbunden sein werden.“

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Um das Zinsrisiko zu verringern, hält der Deutsche Städtetag zunächst schnelle Maßnahmen von Bund und Ländern für nötig. Anschließend müsse es darum gehen, Wege zu finden um die kommunalen Altschulden auf ein akzeptables Maß zurückzuführen. Der kommunale Spitzenverband weist darauf hin, dass hohe Altschuldenbestände keinesfalls das Ergebnis allein eigener kommunaler Entscheidungen sind, sondern vielmehr die Folge eines langen Prozesses aus wirtschaftlichen Entwicklungen, Strukturwandel sowie Globalisierungsfolgen. Die betroffenen Städte seien deshalb in aller Regel weder in der Lage, ihre Altschuldenproblematik allein zu lösen, noch wäre es gerecht, ihnen Unterstützung zu versagen.

Zahlen und Erläuterungen zur kommunalen Finanzlage aus dem Gemeindefinanzbericht des Deutschen Städtetages 2017

  • Für das Jahr 2017 prognostiziert der Deutsche Städtetag insgesamt kommunale Einnahmen von € 246,9 Mrd. – das sind plus 5,6% im Vergleich zum Vorjahr. Er rechnet mit Ausgaben von € 242,8 Mrd., was einem Anstieg um 5,9% entspricht.
  • Bei den kommunalen Steuereinnahmen wird für 2017 eine Steigerung von 5,0% erwartet. Die kommunalen Steuereinnahmen erreichen im Jahr 2017 voraussichtlich das Volumen von € 94,3 Mrd. Der Anteil der Steuereinnahmen an den Gesamteinnahmen beträgt im Jahr 2017 circa 38%.
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    Der Finanzierungssaldo der Gesamtheit der Kernhaushalte der Städte, Landkreise und Gemeinden ist im Jahr 2017 voraussichtlich positiv. Das Vorjahresniveau kann eventuell erreicht werden. In den Jahren 2018 und 2019 ist mit deutlich schlechteren Ergebnissen zu rechnen. Derzeit muss für das Jahr 2019 sogar mit einem Defizit gerechnet werden, da viele Regelungen zur Flüchtlingsfinanzierung bislang bis zum Jahr 2018 befristet sind.

  • Die Kassenkredite in den Kernhaushalten der Kommunen betrugen zum Jahresende 2016 insgesamt € 49,7 Mrd. Sie verharren damit auf dem hohen Niveau des Vorjahres.
  • Bei den kommunalen Ausgaben für soziale Leistungen sind 2017 Steigerungen gegenüber dem Vorjahr in Höhe von 5,6% zu erwarten. Mit einem Rückgang der Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge gehen die Sozialausgaben keinesfalls automatisch zurück, so dass sich der Bedarf an Transferleistungen an der Zahl der zu versorgenden Flüchtlinge orientiert. Durch den Flüchtlingszuzug fand eine Niveauverschiebung bei den Sozialausgaben statt. Vergleichbare Steigerungsraten wie im Vorjahr, in dem das Wachstum der Sozialausgaben über 10% betrug, können ausgeschlossen werden. Das Niveau der Sozialen Leistungen wird im Jahr 2017 voraussichtlich bei € 62,3 Mrd. liegen.
  • Bei den Investitionen ist im laufenden Jahr eine deutliche Steigerung um 14,4% auf € 27,2 Mrd. zu erwarten. Diese überproportionalen Steigerungen, die sich in den kommenden Jahren nicht fortsetzen werden, sind insbesondere eine Reaktion auf den leichten Rückgang des Investitionsvolumens im Vorjahr. Die Investitionstätigkeit der Kommunen reicht allerdings dennoch nicht aus, um den auf kommunaler Ebene bestehenden erheblichen Investitionsstau mittelfristig abbauen zu können.
  • Der Deutsche Städtetag weist darauf hin, dass sich die bisherigen und zusätzlichen Mittel des Bundes zur Finanzierung sozialer Leistungen in der Kommunalfinanzstatistik nicht als Rückgang auf der Ausgabenseite auswirken. Sie erhöhen vielmehr die kommunalen Einnahmen. Das gilt auch für die schrittweise Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter durch den Bund und die Finanzierung des Bildungs- und Teilhabepakets.

Weitere Informationen:

  • Zu den Schlaglichtern aus dem Gemeindefinanzbericht 2017 (Kurzfassung des Berichts)
  • Zur Langfassung des Gemeindefinanzberichts 2017
  • Weitere Informationen und ausgewählte Grafiken zum Gemeindefinanzbericht

Deutscher Städtetag, Pressemitteilung v. 03.11.2017