Gesetzgebung

Staatsregierung: Gesetzentwurf für ein Bayerisches Richter- und Staatsanwaltsgesetz (BayRiStAG) eingebracht

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Die Staatsregierung hat o.g. Gesetzentwurf eingebracht (LT-Drs. 17/18836 v. 07.11.2017). Das neue BayRiStAG soll das aus dem Jahre 1965 stammende und in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.01.1977 geltende Bayerische Richtergesetz (BayRiG) ersetzen. Zwar habe sich das BayRiG in seinen wesentlichen Kernpunkten bewährt, jedoch habe sich die Gesellschaft, für deren Zusammenhalt und Funktionieren die Judikative einen wesentlichen Beitrag leiste, weiterentwickelt und auch die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Richter und Richterinnen seien, insbesondere durch den Einsatz moderner EDV, grundlegenden Änderungen unterworfen, so die Gesetzesbegründung. Diese Umstände könnten nicht ignoriert werden, sondern erforderten zur Sicherung einer modernen, effizienten und in der Gesellschaft verankerten Judikative, diese Entwicklungen aufzugreifen und gesetzgeberisch zu handeln. Der Ministerrat hatte einen Entwurf des BayRiStAG am 24.07.2017 beschlossen und in die Verbändeanhörung gegeben. Der Justizminister hob in der diesbezüglichen Pressemitteilung u.a. folgende Punkte hervor: die Staatsanwaltschaft werde in ihrer Bedeutung neben der Richterschaft als gleichwertig betont; Richter seien auch in ihrem äußeren Erscheinungsbild der Neutralität und strikten Bindung an das Gesetz verpflichtet (zur Diskussion um das „Kopftuch auf der Richterbank“); mit der Errichtung von IT-Räten werde der Schutz der richterlichen Unabhängigkeit mit dem Erfordernis eines effizienten Einsatzes moderner EDV in Einklang gebracht; zudem würden u.a. die Beteiligungsrechte der Richter maßvoll ausgeweitet. Der Bayerische Richterverein nahm zu dem Gesetzentwurf Anfang September 2017 Stellung.

Der Gesetzentwurf sieht laut Begründung (Allgemeiner Teil) insbesondere folgende Anpassungen und Änderungen vor:

„1. Struktur des Gesetzes

Das Gesetz wird insgesamt gesetzgebungstechnisch überarbeitet. Dies erfolgt, indem zunächst eine neue Gliederung eingezogen wird. Die bisherige Gliederung in fünf Abschnitte wird aufgegeben und durch eine Neugliederung in sechs Teile ersetzt. Diese Teile werden, soweit erforderlich, weiter in Kapitel, Abschnitte und Unterabschnitte unterteilt. Innerhalb dieser Gliederung wird Zusammengehörendes zusammengeführt. Weiter werden unnötige Wiederholungen beamtenrechtlicher Vorschriften aufgelöst, Verweisungen auf Erforderlichkeit und Stimmigkeit geprüft, nicht mehr Erforderliches gestrichen und Bereiche, in denen es im Verwaltungsvollzug zu Auslegungsschwierigkeiten gekommen ist, klarer geregelt. Dies betrifft etwa die Regelung zur Einbehaltung von Ruhegehalt im Disziplinarverfahren (Art. 60).

An der entsprechenden Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften, auf die ergänzend verwiesen wird (vgl. Art. 2 Abs. 1), wird weiter festgehalten. Diese Form der Gesetzgebung ist bereits im Deutschen Richtergesetz angelegt (vgl. § 71 DRiG) und könnte landesrechtlich auf Grund der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG geregelten Kompetenzverteilung auch nicht vollständig aufgelöst werden. Zudem trägt der Gesetzentwurf der besonderen Stellung der Richter und Richterinnen Rechnung, indem gerade die Besonderheiten des Richteramtsrechts gegenüber dem Beamtenrecht geregelt werden und damit auch leichter erkennbar sind.

2. Richter- und Staatsanwaltsvertretungen

Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich der Richtervertretungen. Ebenso wie das Personalvertretungsrecht findet auch das Richtervertretungsrecht seine Grundlage im Sozialstaatsprinzip. Die den richterlichen Vertretungsgremien zu Gunsten der Richter und Richterinnen eingeräumten Rechte sind ein wichtiges Mittel zur Wahrung der Persönlichkeitsentfaltung. Dementsprechend verpflichten die §§ 72 bis 75 DRiG den Landesgesetzgeber, Vertretungsorgane einzurichten.

