Gesetzgebung

Staatskanzlei: Zum Bundesrat am 15.12.2017

Bundesratsminister Dr. Marcel Huber: Brüssel darf Pkw-Maut nicht durch neue Vorschläge wieder in Frage stellen / Entscheidungshoheit der Mitgliedstaaten bei längerfristigen Binnengrenzkontrollen wahren / Barrierefreiheit und Elektromobilität fördern / Verbraucherschutz stärken und unseriöse Verkaufsveranstaltungen besser bekämpfen

Zur „EU-Wegekostenrichtlinie“ (TOP 15a)

Bundesratsminister Dr. Marcel Huber kündigte für die morgige Sitzung des Bundesrates einen bayerischen Antrag gegen die Brüsseler Pläne zur Änderung der Maut-Vorschriften an:

„Mit der Pkw-Maut haben wir gerade für mehr Gerechtigkeit auf unseren Straßen gesorgt und ein EU-konformes System geschaffen. Das darf nicht durch neue Vorschläge aus Brüssel wieder in Frage gestellt werden. Wenn zukünftig zeitabhängige Vignetten abgeschafft werden und es nur noch streckenabhängige Benutzungsgebühren geben soll, können deutsche Autofahrer bei der Mautzahlung nicht mehr voll steuerlich entlastet werden. Hinzu kommt, dass eine entfernungsabhängige Maut die Bevölkerung in ländlichen Räumen besonders treffen würde, denn sie ist auf das Auto angewiesen. Das kann für viele teuer werden. Die Bundesregierung muss gegen diese Pläne in Brüssel intervenieren. Der nationale Gesetzgeber muss es weiterhin in der Hand haben, welches Mautsystem er einführt.“

Die Staatsregierung wendet sich ebenfalls gegen die verpflichtende Ausweitung der Lkw-Maut auf kleine Laster, Lieferwagen und Busse.

„Mobilität ist ein entscheidender Wirtschaftsfaktor für den lokal und regional verankerten Mittelstand. Wie bei der Pkw-Maut werden wir uns auch hier für gerechte und sinnvolle Lösungen im Rahmen eines gesamtheitlichen Mautkonzeptes einsetzen. Dazu darf uns Brüssel nicht vorab Handschellen anlegen“, so der Minister.

Die EU-Kommission will den Anwendungsbereich der „EU-Maut-Richtlinie“ deutlich ausweiten und statt bisher nur die Lkw-Maut auch die Pkw-Maut regeln. Zeitabhängige Straßenbenutzungsgebühren wie die Pkw-Maut in Deutschland sollen ab 2028 durch entfernungsabhängige Mautsysteme ersetzt werden und eine Lkw-Maut künftig zwingend auch für leichte Lkw (ab 3,5 t) und für Busse gelten.

[Red. Hinweise: (a) vollständige Bezeichnung: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge; (b) Erläuterungen zum TOP; (c) Vorgang im DIP]

Zur EU-Verordnung zu den Vorschriften über die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an Binnengrenzen (TOP 17)

Bundesratsminister Huber: „Bis ein wirksamer Schutz der EU-Außengrenzen steht, müssen die Kontrollen an den Binnengrenzen beibehalten werden. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass auf europäischer Ebene die Notwendigkeit zur Fortführung der Binnengrenzkontrollen erkannt wurde und die Regelungen des Schengener Grenzkodex jetzt flexibler ausgestaltet werden sollen. Dies ist gerade angesichts der zunehmenden Gefahren durch den internationalen Terrorismus dringend notwendig. Grob falsch wäre es allerdings, die Entscheidung darüber nach Europa zu verlagern. Denn es geht um Maßnahmen zum Erhalt der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegen. Über die Verlängerung von Binnengrenzkontrollen zum Schutz der inneren Sicherheit müssen wir deshalb weiterhin selbst entscheiden können.“

Zukünftig sollen die Mitgliedstaaten die Binnengrenzkontrollen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für die Dauer noch länger durchführen können. Bei den weiteren Beratungen soll allerdings klargestellt werden, dass zukünftig nicht Kommission und Rat über die Verlängerung entscheiden, sondern wie bisher die Mitgliedstaaten. Über eine entsprechende Ausschussempfehlung, die auf einen Antrag von Hamburg und Bayern zurückgeht, wird morgen im Plenum abgestimmt.

