Gesetzgebung

Landtag: Entwurf für ein Bayerisches Gesetz zur Förderung der Erwachsenenbildung (Bayerisches Erwachsenenbildungsförderungsgesetz – BayEbFöG) eingebracht

Die im Landtag vertretenen Fraktionen haben gemeinsam o.g. Gesetzentwurf eingebracht (LT-Drs. 17/22597 v. 06.06.2018). Das neue BayEbFöG soll das aus dem Jahre 1974 stammende „Gesetz zur Förderung der Erwachsenenbildung (EbFöG)“ ablösen. Das neue BayEbFöG entspreche hinsichtlich Wortwahl, Aufbau und Systematik den Vorgaben eines modernen Fördergesetzes, in dessen Mittelpunkt die Fördervoraussetzungen und das Förderverfahren hinsichtlich der beiden Zuwendungsarten, nämlich der institutionellen Förderung und der Projektförderung (Art. 6 und 7 des Gesetzentwurfs), stehen, so die Begründung zum Gesetzentwurf.

Begründung des Gesetzentwurfs – Allgemeines

I. Die Bedeutung der Erwachsenenbildung und Notwendigkeit ihrer Reform

1. Ungeachtet möglicher privater Trägerschaft in Form von Privatschulen und privaten Hochschulen ist das Schul- und Hochschulsystem aus guten Gründen staatlich (und in einigen Bereichen auch kommunal) verantwortet.

Gänzlich anders ist die Erwachsenenbildung aufgestellt: Die verschiedenen Landesorganisationen und Träger auf Landesebene mit ihren Bildungseinrichtungen sind Abbild der pluralen Gesellschaft. Sie erhalten zwar eine institutionelle Förderung, staatlich getragene Bildungseinrichtungen gibt es in diesem Bereich des Bildungswesens – sieht man einmal von Einrichtungen wie der Akademie für Politische Bildung Tutzing ab – aber nicht.

Erwachsenenbildungseinrichtungen sind – mit anderen Worten – zwar staatlich gefördert, aber letztlich nicht staatlich verantwortet und getragen.

In der Erwachsenenbildung ist ein eigenes Bildungsorganisationsmodell grundgelegt, dessen Wesen durch eine noch stärkere Verankerung in der Gesellschaft bestimmt wird. Gerade Letzteres ermöglicht es der Erwachsenenbildung, sich modernen Trends und Herausforderungen, wie etwa der Globalisierung, der Digitalisierung, dem demografischen Wandel, der Integration, aber auch gegenläufigen Tendenzen der Pluralisierung und Individualisierung zeitnah zu stellen, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und sie in ihrem Bildungsangebot zu reflektieren.

Die Erwachsenenbildung bietet einen inhaltlich und organisatorisch niederschwelligen und einen – flächendeckend im gesamten Freistaat – ortsnahen Zugang zu ihren Einrichtungen an. Sie ist imstande, ein attraktives Bildungsangebot für alle Schichten der Bevölkerung zu sozialverträglichen Preisen in verlässlicher Qualität vor Ort vorzuhalten. Deren Einrichtungen stellen sich den aktuellen zentralen bildungspolitischen Herausforderungen. Angesichts der Notwendigkeit lebensbegleitenden Lernens ist es erforderlich, alle Schichten der Bevölkerung mit Entwicklungen moderner Forschung und deren praktischer Umsetzung im Alltag vertraut zu machen. Als eines der zentralen Ziele bayerischer Bildungspolitik muss es darum gehen, in möglichst allen Bevölkerungsschichten die lebenslange Bereitschaft, Neues zu lernen und auszuprobieren, weiter zu fördern; dies gilt insbesondere mit Blick auf basale Bildung, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Auch hier vermag die mit öffentlichen Mitteln unterstützte Erwachsenenbildung einen wichtigen Beitrag zu leisten.

2. Nach dem Verfassungsrecht des Freistaates Bayern ist die Erwachsenenbildung unter den Aufgaben ausdrücklich genannt, die in den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden fallen (Art. 83 Abs. 1 der Verfassung – BV). Darüber hinaus bestimmt Art. 130 Abs. 1 BV, dass das gesamte Schul- und Bildungswesen unter der Aufsicht des Staates steht, und Art. 139 BV, dass die Erwachsenenbildung „durch Volkshochschulen und sonstige mit öffentlichen Mitteln unterstützte Einrichtungen zu fördern ist.“ „Damit ist es auch Sache des Staates – ohne dass hierdurch die Gemeinden von ihrer Aufgabe entbunden würden – zum erforderlichen Ausbau der Erwachsenenbildung beizutragen.“ (vgl. Drs. 7/5193).