Das Richtervertretungsrecht unterscheidet sich dabei vom Personalvertretungsrecht der Beamten und Beamtinnen schon durch die im Deutschen Richtergesetz vorgegebene Aufteilung der vertretungsrechtlichen Aufgaben auf zwei Gremien: den Präsidialrat für die Beteiligung in Personalangelegenheiten und den Richterrat für die Beteiligung an allgemeinen und sozialen Angelegenheiten. Diese Unterscheidung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Beamten und Beamtinnen sowie deren vorgesetzte Behörden beides Teile der Exekutive sind, während die Richter und Richterinnen sowie die Gerichtsverwaltung zwei verschiedenen Gewalten angehören. Der Richterrat soll die Interessen des einzelnen Richters bzw. der einzelnen Richterin sowie der Gesamtheit der Richter und Richterinnen eines Gerichts gegenüber dessen Vorstand vertreten; dem Präsidialrat obliegt hingegen die Vertretung der Interessen der Gerichtsbarkeit gegenüber der obersten Dienstbehörde (Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 6. Auflage, § 73 Rn. 5).

Die Mitwirkung in Personalangelegenheiten bleibt dem Präsidialrat vorbehalten, der weiterhin aus gewählten Mitgliedern sowie einem Gerichtspräsidenten oder einer Gerichtspräsidentin besteht. Eine dem Art. 78 Abs. 1 Buchst. a BayPVG entsprechende Beschränkung auf Beschäftigte und Stellen bis zur Besoldungsgruppe A 15 besteht nicht. Der Präsidialrat ist daher insbesondere bei der Vergabe sämtlicher Beförderungsstellen zu beteiligen. Er ist bei der Ausgestaltung seiner Stellungnahmen zudem frei. Der Personalrat darf die Zustimmung zu einer in Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayPVG genannten Maßnahme (etwa einer Beförderung, vgl. Nr. 2 der Vorschrift) demgegenüber nur aus den in Art. 75 Abs. 2 BayPVG genannten Gründen (Rechtswidrigkeit der Maßnahme, durch Tatsachen begründete Besorgnis einer ungerechtfertigten Benachteiligung sowie durch Tatsachen begründete Besorgnis einer Störung des Friedens in der Dienststelle) verweigern.

Das andere Gremium, der Richterrat, setzt sich nur aus gewählten Richtern und Richterinnen zusammen und ist für die allgemeinen und sozialen Angelegenheiten zuständig.

Die Regelungen im Gesetzentwurf orientieren sich am Bayerischen Personalvertretungsgesetz, allerdings in an die Besonderheiten des Richteramtsrechts angepassten Strukturen. Dabei wird auch berücksichtigt, dass das Richteramtsrecht – anders als das Beamtenrecht – auf Grund der richterlichen Unabhängigkeit in der Regel gebundene Entscheidungen vorsieht, so dass dem Dienstherrn bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen kein Ermessen zukommt. Weiter wird berücksichtigt, dass kein unnötiger, als Bürokratie empfundener, Verwaltungsaufwand sowie keine Doppelstrukturen geschaffen werden. Dies würde letztlich bspw. auf Grund verzögerter Entscheidungen zu Lasten der Richter und Richterinnen gehen. Gerade in Verwaltungsentscheidungen, die routinemäßig in einer Vielzahl von Fällen ohne Ermessen durchgeführt werden und in denen Mängel im Vollzug auch nicht ersichtlich sind, wäre von einer Ausweitung der Beteiligungsrechte ein Mehrwert nicht zu erwarten.

