Aktuelles

StMJ: Bayern richtet bei den Generalstaatsanwaltschaften Antisemitismusbeauftragte ein

Bayern richtet bei den Generalstaatsanwaltschaften Antisemitismusbeauftragte ein. Bayerns Justizminister Prof. Dr. Winfried Bausback informiert heute in München gemeinsam mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Dr. Josef Schuster, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Dr. Charlotte Knobloch, dem Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung, Dr. Ludwig Spaenle und dem Münchner Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle über die neue Position und stellt den Antisemitismusbeauftragten der Generalstaatsanwaltschaft München, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, vor.

Bausback in seinem Statement:

„Wir beobachten mit großer Sorge den Anstieg antisemitischer Straftaten in Bayern und bundesweit. Für die bayerische Justiz gilt seit jeher: Unsere Staatsanwaltschaften schauen bei antisemitischen Straftaten nicht weg sondern ganz genau hin. Sie sorgen dafür, dass die Täter hart bestraft werden können. Mit den Antisemitismusbeauftragten bei den Generalstaatsanwaltschaften setzen wir die bayerische Linie der Null-Toleranz gegenüber antisemitischen Straftaten konsequent fort. Die Beauftragten sind ganz wichtige Multiplikatoren für eine noch effektivere strafrechtliche Bekämpfung des Antisemitismus! Zugleich senden wir ein ganz deutliches Signal an unsere jüdischen Bürgerinnen und Bürger und die gesamte Öffentlichkeit: Die bayerische Justiz erkennt die Herausforderungen der Zeit und ergreift die notwendigen strukturellen Maßnahmen, um Antisemitismus in unserer Gesellschaft den Garaus zu machen.“

Die Antisemitismusbeauftragten sind künftig innerhalb der Justiz die zentralen Kontaktstellen für Zweifelsfragen im Zusammenhang mit antisemitischen Straftaten und wirken auf eine einheitliche Rechtsanwendung hin. Werden Ermittlungen bei verschiedenen Staatsanwaltschaften geführt, sollen die Antisemitismusbeauftragten diese koordinieren. Zudem vermitteln sie wichtiges Erfahrungswissen und die notwendige Sensibilität an die Staatsanwaltschaften in der Fläche. Nach außen fungieren die Antisemitismusbeauftragten als zentrale Ansprechpartner für jüdische Einrichtungen und für Behörden im In- und Ausland. Hierzu gehört auch die enge Kooperation mit dem Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für Jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, Dr. Ludwig Spaenle.

Erster Antisemitismusbeauftragter der Münchner Generalstaatsanwaltschaft ist Oberstaatsanwalt Andreas Franck.

Bausback: „Durch sein langjähriges Engagement bei der Deutsch-Israelischen Juristenvereinigung verkörpert Herr Franck die Idee des Antisemitismusbeauftragten in ganz besonderer Weise. Er ist in den Jüdischen Gemeinden und in der bayerischen Justiz gleichermaßen bestens vernetzt. Ich bin daher sicher, dass er seine Aufgabe als Multiplikator ganz hervorragend ausfüllen wird.“

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, in seinem Statement:

„In der Vergangenheit sind uns leider immer wieder Entscheidungen der Justiz begegnet, bei denen antisemitische Motive ignoriert oder zu wenig gewichtet wurden. Der Zentralrat der Juden begrüßt daher ganz außerordentlich den Schritt der bayerischen Landesregierung, die Staatsanwaltschaften durch eigene Beauftragte stärker für Antisemitismus zu sensibilisieren. Dies wird auch positiv in die Gesellschaft hineinwirken.“

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Dr. Charlotte Knobloch hebt hervor:

„Der Kampf gegen Antisemitismus in unserem Land kann nur als Gemeinschaftswerk der gesamten Gesellschaft gewonnen werden. Dazu müssen Zivilgesellschaft und Politik, Polizei und Justiz gemeinschaftlich und zielgerichtet agieren, um Judenhass überall kraftvoll und wirksam entgegenzutreten. Der Justiz kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, denn erst eine wirksame juristische Aufarbeitung antisemitischer Verbrechen komplettiert die Arbeit der Sicherheitskräfte. Ich begrüße vor diesem Hintergrund die Einrichtung der Antisemitismusbeauftragten bei den Generalstaatsanwaltschaften, die zeigen, dass das Staatsministerium der Justiz das Problem ernst nimmt. In einer Zeit, da der Judenhass leider auch in unserem Land wieder auf dem Vormarsch ist, wird ihr Einsatz wichtiger und nötiger sein denn je.“

Der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, Dr. Ludwig Spaenle in seinem Statement:

„Die Einsetzung von Antisemitismusbeauftragten bei den Generalstaatsanwaltschaften in Bayern ist ein wichtiger und ein konsequenter Schritt von Justizminister Prof. Bausback. Dieses Vorgehen beweist einmal mehr: Bayern schaut bei der Zunahme antisemitisch motivierter Straftaten und Vorfälle in Deutschland und auch in Bayern nicht zu, sondern handelt. Gemeinsam mit dem Sozialministerium und dem Bayerischen Jugendring arbeiten wir derzeit auch daran, eine niederschwellige Meldestelle für antisemitische Vorfälle einzurichten, damit Vorfälle, auch wenn sie nicht als Straftaten eingestuft werden, aber die Jüdinnen und Juden belasten, erfasst werden und die Betroffenen beraten werden können.“

Der Münchner Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle hebt abschließend hervor:

„Mit der Ernennung der Antisemitismusbeauftragten setzt die bayerische Justiz ein deutliches Zeichen gegen jedwede antijüdische Delinquenz und zeigt gleichzeitig ihre Verbundenheit mit der jüdischen Bevölkerung in Bayern. Wenn jüdische Bürgerinnen und Bürger zunehmend um ihre Sicherheit besorgt sind, ist es nötig, das Selbstverständliche deutlich auszusprechen: Die bayerische Justiz steht an der Seite der jüdischen Bevölkerung und verfolgt ohne Nachsicht und mit der gebotenen Härte antisemitische Straftäter. Das war, das ist und das bleibt gelebte Realität der bayerischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.“

Hintergrund

Die polizeiliche Kriminalstatistik weist für das erste Halbjahr 2018 bundesweit 401 antisemitische Straftaten aus. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um über 10 %. Von diesen Straftaten sind 349 – also 87 Prozent – rechtsextremistisch motiviert. Nicht übersehen werden darf aber auch, dass auch Linksextremisten und Täter, die einer ausländischen oder religiösen, etwa islamistischen, Ideologie anhängen, antisemitische Straftaten begehen.

Auch in Bayern ist ein erheblicher Anstieg der Ermittlungsverfahren wegen antisemitischer Straftaten mit rechtsextremistischer Motivation festzustellen: Wurden 2014 in Bayern noch 62 Ermittlungsverfahren erfasst, waren es 2015 93 Verfahren, 2016 189 und 2017 290 Verfahren. Dabei handelt es sich schwerpunktmäßig um Taten im Bereich der Propagandadelikte bzw. der Volksverhetzung.

Pressemitteilung des StMJ Nr. 134 v. 26.09.2018