3. Mit dem Gesetz zur Förderung der Erwachsenenbildung von 1974 hat Bayern Maßstäbe in ganz Deutschland gesetzt. Die Förderung der Erwachsenenbildung im Freistaat war Modell für entsprechende Gesetzesvorhaben in anderen Ländern. Zwischenzeitlich ist ein Reformbedarf hinsichtlich des nahezu unverändert gebliebenen Gesetzes entstanden, insbesondere verursacht durch die Prüfungen des Obersten Rechnungshofes in den Jahren 2013 und 2014. Auf der Grundlage dieser Prüfungen verloren drei Träger auf Landesebene die für die EbFöG-Förderung notwendige staatliche Anerkennung mit der Folge, dass derzeit neben den Volkshochschulen lediglich zwei weitere Landesorganisationen sowie das Bildungswerk des Bayerischen Bauernverbandes gefördert werden können. Im Hinblick auf die Pluralität der Erwachsenenbildungsträger besteht hier weiterer Verbesserungsbedarf.

II. Grundzüge des Gesetzentwurfs

1. Der Gesetzentwurf sorgt für einen klaren und übersichtlichen Aufbau im Sinne eines modernen Fördergesetzes. Ebenso wie das bislang geltende EbFöG handelt es sich um kein Organisationsgesetz. Diejenigen Teile des Förderverfahrens, die sich in jahrzehntelanger Praxis bewährt haben, werden fortgeführt. Dies sind insbesondere

a) die Sicherung der Unabhängigkeit und Freiheit der Erwachsenenbildungsträger durch eine institutionelle Förderung als Festbetragsfinanzierung,

b) mit dem Ziel der Erhaltung und dem Ausbau leistungsfähiger Einrichtungen unterschiedlicher Förderempfänger im gesamten Staatsgebiet,

c) die Bemessungsgrundlage für den jährlichen Staatszuschuss (Teilnehmerdoppelstunden),

d) keine direkte Förderung der Träger und Einrichtungen, sondern über die entsprechenden staatlich anerkannten Landesorganisationen und Träger auf Landesebene.

Wie für das bisherige EbFöG gilt auch für den vorliegenden Gesetzentwurf: „Der Bereich der Erwachsenenbildung soll durch den Staat nur gefördert, nicht aber organisiert (…) werden (…). Daher beurteilen die Landesorganisationen und damit die in ihnen zusammengeschlossenen Träger der Erwachsenenbildung (ebenso aber auch die Träger auf Landesebene) in erster Linie selbst, wie die staatlichen Mittel nach den gesetzlichen Vorschriften zu verteilen sind …“ (Drs. 7/5193 S. 7).

2. Der Gesetzentwurf sieht insbesondere folgende Neuerungen vor:

a) Kernziele des Gesetzentwurfs

Die Erwachsenenbildung steht als eigenständiger Teil des Bildungswesens in Bayern neben frühkindlicher Bildung, Schule, Hochschule sowie beruflicher Aus- und Fortbildung. Im Gegensatz zum Schul- und Hochschulbereich wird die Erwachsenenbildung nicht staatlich organisiert, wohl aber kraft Verfassungsauftrags des Art. 139 staatlich gefördert. Nach Art. 83 BV sind für die Erwachsenenbildung in erster Linie die Kommunen zuständig. Ziel der darauf aufbauenden staatlichen Förderung ist insbesondere die Erhaltung und der Ausbau leistungsfähiger Einrichtungen mit einem breiten Bildungsangebot unterschiedlicher Träger der Erwachsenenbildung im gesamten Staatsgebiet (Art. 1 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzentwurfs). Hinzu treten als weitere Ziele die Sicherung und Entwicklung eines bedarfsgerechten und flächendeckenden Angebots der Erwachsenenbildung mit organisatorisch und inhaltlich möglichst niederschwelligem Zugang (Art. 1 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzentwurfs), die Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse durch ortsnahe Angebote (Art. 1 Abs. 3 Nr. 3 des Gesetzentwurfs; vgl. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BV) sowie die Unterstützung des haupt- und ehrenamtlichen Bildungseinsatzes im gesamten Staatsgebiet (Art. 1 Abs. 3 Nr. 4 des Gesetzentwurfs; vgl. Art. 121 Sätze 2 und 3 BV).