Der Gesetzentwurf setzt die Vorschriften und Strukturen des BayPVG daher nicht „eins zu eins“ um. Er verfolgt das Ziel, die Beteiligungsrechte an die Erfordernisse der Zeit anzupassen, die richterliche Unabhängigkeit zu schützen und dabei im Auge zu behalten, dass kein unnötiger zusätzlicher Verwaltungsaufwand generiert wird. Zudem sollen das Gesetz transparenter und anwenderfreundlicher ausgestaltet und die Unterschiede zwischen Personal- und Richtervertretungsrecht entsprechend der Bedeutung der Judikative als Dritter Staatsgewalt besser herausgearbeitet werden. Der Gesetzentwurf sieht hierzu Folgendes vor:

a. Die Vorschriften über die Vertretung der Richter und Richterinnen sowie Staatsanwälte und Staatsanwältinnen werden in den Art. 17 bis 50 komplett überarbeitet. Sie werden künftig in einem Teil zusammengefasst. Dieser Teil wird in Kapitel, Abschnitte und Unterabschnitte klarer untergliedert, wobei Zusammengehörendes zusammengeführt wird.

b. Es wird eindeutig zwischen örtlichen Vertretungen und Stufenvertretungen unterschieden und Verweisungen werden deutlicher gefasst. Die unklare Verweisung in Art. 17 Abs. 2 a.F. hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Richter- und Staatsanwaltsräte wird aufgelöst und diese Rechte und Pflichten werden ausdrücklich geregelt. Hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte (Art. 28) und der Mitwirkungsrechte (Art. 29) erfolgt eine enumerative Aufzählung.

c. Bei der Beteiligung an allgemeinen und sozialen Angelegenheiten werden Beteiligungstatbestände, die bislang im Wege der Auslegung ermittelt werden mussten, nunmehr ausdrücklich im Gesetz benannt. Dies betrifft insbesondere:

  • die allgemeinen Fragen der Fortbildung (Art. 29 Nr. 3),
  • die Bestellung und Abberufung von Beauftragten nach § 98 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch, von Gleichstellungsbeauftragten und Ansprechpartnern (Art. 29 Nr. 4) sowie
  • die Maßnahmen zur Förderung der Familienfreundlichkeit der Arbeitsbedingungen (Art. 29 Nr. 5).

d. Orientiert an einer Abwägung zwischen der Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwands und dem legitimen Interesse an Beteiligung erfolgt eine moderate Ausweitung der Beteiligungsrechte der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen hinsichtlich:

  • der Erteilung eines Verweises im Disziplinarverfahren (Art. 29 Nr. 11),
  • Entscheidungen über das Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand (Art. 45 Abs. 1 Nr. 7 sowie Art. 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6),
  • der Versagung der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand (Art. 29 Nr. 12),
  • der Versagung oder des Widerrufs einer Nebentätigkeitsgenehmigung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3) sowie
  • Anordnungen, die die Freiheit in der Wahl des Wohnorts einschränken (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4).

e. Weitere Anliegen der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen werden umgesetzt. Der Hauptrichterrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie der Hauptstaatsanwaltsrat werden künftig beim Staatsministerium der Justiz errichtet (Art. 20 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 35 Abs. 3 Satz 1), es wird eine Rechtsgrundlage für die Zusammenarbeit der Hauptrichterräte, des Hauptstaatsanwaltsrats, des Präsidialrats und des Landesstaatsanwaltsrats geschaffen (Art. 17 Abs. 3), die Stellvertretung der Mitglieder des Präsidialrats wird überarbeitet (Art. 39 Abs. 6 Satz 1, Art. 43 Satz 2 sowie Art. 44 Abs. 4 Satz 5) und hinsichtlich der Wählbarkeit für die Richterräte werden Klarstellungen vorgenommen (Art. 23).

3. Einsatz moderner Informationstechnologien

Die EDV ist zwischenzeitlich ein unverzichtbares Mittel, um eine leistungsstarke und effiziente Justiz im Interesse der Bürger zu gewährleisten. Einsichts- und Zugriffsmöglichkeiten beim Einsatz moderner Informationstechnologien sind systemimmanent und dienen dem sachgerechten Betrieb und der ordnungsgemäßen Verwaltung des EDV-Netzes. Sie sind zu diesem Zweck unerlässlich, erfordern aber auch klare Regeln zum Schutz der richterlichen Unabhängigkeit. Dies ist zwischenzeitlich auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt. Der Bundesgerichtshof (vgl. Urt. v. 06.10.2011 – RiZ [R] 7/10, Rn. 31) bringt beim Einsatz moderner Informationstechnologien zum Ausdruck, dass zum Schutz vor einer unzulässigen inhaltlichen Kontrolle richterlicher Dokumente weitreichende Auflagen erforderlich sind und die Einhaltung der Auflagen durch den zuständigen Minister oder die zuständige Ministerin unter gleichberechtigter Mitwirkung von gewählten Vertretern der Richterschaft zu überwachen ist.