[Red. Hinweise: (a) vollständige Bezeichung: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/399 in Bezug auf die Vorschriften über die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen; (b) Erläuterungen zum TOP; (c) Vorgang im DIP]

Zur bayerischen Bundesratsinitiative zur Förderung der Barrierefreiheit und der Elektromobilität (TOP 3)

Bayern, Hessen und Sachsen wollen Barrierefreiheit und Elektromobilität fördern und haben dazu einen Gesetzentwurf zum Abbau rechtlicher Hürden bei baulichen Veränderungen in den Bundesrat eingebracht. Die Initiative wurde bereits im September 2016 vom Bundesrat beschlossen, ist allerdings wegen des Ablaufs der Legislaturperiode des Bundestages der Diskontinuität unterfallen. Über die erneute Einbringung der Vorlage soll am Freitag im Wege der sofortigen Sachentscheidung entschieden werden.

Bundesratsminister Huber: „Angesichts der zunehmenden Alterung der Bevölkerung ist mit einem zusätzlichen Bedarf von rd. € 3,6 altersgerechten Wohnungen zu rechnen. Der für die alters- oder behindertengerechte Nutzung erforderliche Einbau einer Rollstuhlrampe oder eines Treppenlifts muss zukünftig unter erleichterten Bedingungen möglich sein.“

Zudem wollen die antragstellenden Länder den Ausbau der Ladeinfrastruktur im privaten Raum vorantreiben und bauliche Anpassungen erleichtern.

Huber: „Für den Erfolg der Elektromobilität ist ein flächendeckender Ausbau der Ladeinfrastruktur entscheidend, gerade auch im privaten Bereich. Denn die bequeme Möglichkeit, sein Auto direkt am eigenen Stellplatz über Nacht wieder aufzuladen, schafft ein weiteres überzeugendes Argument für den Erwerb eines Elektrofahrzeugs.“

[Red. Hinweise: (a) vollständige Bezeichnung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität; (b) Erläuterungen zum TOP; (c) Vorgang im DIP]

Zur bayerischen Initiative zur Stärkung der Verbraucherrechte bei Verkaufsveranstaltungen im Reisegewerbe (TOP 2)

Der Bundesrat hatte im September 2015 eine Initiative Bayerns zum besseren Schutz insbesondere älterer Verbraucher bei sog. Kaffeefahrten beschlossen. Da auch dieser Gesetzesantrag der Diskontinuität unterfallen ist, hat die Staatsregierung ihn wieder auf die Tagesordnung setzen lassen und strebt im Wege der sofortigen Sachentscheidung die erneute Einbringung an.

Huber: „Unseriöse Angebote richten sich meist gezielt an ältere Menschen, die sich gegen aggressive und irreführende Verkaufsmethoden oft nur schwer wehren können. Sie werden dabei zum Kauf überteuerter, nutzloser und teilweise sogar gesundheitsgefährdender Produkte verleitet. Wir wollen gegen diese Praktiken schärfer vorgehen und Lücken bei den Verkaufsverboten vor allem im Bereich von Finanzdienstleistungen und Nahrungsergänzungsmitteln schließen. Damit die Vertriebsverbote auch beachtet werden, müssen zur besseren Abschreckung auch die Bußgelder deutlich erhöht werden.“

Schätzungen zufolge nehmen jährlich bis zu 5 Mio. Deutsche an Verkaufsveranstaltungen teil, der Umsatz der Branche liegt in einer Größenordnung von einer halben Milliarde Euro im Jahr.

[Red. Hinweise: (a) vollständige Bezeichnung: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei Verkaufsveranstaltungen im Reisegewerbe; (b) Erläuterungen zum TOP; (c) Vorgang im DIP]

Pressemitteilung der Bayerischen Staatskanzlei Nr. 343 v. 14.12.2017