b) Präzisierung des Einrichtungs- und Trägerbegriffs

Die Voraussetzungen für Träger und Einrichtungen der Erwachsenenbildung (Art. 3 und Art. 4 des Gesetzentwurfs) sind für die institutionelle Förderung (Art. 6 des Gesetzentwurfs) von zentraler Bedeutung. Im umgekehrten Verhältnis dazu waren die Begriffsbestimmungen hierfür im bisherigen EbFöG (Art. 3) zu knapp. Art. 3 und 4 des Gesetzentwurfs schaffen insoweit genauere Vorgaben und auf diese Weise eine größere Planungssicherheit für die staatlich anerkannten Förderempfänger. Gesetzgeberisches Ziel ist es, durch klarere Vorgaben weiteren Erwachsenenbildungsträgern die Bedingungen für ihre staatliche Anerkennung aufzuzeigen, ihnen dadurch eine verlässliche Perspektive zu eröffnen und im Ergebnis die Pluralität und Vielfalt von Erwachsenenbildungsträgern zu gewährleisten. Der dem bisherigen EbFöG zugrundeliegende und nicht mehr zeitgemäße kleinteilige Einrichtungsbegriff („vorwiegend unmittelbarer Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden“, Art. 3 Abs. 2 Satz 1 des bisherigen EbFöG) wird nicht mehr fortgeführt.

c) Anerkennung des Ehrenamts in der Erwachsenenbildung

Ausdrücklich anerkannt wird künftig, dass sich die Einrichtungen bei der Durchführung von Veranstaltungen der Hilfe ehrenamtlich Tätiger vor Ort bedienen können (Art. 4 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzentwurfs). Dadurch ist es möglich, dass Veranstaltungen gefördert werden, die ehrenamtlich vor Ort durchgeführt werden, sofern die entsprechende Einrichtung die zentralen Bildungsprozesse der Konzipierung, Organisation und Evaluation verantwortet.

d) BayEbFöG als Fördergesetz

Die Regelung des Art. 5 des Gesetzentwurfs unterstreicht den Charakter als eigenständiges Fördergesetz. Art. 6 Abs. 5 des Gesetzentwurfs sieht eine Sondervorschrift für die Zulässigkeit der Bildung von Rücklagen vor.

e) Projektförderung als zweite Säule der staatlichen Förderung der Erwachsenenbildung

Neben die bisherige institutionelle Förderung in Gestalt einer Festbetragsfinanzierung (Art. 6 des Gesetzentwurfs) tritt als zweite Säule für bestimmte Bereiche von hoher gesellschaftlicher Relevanz die Möglichkeit der Projektförderung (Art. 7 des Gesetzentwurfs). In diesem Zusammenhang sollen die für eine Projektförderung in Frage kommenden Bereiche durch den Landtag festgelegt werden.

f) Berichte zur Erwachsenenbildung

Das hohe Maß an Eigenständigkeit, das mit der institutionellen Förderung verbunden ist, schafft im Gegenzug Verantwortung. Neu eingeführt werden daher Berichtspflichten sowohl der Förderempfänger gegenüber dem Staatsministerium als auch des Staatsministeriums gegenüber dem Landtag (Art. 12 des Gesetzentwurfs).

g) Delegation von Zuständigkeiten

Insbesondere im neuen Bereich der Projektförderung (Art. 7 des Gesetzentwurfs) erhält das Staatsministerium neue Aufgabenfelder. Hinzu kommen die Überprüfung der Organisationsstrukturen der Förderempfänger im Hinblick auf die Anforderungen der Art. 3 und 4 des Gesetzentwurfs sowie der durch die Gesetzesnovellierung steigende Koordinationsbedarf mit dem Landtag. Als Ausgleich wird die Möglichkeit geschaffen, die dem Staatsministerium übertragenen Zuständigkeiten durch Rechtsverordnung auf eine andere Behörde zu übertragen (Art. 14 des Gesetzentwurfs).

Weitere Informationen

  • Gesetzentwurf (Vorgangsmappe des Landtags): hier.
  • Verbundene Meldungen: hier.
  • Gesetzgebungsübersicht für den Freistaat Bayern: hier.

(koh)