Um diesen Erfordernissen gerecht zu werden, besteht beispielsweise im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz ein IT-Kontrollgremium, welches seine Grundlage in einer Dienstvereinbarung findet.

Um sicherzustellen, dass das EDV-Netz nicht zur inhaltlichen Kontrolle richterlicher Dokumente oder auch nur zu deren Einsichtnahme genutzt und damit in den Kernbereich der Rechtsprechung eingegriffen wird, wird in Art. 51 nunmehr die gesetzliche Grundlage für die Einrichtung eines IT-Rats geschaffen. Der IT-Rat, in welchem das Fachwissen der verschiedenen Akteure gebündelt werden soll, dient konkret dem Schutz der richterlichen Unabhängigkeit. Neben dieser Kontrollfunktion kann ihm in der Dienstvereinbarung auch eine beratende Funktion zugewiesen werden. Er kann so frühzeitig in neuere Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologie eingebunden werden, damit die Aspekte der richterlichen Unabhängigkeit zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt angemessen Gehör und Berücksichtigung finden.

4. Fortbildung

Besonderheiten der Judikative im Richteramtsrecht werden durch die gesetzliche Hervorhebung der Fortbildungspflicht (Art. 6) noch einmal betont. Die Norm ändert nichts daran, dass die Richter und Richterinnen sowie Staatsanwälte und Staatsanwältinnen selbst entscheiden, wie sie der Fortbildungspflicht nachkommen. Hervorgehoben wird zudem die Pflicht der Dienstvorgesetzten, die dienstliche Fortbildung zu fördern. Damit wird ein Gedanke aus der in der ordentlichen Gerichtsbarkeit durchgeführten Selbstverständnisdebatte aufgegriffen. Die hervorragende Qualität der Fortbildung wird noch einmal unterstrichen.

5. Amtstracht und Neutralität

Wie alle Staatsbürger genießen auch die Richter und Richterinnen den Schutz der Religionsfreiheit. Sie können ihre Religion ausüben und dies auch zum Ausdruck bringen. Andererseits ist das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in die Unabhängigkeit, Neutralität und strikte Bindung der Richter und Richterinnen an Recht und Gesetz für einen funktionierenden Rechtsstaat wesentlich. Dem Schutz dieses Vertrauens dient auch die Amtstracht, mit deren Tragen die Neutralität schon rein äußerlich zum Ausdruck kommt.

Wie die Diskussion um das „Kopftuch auf der Richterbank“ zeigt, kann es zu einem Spannungsverhältnis zwischen Religionsfreiheit einerseits und Neutralitätsgebot andererseits kommen. Dieses normative Spannungsverhältnis wird in Art. 11 im Wege der Abwägung und mit dem Ziel der Herstellung der „praktischen Konkordanz“ gelöst und ein angemessener Ausgleich herbeigeführt. Die betroffenen Grundrechte bzw. verfassungsrechtlichen Grundsätze werden im Gesetzentwurf zusammen betrachtet, ihre Interpretation und ihr Wirkungsbereich werden aufeinander abgestimmt.

Die Regelung gilt für Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, Landesanwälte und Landesanwältinnen sowie für ehrenamtliche Richter und Richterinnen entsprechend. Über das Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz wird die entsprechende Geltung der Regelung zudem auch für Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen sowie für Rechtsreferendare und Rechtsreferendarinnen bei Wahrnehmung von übertragenen richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Aufgaben angeordnet.

[Redaktioneller Einschub: Wortlaut Art. 11 BayRiStAG:

Art. 11 Amtstracht, Neutralität

(1) Richter und Richterinnen, Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sowie Landesanwälte und Landesanwältinnen tragen Amtstracht nach näherer Bestimmung der obersten Dienstbehörde.

