Rechtsprechung Bayern

Bewilligung von Wohngeld: Detaillierte und nachvollziehbare Angaben erforderlich

©tamayura39 - stock.adobe.com

Die Mutter einer Familie hatte beim Landratsamt die Gewährung von Wohngeld in Form eines Lastenzuschusses für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.12.2018 beantragt. Sie hatte allerdings keine einen solchen Anspruch begründenden Umstände, insbesondere das der Berechnung zugrunde zulegende Einkommen plausibel dargelegt, das Landratsamt hatte deshalb den Antrag abgelehnt. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hatte sie beim Verwaltungsgericht (VG) erfolglos Klage erhoben. Gegen dieses Urteil richtete sich der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH). Der Antrag blieb ohne Erfolg.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat der VGH grundsätzlich ausgeführt, dass, wer eine Sozialleistung wie Wohngeld beantragt, auch verpflichtet ist, bei der Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts mitzuwirken und alle Tatsachen zu benennen und alle Unterlagen vorzulegen, die für die Entscheidung über den Antrag erheblich sind. Die Höhe des wohngeldrechtlich anzusetzenden Einkommens sowie die Höhe evtl. vorhandenen Vermögens gehören dabei zu den Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Wohngeld. Die Wohngeldbehörden haben im Rahmen der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen die Plausibilität der gemachten Angaben zum Einkommen zu prüfen. Zu diesem Zweck sind insbesondere die Kosten der Lebenshaltung des Wohngeldantragstellers den Einnahmen gegenüberzustellen, die ihm nach seinen eigenen Angaben zur Verfügung stehen oder nachgewiesen sind. Wenn den Angaben eines Wohngeldantragstellers trotz der gebotenen Ermittlungsbemühungen nicht nachvollziehbar entnommen werden kann, mit welchen Mitteln er seinen Lebensunterhalt finanziert, so fehlt es an einer hinreichenden Grundlage für die im Antragszeitpunkt erforderliche Prognose der zu erwartenden Einkünfte.

Nichtaufklärbarkeit der für die Bewilligung erheblichen Umstände geht zulasten desjenigen, der die Sozialleistung begehrt

Nach den allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast ist dann der Wohngeldantrag abzulehnen, d. h., die Nichtaufklärbarkeit der für die Bewilligung erheblichen Umstände geht zulasten desjenigen, der die Sozialleistung begehrt. Gemessen an diesem Maßstab ist das VG hier zutreffend davon ausgegangen, dass die Angaben der Mutter der Familie es nicht ermöglichen, überhaupt eine Gegenüberstellung der Ausgaben der Rechtsmittelführerin für den Lebensbedarf ihres Haushalts und der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Einnahmen durchzuführen. So hatte sie einerseits angegeben, dass ihr einer Sohn sein Einkommen aus dem bis zum 03.07.2018 bestehenden Ausbildungsverhältnis i. H. v. 726,67 j monatlich und ab August Arbeitslosengeld i. H. v. 497,40 j monatlich fast vollständig selbst verbrauche, andererseits hatte sie jedoch geltend gemacht, dass das Einkommen des Sohnes aus diesem Ausbildungsverhältnis dem Haushalt zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung gestanden habe und zusammen mit dem für den Sohn gewährten Kindergeld von 194 j monatlich, den Mieteinnahmen i. H. v. 180 j monatlich und einem von der Schwester gewährten Darlehen i. H. v. 250 j monatlich das gesamte Haushaltseinkommen dargestellt habe. Dies ist, wie das VG zu Recht angenommen hat, zutiefst widersprüchlich, denn hätte im Wesentlichen tatsächlich nur das Einkommen des Sohnes als Haushaltseinkommen zur Verfügung gestanden, so hätte der Sohn dies nicht nahezu vollständig selbst aufbrauchen können. Dem ist die anwaltlich vertretene Mutter der Familie im Berufungszulassungsverfahren nicht substanziiert entgegengetreten.

Widersprüche und Zweifel überwogen

Vor allem fehlte jeder Nachweis dafür, dass das Einkommen des Sohnes tatsächlich in voller Höhe bzw. zumindest zum weitaus überwiegenden Teil dem Lebensunterhalt der Familie diente und die Mutter darüber hinaus in dem von ihr betriebenen „Gardinengeschäft“ kein weiteres Einkommen generierte. Insoweit hatte sie in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung für das Jahr 2017 zwar einen steuerlichen Verlust i. H. v. 9 373,39 j deklariert, jedoch bei erwirtschafteten Einnahmen von lediglich 6 689,07 j, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Waren im Umfang von 7 593,05 j bezogen. Die Belastbarkeit der genannten Zahlen begegnet daher, wovon das VG ebenfalls zu Recht ausgegangen ist, erheblichen Zweifeln. Kein Inhaber eines „schlecht laufenden Geschäfts“ wird mehr Geld für Rohmaterialien ausgeben, als er überhaupt Einnahmen erzielt. Die Widersprüche und Zweifel setzten sich darüber hinaus auch in den vorgelegten Kassenbüchern fort. Diese weisen nahezu ausschließlich Ausgaben, aber keine Kundeneinnahmen aus. Wie die Mutter ihre hohen Verluste finanziert und daneben auch noch ihren Lebensunterhalt bestreitet, die Verbindlichkeiten für das Eigenheim bedient und darüber hinaus auch noch den sich im Studium befindenden weiteren Sohn unterstützt, wollte sich dem VGH deshalb nicht erschließen, selbst wenn man von einer äußerst sparsamen Lebensführung ausgehen würde.
In Kenntnis der Annahmen des VG hätte es deshalb den Prozessbevollmächtigten der Mutter oblegen, spätestens im Berufungszulassungsverfahren eine detaillierte Aufstellung der tatsächlichen monatlichen Einnahmen und Ausgaben zu übermitteln und die dort genannten Beträge durch eidesstattliche Versicherungen Dritter glaubhaft zu machen, wie § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dies verlangt. Daran fehlte es aber. Die Ausführungen erschöpften sich vielmehr in einer Stellungnahme zu Einzelfragen und Rechnungsposten, ohne die tatsächliche Einnahmen- und Ausgabenseite plausibel darzulegen und durch entsprechende Erklärungen Dritter zu untermauern. Ebenso wenig war die Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 11.01.2021 – 12 ZB 20.3055

(FstBW 22/2021, Andreas Raab)