(2) 1Richter und Richterinnen dürfen in Verhandlungen sowie bei allen Amtshandlungen mit Außenkontakt keine sichtbaren religiös oder weltanschaulich geprägten Symbole oder Kleidungsstücke tragen, die Zweifel an ihrer Unabhängigkeit, Neutralität oder ausschließlichen Bindung an Recht und Gesetz hervorrufen können. 2Satz 1 gilt für Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sowie Landesanwälte und Landesanwältinnen entsprechend. 3Weitergehende Vorschriften bleiben unberührt.]

6. Staatsanwälte und Staatsanwältinnen

Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sind bedeutende Organe der Rechtspflege. Sie sind zwar nicht in dem Maß unabhängig, wie dies bei Richtern und Richterinnen der Fall ist; zudem unterliegen sie dem Weisungsrecht. Gemeinsam mit den Richtern und Richterinnen tragen die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen aber den Rechtsstaat und leisten mit der vom Legalitätsprinzip getragenen Ermittlungs- und Anklagetätigkeit einen wesentlichen Beitrag zur inneren Sicherheit. Die Eingliederung der Staatsanwaltschaft in die Rechtspflege hat zu einer Verbindung der „Laufbahnen“, insbesondere zu einem für beide Gruppen vorteilhaften Wechsel geführt. Als wesentliche Verantwortungsträger der Justiz sollen sie daher noch stärker in einem Gesetz mit den Richtern und Richterinnen zusammengeführt werden, ohne dabei den Umstand aus den Augen zu verlieren, dass trotz der engen funktionellen Verbindung die Staatsanwaltschaften nicht Träger der rechtsprechenden Gewalt sind. Gerade die Trennung zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht ist eine wesentliche Errungenschaft des Rechtsstaats. Dies soll weiter unangetastet bleiben. Abweichungen vom allgemeinen Beamtenrecht werden daher nur dort vorgenommen, wo dies auf Grund des bewährten Prinzips des Laufbahnwechsels erforderlich ist.

Umgesetzt wird dies insbesondere durch die Nennung der Staatsanwälte im Titel des Gesetzes sowie die Einbeziehung bei der dienstlichen Beurteilung (Art. 5), der Fortbildungspflicht (Art. 6), der Amtstracht und Neutralität (Art. 11) sowie der stärkeren Betonung im Zusammenhang mit den Richter- und Staatsanwaltsvertretungen.

7. Dialog mit der Lehre

Der Dialog mit der Lehre wird weiter betont, die Bindung des Einsatzes von Professoren und Professorinnen als nebenamtliche Richter und Richterinnen an bestimmte Gerichte entfällt künftig (Art. 14).

8. Dienstgerichte für Richter und Richterinnen

Streitigkeiten aus dem Richterdienstverhältnis sind von den Dienstgerichten für Richter und Richterinnen (Dienstgerichte) zu entscheiden. Nachdem die Richterdienstgerichtsbarkeit dem Schutz der richterlichen Unabhängigkeit dient, sind die Dienstgerichte für Verfahren zuständig, die einen engen Bezug zur richterlichen Unabhängigkeit aufweisen. Sie sind zuständig für Disziplinarverfahren, Versetzungsverfahren sowie Prüfungsverfahren bei Richtern und Richterinnen. In Bayern sind derzeit drei erstinstanzliche Dienstgerichte für Richter (am LG München I, am LG Nürnberg-Fürth und am LG Würzburg) sowie ein Dienstgerichtshof (am OLG München) errichtet. Die Dienstgerichte entscheiden auch in Disziplinarverfahren gegen Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, gegen Landesanwälte und Landesanwältinnen und gegen Mitglieder des Bayerischen Obersten Rechnungshofes.

Das Präsidium des Gerichts, bei dem das Dienstgericht errichtet ist, bestimmt die richterlichen Mitglieder des Dienstgerichts. Es kann dabei an Vorschlagslisten, die von den Präsidien anderer Gerichte aufgestellt werden, gebunden werden (§ 77 Abs. 3 DRiG). Eine solche Bindungswirkung ist für die ständigen und nichtständigen Mitglieder außerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit angeordnet und soll – teilweise in geänderter Form – beibehalten werden. Zudem ist bislang für den Dienstgerichtshof bestimmt, dass das vorsitzende Mitglied und dessen Stellvertretung aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit Richter oder Richterinnen am OLG München sein müssen.

Für den Dienstgerichtshof wird nunmehr nur noch bestimmt, dass das vorsitzende Mitglied und dessen Stellvertreter – sofern sie aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit stammen – Richter oder Richterinnen am Oberlandesgericht sein müssen. Eine Beschränkung auf Richter und Richterinnen am OLG München ist nicht mehr vorgesehen. So können auch Richter und Richterinnen an den OLG Nürnberg und Bamberg zu dem vorsitzenden Mitglied bzw. zu dessen Stellvertreter bestellt werden. Neu eingeführt wird, dass sowohl am Bayerischen Dienstgericht als auch am Bayerischen Dienstgerichtshof auch Richter und Richterinnen der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum vorsitzenden Mitglied bzw. zu dessen Stellvertreter bestellt werden können. Beim Bayerischen Dienstgerichtshof müssen diese Richter und Richterinnen am BayVGH sein. Durch diese Änderung wird eine stärkere Berücksichtigung und Eingliederung der bayerischen Verwaltungsgerichtsbarkeit bei der Richterdienstgerichtsbarkeit erreicht. Bei den dienstgerichtlichen Verfahren geht es in der Sache um verwaltungsgerichtliche Verfahren. So wird das Verfahren vor den Dienstgerichten überwiegend nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung geführt und auch das Dienst- und Disziplinarrecht sind Teil des öffentlichen Rechts. Eine stärkere Berücksichtigung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist daher erstrebenswert.

Zudem wird künftig nur noch ein erstinstanzliches Dienstgericht für Richter und Richterinnen am LG Nürnberg-Fürth errichtet werden. Für das LG Nürnberg-Fürth sprechen die zentrale Lage in Bayern und dass dort bereits ein Dienstgericht erster Instanz eingerichtet ist. Der Dienstgerichtshof wird weiter am OLG München errichtet bleiben. Das Dienstgericht erhält die Bezeichnung Bayerisches Dienstgericht und der Dienstgerichtshof die Bezeichnung Bayerischer Dienstgerichtshof.

Für die Reduzierung der Zahl der erstinstanzlichen Dienstgerichte sprechen die vergleichsweise geringen Fallzahlen. Im Jahr 2015 gab es bayernweit 75 erstinstanzliche Verfahren vor den Dienstgerichten (am LG München I für den Bezirk des OLG München: 48, am LG Nürnberg-Fürth für den Bezirk des OLG Nürnberg: 27 und am LG Würzburg für den Bezirk des OLG Bamberg: 0). Im Jahr 2016 hat sich die Zahl in etwa in der gleichen Größenordnung bewegt. Angesichts dieser Größenordnung ist es nicht erforderlich, Dienstgerichte in allen Oberlandesgerichtsbezirken vorzuhalten, zumal bei den erfassten Verfahren einige dabei sind, die von Personen initiiert werden, die nicht antragsberechtigt sind und bei denen es nicht zu einer inhaltlichen Prüfung kommt.

Es erfolgt auch in erster Instanz eine Aufgabenkonzentration an einem Gericht. Die Konzentration am LG Nürnberg-Fürth sichert eine hohe Fachkompetenz. Andererseits können Richter und Richterinnen aus ganz Bayern zu Mitgliedern an dem Bayerischen Dienstgericht ernannt werden, so dass eine Einbindung der gesamten Richterschaft erreicht werden kann. Auch die nichtständigen Mitglieder aus dem Bereich der Staatsanwaltschaften können künftig aus ganz Bayern berufen werden.

Zudem erfolgt eine Änderung der Besetzungsvorschriften beim Dienstgericht erster Instanz im Sinne einer „Überkreuzzuständigkeit“ sowie beim Dienstgerichtshof im Sinne einer Repräsentanz der Richter und Richterinnen aus ganz Bayern. Bislang haben in erster Instanz die Richter und Richterinnen (mit Ausnahme der Richter und Richterinnen der Finanzgerichtsbarkeit, die nur einem bayerischen Finanzgericht angehören mussten) sowie Staatsanwälte und Staatsanwältinnen des jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirks über die Amtsinhaber desselben Bezirks entschieden. Beim Dienstgerichtshof haben bislang Mitglieder aus dem Oberlandesgerichtbezirk München (mit Ausnahme der Richter und Richterinnen der Finanzgerichtsbarkeit, die nur einem bayerischen Finanzgericht angehören mussten) über Richter und Richterinnen bzw. Staatsanwälte und Staatsanwältinnen aus ganz Bayern entschieden.

Künftig werden am Bayerischen Dienstgericht zwei Spruchkörper eingerichtet. Ein Spruchkörper ist mit Mitgliedern besetzt, die ihre Planstelle im Oberlandesgerichtsbezirk München haben (zur Zugehörigkeit einer Planstelle zu einer Behörde vgl. die Begründung zu Art. 23). Dieser Spruchkörper entscheidet über Verfahren, in denen der bzw. die Betroffene seine bzw. ihre Planstelle in den Oberlandesgerichtsbezirken Nürnberg und Bamberg hat. Der andere Spruchkörper ist mit Mitgliedern besetzt, die ihre Planstelle in den Oberlandesgerichtsbezirken Nürnberg und Bamberg haben. Dieser Spruchkörper entscheidet über Verfahren, in denen der bzw. die Betroffene seine bzw. ihre Planstelle in dem Oberlandesgerichtsbezirk München hat. Bei den Richtern und Richterinnen der Arbeitsgerichtsbarkeit wird statt auf die Planstellenzugehörigkeit im Oberlandesgerichtsbezirk München auf die Planstellenzugehörigkeit im Bezirk des Landesarbeitsgerichts München und statt auf die Planstellenzugehörigkeit in den Oberlandesgerichtsbezirken Nürnberg und Bamberg auf die Planstellenzugehörigkeit im Bezirk des Landesarbeitsgerichts Nürnberg abgestellt.

Durch diese „Überkreuzzuständigkeit“ wird im Grundsatz verhindert, dass Richter und Richterinnen sowie Staatsanwälte und Staatsanwältinnen über Betroffene „ihres Bezirks“ entscheiden, und von vorneherein der Anschein einer Voreingenommenheit vermieden, ohne dass auf die Vorschriften zur Befangenheit und Selbstablehnung zurückgegriffen werden muss. Es wird faktisch die Lage hergestellt, als ob es zwei Dienstgerichte in Bayern in erster Instanz gäbe und eine Zuständigkeit „über Kreuz“ angeordnet wäre. Die abweichende Regelung bezüglich der Arbeitsgerichtsbarkeit ist dem Zuschnitt der Gerichtsbezirke in der Arbeitsgerichtsbarkeit geschuldet.

Beim Bayerischen Dienstgerichtshof wird zur Sicherung einer einheitlichen letztinstanzlichen Rechtsprechung in Disziplinarsachen sowie zur Stärkung der Spezialisierung der dort eingesetzten Richter und Richterinnen von der Einrichtung zweier Spruchkörper abgesehen. Um gleichwohl einer möglichen Besetzung des Spruchkörpers entgegenzuwirken, die den Anschein einer Voreingenommenheit erzeugen könnte, und gleichzeitig eine breite Repräsentanz der unterschiedlichen Bezirke der oberen Landesgerichte der verschiedenen Gerichtsbarkeiten zu gewährleisten, sollen künftig bei der Besetzung die Bezirke angemessen berücksichtigt werden.

Die Konzentration in der ersten Instanz an einem Gericht führt auch nicht zu unzumutbaren Fahrtwegen für die Beteiligten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass vor den Dienstgerichten häufig im schriftlichen Verfahren entschieden wird bzw. regelmäßig nicht viele Termine zur mündlichen Verhandlung stattfinden. Nicht mehr zwingend notwendige Strukturen werden damit aufgegeben bzw. auf das erforderliche Maß zurückgeführt. Weiter werden Normen, soweit erforderlich, klarer gefasst und die besondere Rechtsstellung der Richter und Richterinnen bei der Anwendbarkeit des Bayerischen Disziplinargesetzes wird betont.“

Weitere Informationen

  • Verfahrensverlauf, ggfls. Beiträge und amtliche bzw. kommunale Stellungnahmen auf einen Blick: hier.
  • Gesetzentwurf (Vorgangsmappe des Landtags): hier.
  • Gesetzgebungsübersicht für den Freistaat Bayern: hier.

Ass. iur. Klaus Kohnen; Titelfoto/-bild: (c) – Fotolia.com